Krisen als „Gefahr und Gelegenheit“ reines Stressbalett?

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Krisen als „Gefahr und Gelegenheit“ reines Stressbalett?

Im Chinesischen gibt es zwei Bilder für den abendländischen Begriff Krise „Gefahr“ und „Gelegenheit.

Ist in unserem Sprachgebrauch die Vorstellung

“Krisen bergen auch Chancen“

ein reiner Euphemismus, der Möglichkeiten für Lösungen von Problemen, Krisen, Konflikten, Kriegen, Katastrophen vorgaukelt, die es so gar nicht gibt, sondern eher dazu verleitet, darin Fortzufahren, einen asymmetrischen Umgang mit Krisen, Konflikten, Kriegen zu pflegen, lokal und global ausweitend, zu „kultivieren“?

Nehmen wir die Weltfinanzkrise von 2008 nach der willentlich wie konstruierter Pleite der Investmentbank Lehman Brother in den USA.

Diese Weltfinanzkrise wurde bis heute nicht systemimmanent mit finanzpolitischen Fragestellungen und Lösungswegen konfrontiert bzw. lokal und geschweige denn global beigelegt, sondern asymmetrisch, völlig neben der systemrelevanten Spur, mit Fragen der Moral, der sozialenGerechtigkeit, scheinbarer Geldsicherheit durch staatliche Einlagensicherungsgarantien, siehe:

„Bundeskanzlerin Angela Merkels öffentliche Bekundung im Jahre 2008

“Das Geld der Sparer in Deutschlandist sicher“,

Geldmengenausweitungder Notenbanken im Wege einer damit einhergehend dramatischen Staatsverschuldung befrachtet, die im Vorwege der Organisation der Krise bereits unter der Parole “Verschlankung de Staate durch Privatisierung hoheitlicher Aufgaben“ anklingend erst durch Deregulierung der MärkteGelegenheit boten, Nahrung und „alternativlos“ muntere Urständ in allen G 20 Staaten zu etablieren, und nun ungerührt im Wege eines Paradigmenwechsels in die entgegen gesetzte Richtung „starker Staat“ fortgeführt wird?

Anderes plastisches Beispiel unseres medial asymmetrischen Umgangs mit Krisen aus dem Bildungsbereich:

Ein Schüler/in kann nicht 3 plus 2 zusammenrechnen.

Statt jetzt systemrelevant schulische Unterstützung bei der Bewältigung dieser Rechenaufgabe zu leisten, werden übergangslos medial iwe vor Ort in den Lehrerkonferenzen, ElternratssitzungenFragen der Bildungsferne wie der Bildungsnähe bis zum Überdruss allgemeiner Erschöpfung am Thema vorbei strapaziert, weil die Schüler/in partout nicht 3 plus zwei zusammenzählen, sondern, neben der reinen Zahlen Operation, darauf bestehen, kreativ beliebig, verrätselnd ganz andere Probleme nebenbei abarbeitend, imaginär andere Operationen zur Summe hinzuoder ab zu dichten, dass notwendig niemals als Summe 3 plus 2 = 5 herauskommen mag.

So entsteht zielgerichtet aus einer lösbaren Fragestellung einer Krisensituation an der Schule, im Elternhaus eine schier unlösbar Aufgabe, die alle Beteiligten, an vorhandenen Ressourcen vorbei, in jeder Hinsicht menschlich wie professionell unter wie überfordert.

Weiteres Beispiel dieses asymmetrischen Umgangs mit Krisen am Beispiel eines so genannten kaputten Dialogs:

Fragt eine Person eine andere Personanderen nach dem Wetter.

Erhält die Person zur Antwort:

„Jawohl!, die Kartoffeln sind gar“.

Rückfrage;

Was hat die Antwort denn mit dem Wetter zutun?“

Antwort:

„Nichts!, aber die Gelegenheit war günstig endlich über die gar gekochten Kartoffeln auf der Herdplattezu reden“

Krisen unserer gesetzlichen Sozialsysteme werden so nicht systemrelevant mit Fragestellung und Lösungswege unserer gesetzlichen Sozialsystem konfrontiert und beigelegt, sondern asymmetrisch in Fragestellungen des allgemeinen wie besonderen Finanzkapitals verwickelt und mehr oder weniger vertagt bzw. für unlösbar erklärt.

Umgekehrt geht es genauso vonstatten.

Krisen des Finanzkapitals, es Friedens werden nicht systemrelevant mit Fragestellung und Lösungswege des Finanzkapitals, des Friedens konfrontiert und beigelegt sondern asymmetrisch genutzt, Gelegenheiten wahrzunehmen, Debatten über unsere Sozialsysteme, über die Möglichkeiten, Optionenvon Kriegen, militärischen Interventionen vom Zaum zu brechen, ohne auch nur ansatzweise die Krise des Finanzkapitals, des Friedens, Innen, Außen Sozial zielführend angreifend beizulegen.

Historisch beschäftigen wir uns, wenn überhaupt, nach Krisen, Kriegen, Katastrophen mit deren verheerenden Folgen und Wirkungen, aber kaum damit, welche Gelegenheiten diese Krisen wem „cui bono“ geboten haben, wer diese Gelegenheiten wann, wie, wo genutzt hat und wie lange zu denselben wie Gelegenheiten ganz anderer Art zu nutzen gedenkt.

Frage:

Stellen Krisen als „Gefahr zur günstigen Gelegenheit“ gesellschaftspolitisch wie privat reine Stressbalette dar, die nicht einmal zu Stresstests taugen, weil Stressbalette nur sich selber im Auge und Sinn haben und sonst gar nicht, schon gar nicht Lösungen der Krisen?

Stressbalett ist ein Instrumentarium aus der systemischen Beratung, wo zu einem Problemgedränge, Konfliktgemenge die verschiedenen Grundtypen der Menschliche wie Gesellschaftlichen Kommunikation (Rocker, Beschwichtiger, Rationalist, Aggressor) zum Stelldichein eines gesellschaftlichen Spektakel des „Krisen- Watching“, angelehnt an das Wal- Watching, geladen werden, ohne Gelegenheit zu erhalten, das Problemgedränge, Konfliktgemenge zu entwirren, gar zu lösen.

Krisen lösen Alarm aus und zaubern die Zeremoniemeister auf die Bühnen, die uns die Welt nach ihrem Gusto deuten, alle Vertreter/innen vergangener wie ungelöster realer wie erfundenen Krisen zu Hofe laden. Nur die eigentlichen Akteure Protagonisten der Krise, die den Alarm ausgelöst, bleiben ungeladen zuhause, damit sie klammheimlich ungestört bis offensiv die durch die Krise heraufbeschwornen Gefahren als Ei- Gelege zu ganz anderen Gelegenheiten nutzen können.

So haben die Nationalsozialisten, Faschisten nationaler wie leninistisch- stalinistisch sozialistischer Prägung, im und nach dem Ersten Weltkrieg 1914- 1918 die Krise der Idee der Nation als historisches Subjekt nicht etwa, lokal und global vernetzt, einer Lösung zugeführt, sondern feige die Krise der Rassen wie Klassen erfunden, um selbstermächtigt Krieg gegen das Internationale Finanzkapital unter der angeblichen Fuchtel der Zionisten wie Monopol- Kapitalisten Menschenrechte wie Ressourcen verkürzend wie vernichtend führen zu können.

JP

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Geschrieben von

Joachim Petrick

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Joachim Petrick

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