Mittelstandsknebel über Gerichtsgebühren?

TTIP/ISDS Transatlantic Trade Investment Partnership und Investor-State Dispute Settlement hauen den stärksten Mittelständler aus dem Markt

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Als Mitglied im sogenannten TTIP-Beirat des deutschen Wirtschaftsministerium (BMWi) lehnt Mario Ohoven, der Präsident des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW) eine allein auf die Belange von Großkonzernen abgestellte Sondergerichtsbarkeit ab. die keinerlei Berufungs- noch Revisionsmöglichkeiten vorsieht. Was bedeuten würde, dass ein einmal gefällter Schiedsgerichtsspruch bei keiner nächst höheren Gerichtsinstanz, angefochten, zur Prüfung vorgelegt werden kann

Der Mittelstand macht in Deutschland an die 98 % aller 350 000 Exportunternehmen aus und ist bereits zu 36 % Teil der Exportwirtschaft, äußerte Mario Oboven heute im Forum Wirtschaft des Phoenix TV- Kanals. Anders als Globalplayer verfügt ein Mittelständler weder über die finanziellen Ressourcen noch die Zeit, um langwierig Privat- Schiedsgerichtsverfahren durchzustehen.

Nehmen wir ein mittelständisches Unternehmen in Deutschland mit einem Umsatz von 50 Millionen €, um zu verdeutlichenn, was im Transatlantic Trade Investment Partnership (TTIP) geplante Schiedsgerichtsverfahren für dieses Unternehmen finanziell an existenziellen Gefahren auslösen können.

Nach OECD-Angaben belaufen sich durchschnittliche Kosten eines Schiedsverfahrens auf rund 6,5 Millionen Euro. Zu Beginn muss ein Unternehmen schon 600.000 Euro Vorkasse für die Gerichtskosten auf den Tisch legen.

Bei einem Unternehmen, wie im vorliegenden Fall, wären das an die 13- 15 % und mehr des Umatzses/anno.

Das haut den stärksten Mittelständler aus dem Markt. Zumal, im angenommenen Fall, der Mittelständler gewinnt seinen Schiedsgerichtsfall, er auf seinen Anwaltskosten, anders als bei Ordentlichen Gerichtsverfahren, sitzen bleibt.

Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass die Verfahren von international aufgestellten Konzernen im Wege ihrer Lobbyarbeit genutzt werden, um direkten und indirekten Einfluss auf staatliche und supranationale Entscheidungen u. a. der WTO, des IWF, der Weltbank, der OECD zu nehmen.

Aufgemerkt:

Sowohl die USA als auch die Mitgliedsstaaten der EU verfügen über ausgereifte Gerichtsbarkeiten, die hohen rechtsstaatlichen Standards genügen. Das macht eine Paralleljustiz, die vor 50 Jahren, wie heute, gegenüber unsicheren Staaten Sinn gemacht haben mag und weiter macht, überflüssig. Ganz abgesehen davon, dass die WTO längst eigene Schiedsgerichte, dazu mit Berufungsinstanz, vorhält und über entsprechende Ressourcen und Erfahrungen verfügt.

Gegenwärtig konzentrieren sich etwas mehr als die Hälfte amerikanischer Auslands- Direktinvestitionen in der EU-28 – und das ohne Investor-State Dispute Settlement (ISDS).

Bundeswwirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat zwar in 2015 gegenüber Mario Ohoven (Quelle: Gespräch mit Reinhard Bütikofer EU- Parlamentarier Bündnis 90/Die Grünen) durchblicken lassen, dass TTIP mit seinen angedacht privaten Schiedsgerichtsverfahren zumindest einer Berufungs- und Revisionsgerichtsinstanz bedarf. Aber eine sichere Bank war Sigmar Gabriel, gleich in welcher politischen oder regierungsamtlichen Funktion, wenn es darauf ankommt, erfahrungsgemäß eher nie.

Was kann also die Bundesregierung veranlassen, mittelständische Unternehmen, wenigsten in Fragen der Gerichts- und Anwaltskosten bei TTIP Schiedsgerichtsverfahren, gleich welcher Art, zu entlasten?

Etwa nach Art der Hermes- Kreditversicherungsanstalt öffentlichen Rechts für deutsche Exportunternehmen eines über Beiträge der deutschen Wirtschaft finanzierten Rechtsbeihilfe- Fond?

Würde der dann Plausibiltätsprüfungen der Klageführenden mit einer Verhätnismäßigkeits- Güterabwägung vornehmen, wenn ja, zu wessen Gunsten, zu wessen Lasten?
JP

http://www.zeit.de/wirtschaft/2015-09/ttip-freihandelsabkommen-mittelstand
Freihandelsabkommen
:
TTIP nützt dem Mittelstand
Ein Gastbeitrag von Friederike Welter
8. September 2015, 17:16 Uhr 100 Kommentare

http://reinhardbuetikofer.eu/2015/03/25/wie-steht-eigentlich-der-mittelstand-zu-ttip-und-isds-ein-gespraech-mit-dem-bundesverband/
Wie steht eigentlich der Mittelstand zu TTIP und ISDS? Ein Gespräch mit Mario Ohoven.
Veröffentlicht am 25. März 2015 um 16:41 Uhr.

http://www.attac.de/ttip-kmu
TTIP: KONZERNE PROFITIEREN, DER MITTELSTAND FÄLLT HINTEN RUNTER

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Joachim Petrick

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Joachim Petrick

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