Beugt sich Athen im Namen der Demokratie?

Alexis Tsipras Ist es Tsipras binnen fünf Monaten in einer Euro- Gipfelmarathon Endlosschleife gelungen, den Euroländern Mores zu lehren, zu verdeutlichen, wozu der ESM da ist?

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Athen wandelt Griechenland- in Euro- Fall

Tsipras wandelt Hellenen- in €- Drama

Was seit Januar 2015 allseitig von Politkern aller Euroländer lauthals bestritten, herablassend in Abrede gestellt, es ginge im griechischen Verschuldungsdrama allein um eine Hellenen-, nicht um eine Euro Krise, wird nun vom griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras ein für alle Mal Lügen gestraft.

Ist es Alexis Tsipras binnen fünf Monaten in einer Euro- Gipfelmarathon Endlosschleife gelungen, den Euroländern Mores zu lehren, zu verdeutlichen, wozu der ESM da ist? Endich wahrzunehmen, dass es nicht nur einen Schönwetter Europäischen Stabilitäts Mechanismus (ESM) gibt, sondern dass der wirklich als Retter in Euro- Krisen Nöten taugt.

So wird nun endlich nach einem 17- stündigen Eurogipfelmarathon in Brüssel ein Schuldenregime Procedere ganz im Sinnne Alexis Tsipras angestrengt, der von Anfang an seit seiner Wahl im Januar 2015 zum griechischen Ministerpräsidenten eine Zwischen- Finanzierung Griechenlands durch den Europäischen Stabiiltäts Mechanismus (ESM) angestrebt und nun durchgesetzt hat.

Für den Fall, dass die 19 Euro-Staaten die Aufnahme von Verhandlungen über das von Athen beantragte dreijährige Hilfsprogramm des Euro-Kriseninterventionsfonds ESM wirklich durch den ESM Gouverneursrat bewilligen, was, angesichts von prognostizierten Abstimmungsverhältnissen (Parlamentsvorbehalt) in mehreren nationalen Parlamenten der Eurostaaten noch nicht sicher ist, wird dies im Rahmen eines überaus strengen Maßnahmenkataloges von Auflagen und Bedingungen vonstatten gehen.

Tsipras kann zwar die gefürchteten Vorgaben und Kontrollen durch die Institutionen nicht abschütteln, gewinnt dafür aber, anders als zuvor im 2. Rettungsprogramm, nun im 3. Rettungsprogramm durch die neue Partnerschaft mit dem ESM drei Jahre Zeit zur Umsetzung, samt wachstumsorientierter Investitionsperspektive für die griechische Wirtschaft.

An dem Entwurf der Finanzminister der Euro-Zone (Euro-Gruppe) vom Wochenende haben die 19 Staats- und Regierungschefs gefeilt. Diesem sind drei Kernforderungen zu entnehmen.

1. Kernforderung

Der Entwurf betont die Notwendigkeit eines erneuten Aufbaus von Vertrauen zwischen den Gebern und den griechischen Behörden als Vorbedinugn für ein mögliches künftiges Abkommen.

Zusätzlich beharrt die Euro-Gruppe darauf, dass der Internationale Währungsfonds (IWF), entgegen Vorstellungen Griechenlands, weiterhin im Boot bleibt. Zur Wiederherstellung von Vertrauen ist Griechenland laut dem Papier gehalten, erstens bis Mittwoch dieser Woche einige aufgelistete Forderungen der Geldgeber durch Abstimmung im griechischen Parlament gesetzlich zu verankern.

Dazu zählen die Vereinfachung des Mehrwertsteuersystems und die Ausweitung der Steuerbemessungsgrundlage, um die Einnahmen Griechenlands zu erhöhen, sowie erste Massnahmen aus der geplanten Rentenreform anzuteichen.

2. Kernforderung

Der Entwurf der Eurogruppe insistiert auf einer erheblichen Nachbesserung der von Griechenland im Gegenzug zur Kredithilfe durch den ESM vorgelegten Reformliste. Die im letzten Hallbjahr deutlich verschlechterte Wirtschafts- und Haushaltlage Griechenlands soll dabei, ganz im Sinne Tsipras, berücksichtigt werden, heisst es.

Der griechischen Regierung wird eine formelle Zusage zur Stärkung ihrer Vorschläge in einer Reihe von Punkten aufgenötigt, die von den Institutionen, der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und dem IWF, klassifiziert werden sollen.

Inhaltlich geht es unter anderem um die Rentenreform, eine nachdrückliche Liberalisierung der Produktmärkte und um Arbeitsmarktreformen. Gefordert wird dazu ein klarer Ablauf- und Zeitplan für die zur Umsetzung notwendige Gesetzgebung.

3. Kernforderung

Der Entwurf fordert zusätzliche Massnahmen der griechischen Behörden in Bereichen wie Privatisierung und Verwaltungsreform.

In der Euro-Gruppe der 19 Euroländer sind Details noch nicht abschließend geklärt.

Zur Debatte steht die deutsche Idee, griechische Vermögenswerte in Höhe von 50 Mrd. € in einen externen Fonds einzubringen, um diese im Verlauf der nächsten Zeit zu privatisieren, um mit den sich daraus resultierenden Erlösungsgewinnen die Staatsverschuldung abzubauen.

Inzwischen wurde, laut Pressberichten, vereinbart, dass dieser Fond nicht extern, sondern in Griechenland angelegt wird und 12.5 Milliarden € aus diesem Fond für Investitionen vorgesehen sind.

Das ist um so mehr notwenidig als vorgesehene Investitonen der EU in Griechenland eine Mindesbeteiligung Athens von 5- 15 % des Investitionsvolumens vorsehen.

Laut dem Entwurf handelt es sich lediglich um Minimalanforderungen, damit überhaupt Verhandlungen über das Hilfsprogramm für Griechenland mit Zustimmung von Parlamenten in den 19 Eurostaaten, soweit dort verfassungsrechtlich Abstimmungen notwenig sind, in Gang gesetzt werden können.

Umgekehrt macht es ebenfalls Sinn, nämlich zunächst Maximalfordrungen zu stellen, um die Parlamente gewogen zu stimmen und dann parlamentarisch legitimiert in Verhandlungen mit Griechenland zu gehen.

Maximalforderungen gelten als Folge des angeblichen Misstrauens gegenüber der griechischen Regierung. Etliche Euro-Staaten hegen Zweifel, dass Athen Reformen, die die griechische Bevölkerung vor einer Woche auf Empfehlung Tsipras hin abgelehnt hat, nun engagiert mit Elan umsetzen wird.

Zudem hatten mehrere Finanzminister auf ESM Regularien verwiesen, dass es für ein dreijähriges, drittes Programm mit Geldern des ESM mehr Umsetzungen an Reformen bedarf, als es zuvor für den Abschluss des zweiten vorgesehen war. Aber das weiss auch die griechische Regierung in Athen.

Die Institutionen haben einen möglichen (externen) Finanzierungsbedarf Griechenlands in Höhe von 82 bis 86 Mrd. € ermittelt, heisst es im Entwurf.

Zugleich werden die Institutionen eingeladen, Möglichkeiten zur Senkung dieses Kreditvolumens durch «einen alternativen finanzpolitischen Pfad» auszuloten.

- gemeint sind dabei erwartete höhere Primärüberschüsse im griechischen Staatshaushalt, ansteigende Erlöse aus Privatisierungseinnahmen -

Der Bedarf an neuen Hilfskrediten für Griechenland wird unter 80 Mrd. € erwartet.

Entsprechend Berechnungen können 7,7 Mrd. € durch sogenannte Security Market Program (SMP) -Gewinne gedeckt werden. Diese Gewinne erwachsen dem Euro-System (EZB, nationale Notenbanken) aus einem laufenden Aufkaufprogramm des ESM mit Banklizenz für Staatsanleihen.

Die Euro-Staaten hatten 2012 fest zugesagt, unter bestimmten Bedingungen eine Summe, die dem Anteil «ihrer» Notenbank aus den mit griechischen Anleihen erzielten Gewinnen des ESM entspricht, Griechenland zurück zu überweisen.

Von der Gesamtkreditsumme soll laut Vorgabe der Euro-Gruppe ein Puffer von 10 bis 25 Mrd. € für den Bankensektor reserviert bleiben, um eventuelle Kosten für die Rekapitalisierung oder Abwicklung von Banken zu decken.

Der überwiegende Teil der Kredite wird, abgesehen von 12,5 Milliarden € für Investitionen, für die Rückzahlung von Schulden, Zinszahlungen und die Begleichung von Zahlungsrückständen benötigt.

Der Finanzbedarf Griechenlands wird mit 7 Mrd. € bis zum 20. Juli zugrunde gelegt, bei dem eine Rückzahlung an die EZB zu Buche schlägt.

Weitere 5 Mrd. € sind bis Mitte August 2015 zu erbringen. Die Euro-Gruppe identifiziert diese Probleme als dringende Angelegenheit, heisst es.

Unbahängig von dieser Entwicklung ist seit Tagen von einer Brückenfinanzierung für die Zeit bis zum Abschluss der Verhandlungen über das neue Abkommen die Rede, die ausserhalb des ESM zu organisieren ist.

Konkret darüber geredet werden soll aber erst, wenn die Aufnahme von Verhandlungen über das neue Hilfsabkommen gesichert ist.

Die EZB hät bis auf weiteres ihr ELA- Notkreditprogramm für Griechenland aufrecht.

Schliesslich verweist der Entwurf auf ernste Sorgen über die Tragbarkeit der griechischen Staatsverschuldung. Wie diese gewährleistet werden soll, ist offenbar noch umstritten.

Einig sind sich die Euro-Länder, dass ein Schuldenschnitt («Haircut»), der Verzicht auf die Rückzahlung eines Teils der Schulden bei den Euro-Staaten oder beim Euro-Krisenfonds, grundsätzlich nicht infrage kommt.

Mögliche weitere Erleichterungen für Griechenland u. a. durch die Verlängerung der Laufzeiten und Tilgungsaufschübe von Hilfskrediten sind dagegen vorstellbar.

Alles weitere mündlich für den Fall, dass keine Einigung zustande komme.

Dann solle Griechenland zu raschen Verhandlungen über ein «time-out» von der Euro-Zone eingeladen werden, samt dem Angebot einer möglichen Umschuldung.

Genau das stand in einem am Samstag an die Öffentlichkeit lancierten Non-Paper des deutschen Finanzministeriums.

Fazit:

Alexis Tsipras hat, indem er darauf insistierte in Sachen Griechenlands monetärer Nöte den ESM an der EZB vorbei zu aktivieren, erstmalig die Regularien des ESM vor aller Welt aufgedeckt, wie diese bisher bestehen und doch eigentlich nur als "Letters of Intention" ohne Gewähr gelten können.

Zur Erinnerung!

Es geht hier, anders gegenwärtig in den Medien hierzulande gerne suggeriert, noch nicht um Verträge, sondern um Absichtserklärungen mit Maximalforderungscharakter Richtung Verhandlungen der Eurogruppe mit Griechenland, um, außer Gefahr, an den Parlamentsvorbehalten von 5 Euroländern vorbei zu schiffen.

JP

https://www.freitag.de/autoren/lutz-herden/pistole-am-kopf
LUTZ HERDEN 13.07.2015 | 12:56 7
Pistole am Kopf

http://www.nzz.ch/international/ein-angebot-mit-widerhaken-1.18578873?extcid=Newsletter_13072015_Top-News_am_Morgen
Euro-Gipfel
Ein Angebot mit Widerhaken
von René Höltschi, Brüssel12.7.2015, 22:34 Uhr

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Joachim Petrick

Aktuelles: Meine sichere Route- Refugee-Airlift - Petition "Luftbrücke für Flüchtlinge in Not" an die MdBs des Bundestages erhofft Debatte

Joachim Petrick

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