Peter Bofinger oder "Sozialer Patriotismus"

HartzIV Resümee „Deutschland braucht sozialen Patriotismus“Klar!, SPD will mit neuem Regierungsprogramm, nach dessen Präsentation in Berlin, kampagnenstark und –mächtig punkten.

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SPD- Stones-Triumvirat, Ralf Stegner, Frank- Walter Steinmeier, Peer Steinbrück fordern einhellig:

„Sozialen Patriotismus“

Ralf Stegner, Landesvorsitzender der schleswig-holsteinischen SPD, fordert in Deutschlandfunkinterview vom 11.3.2013 mit Dirk Müller expressis verbis:

„Deutschland braucht sozialen Patriotismus“

Klar!, die SPD will mit ihrem neuem Regierungsprogramm, nach dessen Präsentation in Berlin, kampagnenstark und –mächtig punkten.

Frage ist, ob die SPD da nicht, im wahltaktischen Überschwang, Richtung Mitte, weit übers Ziel hinausschießt und sich, umzingelt von darbenden europäischen Nachbarn der Eurozone, für den obskuren Brückenschlag, eines „säkularen „Pontifex Maximus“ Projektes, eines klammheimlich bis offensiv historisch unheimlichen

„Übergangs, vom tosend anschwellenden Ballermann Nationalismus brutal reiner Beifall Jubelszenen hin zur fragwürdig fragilen „Klatsch & Tratsch „Palaver Güte eines

„Sozialen Patriotismus“

stark machen will?

Ralf Stegner im Gespräch mit Dirk Müller vom Deutschlandfunk:

Die SPD will einen Mindestlohn von 8,50 Euro einführen, wenn sie nach der Bundestagswahl an die Regierung kommt. Soziale Marktwirtschaft subventioniere nicht Dumpinglöhne, sondern sorge dafür, dass die Menschen von ihrer Arbeit leben könnten, sagt der SPD-Chef in Schleswig-Holstein, Ralf Stegner.

Dirk Müller: Fast abgeschlagen liegt sie da, fast am Boden, die SPD in den jüngsten Umfragen, viele, viele Punkte hinter der Union jedenfalls. Darüber hinaus rückt der auserkorene Juniorpartner, die Grünen, wieder näher heran an die Traditionspartei der sozialen Gerechtigkeit. In ein paar Stunden will die Führungsriege der Sozialdemokraten ihr Regierungsprogramm für den Wahlkampf unter Dach und Fach bringen - ein Regierungsprogramm, das auch ganz viel ein Steinbrück-Programm sein muss, denn er soll die Wähler damit schließlich überzeugen. Eine Agenda 2020 möglicherweise, wie sie Gerhard Schröder gefordert hat. Das wird eine der entscheidenden Fragen sein. - Am Telefon ist nun Ralf Stegner, SPD-Chef von Schleswig-Holstein und bekennender Linker in seiner Partei. Guten Morgen!

Ralf Stegner: Guten Morgen, Herr Müller.

Müller: Herr Stegner, bevor das ganz politisch wird, eine Frage: Wie groß sind Sie?

Stegner: 1,78 Meter.

Müller: Dann hören wir mal, ob Sie damit gemeint sind, was Rainer Brüderle gestern gesagt hat.

O-Ton Rainer Brüderle: "Wir lassen uns nicht verbiegen! Wir haben seit Jahrzehnten für die Freiheit gekämpft! Wir haben Deutschland zusammen geprägt! Wir überlassen nicht diesen Futzis, diesen fehlprogrammierten Typen unser Land. Dafür kämpfen wir jeden Tag, jede Stunde bis zum 22. September. Auf in den Kampf!"

Müller: Auf in den Kampf! - Hat Ihnen das ein bisschen Angst gemacht?

Stegner: [lacht laut] Nein, nun wirklich nicht. Die FDP ist die Partei der großen Sprüche und bei vier Prozent in den Umfragen muss man ja auch ein bisschen lauter sein. Wenn das Zukunftsangebot der FDP Rösler und Brüderle heißt, also da muss man wirklich keine Angst vor haben, und wenn man die Regierungsbilanz ansieht von Schwarz-Gelb, schon gar nicht. Also insofern: Dass die laut tönen, das verstehe ich schon. Aber die Wiederwahl von Schwarz-Gelb ist weit, weit, weit entfernt. Überall, wo die antreten gemeinsam, werden sie abgewählt, und das wird auch bei der Bundestagswahl so sein.

Müller: Und mit den Futzis kann man umgehen in der Politik?

Stegner: Na ja, also wir haben ja auch einen Spitzenkandidaten, der durchaus sich manchmal kräftig ausdrückt, wenn ich an seine Bemerkung zu Berlusconi denke, wobei er da durchaus Recht hatte. Also insofern meine ich: Deutliche Sprache in der Politik schadet nicht.

Müller: Wie oft hat Peer Steinbrück denn nicht Recht?

Stegner: Na ja, inhaltlich habe ich durchaus an der einen oder anderen Stelle eine andere Meinung. Aber der Punkt ist schon, dass ich glaube, dass die Menschen am Ende honorieren, wenn man klar seine Meinung sagt, und wir werden das auch brauchen gegen Frau Merkel, die ja so ein bisschen versucht, die Bürger einzuschläfern, dass sie möglichst gar nicht zur Wahl gehen, sie klaut unsere Begriffe, und da müssen wir schon einen haben, der sagt, liebe Leute, wenn da Mindestlohn auf der Flasche draufsteht, wie bei der CDU auch, muss aber auch Mindestlohn drin sein wie bei uns, 8,50 Euro als Untergrenze, und nicht wie bei Frau Merkel 4,15 Euro für die ostdeutsche Friseurin. Das muss man deutlich machen, da muss man klare Kannte zeigen im Wahlkampf, das kann Peer Steinbrück gut und insofern passt er auch sehr gut in unsere Wahlkampfstrategie hinein.“

Soweit ein Ausschnitt aus dem besagten Deutschlandfunk Interview, um zu verdeutlichen, in welchem atmosphärischen Umfeld die SPD, nach einem Jahrzehnt gesamtgesellschaftlicher Wirkung der Agenda2010/Hartz IV Gesetze, als hätte es jedermann ahnen können, die wahltaktische Katze „Jetzt schlägst 2013!“

aus ihrem säkularen Sack zaubert.

Einer der Fünf Weisen der Bundesregierung, der auf dem gewerkschaftlichen Ticket in dieses Gremium berufene, Peter Bofinger liest der Agenda2010/Hartz IV und damit vor allem der SPD wiederholt im Duktus „Klarer Kante“ die Leviten, zuletzt jüngst in der taz vom 14.März 2013

Die Mythen um Hartz IV“

Während die SPD- Stones, wie jetzt Ralf Stegner im Deutschlandfunk, in der Regel im Zusammenhang des allgemein gesellschaftlichen Hartz IV Wetters, vorzugsweise gleich, „sozial patriotisch“ ablenkend, auf die Friseusen in Leipzig kommen, redet Peter Bofinger dankenswerter Weise nicht vom Wetter, wenn er sein kritisches Resümee zu zehn Jahren Agenda20/Hartz IV Gesetze und deren volkswirtschaftlich, geld- und währungspolitische Wirkung mit dem Hinweis auf die Tendenz einer Deflation zieht.

Das ist gut in seinem taz- Kommentar nachzulesen.

Trotzdem und gerade deshalb soll insbesondere Peter Bofinger in seinem Agenda2010/Hartz IV Resümee an dieser Stelle nicht ohne meine kritischen Anmerkungen bleiben.

So sehr ich auch Peter Bofingers (P.B.) kritisches Resümee zur Agenda210/Hartz IV in den Kernaussagen begrüße, so bin ich doch fassungslos, dass P.B. kein Wort darüber verliert, wie verheerend die Agenda2010/Hartz IV Gesetze auf Formen der betrieblichen Mitbestimmung, gewerkschaftliche Demokratisierungsbestrebungen der Wirtschaft insgesamt gewirkt haben und weiter durch Zwei- , Drei-. Klassengesellschaftsbildungen im Personalbestand, in der Belegschaft wirken.
Dieser Agenda2010/Hartz IV Wildwuchs geht soweit, dass Stammbelegschaften und Leiharbeiterbelegschaften unterschiedlich gefärbte Arbeitskleidung tragen, von Betriebsversammlungen ausgeschlossen bleiben, sonst übliche Essensmarken verweigert werden, Personalkantinen nicht besuchen dürfen, andere Pausen- und Urlaubsregelungen gelten, gehalten sind, miteinander, wenn überhaupt, nur das betrieblich Notwendigste zu besprechen.
„Sozialer Patriotismus“
von dem die SPD- Stones nun nach zehn Jahren Agenda2010/Hartz IV Gesetze zu schwadronieren geneigt sind, fühlt sich anders an
Ganz abgesehen von der Tatsache, die in P.B.s taz- Kommentar unerwähnt bleibt, dass, dank der Agenda2010/Hartz IV, Betrieben, Unternehmen, privaten und staatlichen Einrichtungen, u. a. in Schulen, Gesundheits- , Alten-, Jugendhilfebereich, Krankenhäusern, Pflegeheimen, UNIs, Forschung, Wissenschaft, mehr und mehr jeder Sinn für die Sicherung unternehmerischer Kompetenz in eigener Sache, Verantwortung im Krisenfall, geschwächt, wenn nicht gar genommen wird, weil ja jederzeit, in gefühlten und wirklichen Krisen, Personal über das Drehtür Karussell Leiharbeit, Niedriglohnbereich, ohne Lohnuntergrenze, zu Änderungskündigungen gedrängt werden können.
P.B. verliert in seinem Resümee kein Wort darüber, dass die Agenda2010/Hartz IV Gesetze nicht in der Arbeitnehmerschaft eine Verarmungsspirale in Gang gesetzt haben, indem diese vor Antrag auf Leistungen aus den Hartz IV Gesetzen bei Arbeitsaufnahme, weil der Lohn nicht einmal das Niveau der Grundsicherung erreicht, ihr Restvermögen vor dem Schonvermögen für die Altersvorsorge einsetzen müssen, das heißt Geld mit zur Arbeit nehmen, um dieses ihrem Arbeitgeber in Form von Lohnsubvention zu überlassen, sondern auch das allgemeine Lohn- und Rentenniveau absenkt.
Da wird doch der Hund in der Pfanne verrückt.
Sind denn unsere Politiker/innen durch alle parlamentarischen Banken in Bund und Ländern des Wahnsinns fette Beute?
Vor den Hartz IV Gesetzen gab es auch Subventionierungen von sozialen u. a. Arbeitsplätzen. Deren Anspruch mussten aber Unternehmen, staatliche und private Einrichtungen durch eine Art Businessplan begründen.
Nun. nach Einführung der Agenda2010/Hartz IV brauchen Betriebe, Einrichtungen grundsätzlich gar nichts mehr zu begründen, nicht einmal die Niedriglohnhöhen, auch wenn die gegen O.50 €/Stunde gehen, denn
„Alles was Arbeit schafft, ist sozial“.
Wer mit solchen Kategorien gesellschaftspolitisch unterwegs ist, dem fällt es gleich viel leichter, einer asymmetrischen Mobilisierung nationaler und europaweiter Arbeitsmärkte Richtung erklärten und unerklärten Kriegen ungeniert das Wort zu reden.
In Kriegen entsteht bekanntlich, strategisch absehbar, flächendeckend in Bund, Ländern, Kommunen, Unternehmen, privaten und staatlichen Eirichtungen im In- und Ausland ein Arbeitskräftemangel, der eigentlich nach Zwangsverpflichtungen zu jeder Art von Arbeit schrei.
Da aber „Zwangsarbeit“ in Deutschland, in Europa seit der dunklen Zeit des NS- Regimes im Deutschen Reich und in dem von diesem besetzten Europa während des Zweiten Weltkrieges (1939- 1945) historisch belastet ist, muss für alle Eventualfälle von Krisen, Kriegen, Katastrophen, Leben in Katakomben (KKKK) eine neue Sprachregelung her und die heißt scheinbar unverfänglich:
„Sozialer Patriotismus“
Unverbesserliche Schelme nennen das hinter der Hand im kleinen Küchenkabinetts Kreis
„Humanisierung der Zwangsarbeit!“.
Es mache ja nun wirklich einen Unterschied, ob Vater Staat Personen über Leistungsanwartschaften aus der Agenda2010/Hartz IV- Gesetzen mit einer menschenwürdigen Grundsicherung, samt Unterkunftspauschalen, Heizungszuschlägen ausstatte und dann über die Arbeitsagenturen, kommunalen ARGES mehr oder weniger, manierlich kommuniziert, in jede Art von Arbeit zwangsverpflichten könne, wenn es der
„Soziale Patriotismus“
verlange, oder wie damals in der dunklen Zeit des NS- Regimes Zwangsarbeit, flächendeckend, als sozial unpatriotisches Programm
“Vernichtung durch Arbeit“
betreibe, weil es, krisen-, kriegs- oder katastrophenbedingt, an Nahrungsmitteln, an menschenwürdigen Unterkünften und überhaupt an amtlich guten Willen fehle
Wer so für die vier apokalyptischen KKKKs nachhaltig wie unbefristet vorbereitet sein will, setzt sich dem Anfangsverdacht aus, dass er diese Gefahrenlagen bereits von langer Hand vorbereitet, zumindest seit Einführung der Agenda2010/Hartz Gesetze im Jahre 2003, parallel zum Beginn des Irakkrieges, auf Biegen, Brechen und Aussetzen marktwirtschaftlicher Rahmenbedingungen betreibt,
Was dabei an strukturellen, fachlich personellen Kompetenzen in den Betrieben, staatlichen, privaten Einrichtungen im Fall von wirklich notwendigem Krisenmanagement vor Ort verloren geht, scheint niemand, selbst nicht einmal gewerkschaftliche Experten, wie Peter Bofinger auf dem Bildschirm zu haben
Von der Tatsache abgesehen, dass sich die Einführung der Agenda2010/Hartz IV, ausgerechnet in jenen heillosen Tagen des Beginns des Irakkrieges im März 2003 in einem eilig heilig sakral aufgeblasen zelebrierten Akt im Berliner Dom, präsentiert von Bundeskanzler Gerhard Schröder und dem, später in anderer Angelegenheit mit einer Bewährungsstrafe belegt, „bestechend“ blendend aufgelegten VW- Personalentwickler Peter Hartz vollzog, ist der gleichzeitige Schlag gegen die monetären Grundfesten des gerade eingeführten Euro durch provozierende Missachtung, Bruch der Maastricht Stabilitäts- Kriterien durch die rotgrüne Bundesregierung Schröder/Steinmeier/Steinbrück/Fischer/Trittin/Bütikover an unverfrorener Dreistigkeit und Missachtung politischer Verantwortung für Vertrauen in Regierungshandeln nicht zu überbieten

JP

siehe

https://www.freitag.de/autoren/joachim-petrick/bedingungsloses-grundeinkommen-be-der-grobere-bruder-von-hartz-iv

Joachim Petrick

12.01.2010 | 18:16 12

BGE, der miltärische Bruder von Hartz IV?

http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/2036150/

11.03.2013 · 07:15 Uhr

Ralf Stegner und Dirk Müller im Gespräch

http://www.taz.de/Debatte-Agenda-2010-und-2020/!112801/

14.03.2013

Peter Bofinger

Die Mythen um Hartz IV

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Geschrieben von

Joachim Petrick

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Joachim Petrick

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