Recht auf Stadt & Never mind the papers

Beyond Welcome "Das Recht auf Stadt hat keine Obergrenze! Eine andere Planung ist möglich" Bericht über Protestparade in Hamburg am 28. Mai 2016. Veranstaltungshinweis 7.6.16

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Recht auf Stadt & Bündnis Never mind the papers
Demonstranten fordern kreativ kampagnenstark mehr Wohnraum statt Flüchtlingsabschiebung in Hamburg.

Die Stadt kennt keine Obergenze"

Beyond Welcome: Eine andere Planung ist möglich.

Hamburg. Hunderte Demonstranten zogen am Samstagnachmittag, 28. Mai 2016 in einer bunten Protestparade durch die Hamburger Innenstadt und boten Einheimischen und Touristen ein politisch- folkloristisches Schaupspiel aus ernstem Anlaß,

Unter dem Slogan:

"Das Recht auf Stadt hat keine Obergrenze! Eine andere Planung ist möglich"

bewegte sich der Demonstrationszug mit acht farbenfroh bunt geschmückten Großraum- Fahrzeugen, mobilen Baugerüsten, Spruchbändern, Fähnlein, Plakaten mit ganz individuellen Botschaften vom Karolinenplatz über den Sievekingplatz, Johannes-Brahms-Platz zum Valentinskamp, wo eine Zwischenkundgebung stattfand. Die folgenden Kundgebungen gab es am Gänsemarkt, am Jungfernstieg und auf dem Rathausmarkt, begliete von dröhnender Musik aus Groß- Lautsprechern. Wie meist so auch dieses Mal für meinen Geschmack vom Tontechniker zwischenzeitlich schmerzhaft übersteuert

Zum abschließenden Public- Hearing am Axel-Springer-Platz auf der Verkehrsinsel mit publikumsoffenem Mikrophon versammelten sich nach 16.00 Uhr etwa 800 Teilnehmer/innen.

"Es ist für uns eine große Freude, dass auch so viele Flüchtlinge aus verschiedenen Erstaufnahmen gekommen sind",

eröffnete Niels Boring vom Netzwerk " Recht auf Stadt" & Bündnis Never mind the papers das Public- Hearing. Hamburg habe immer noch kein Konzept "für bezahlbares, gutes und nachhaltiges Bauen", sondern hat, "den sozialen Wohnungsbau zum Investorenförderprogramm gemacht", so der Grundtenor verschiedener Sprecher/inne von Initiativen.

Niels Boring hob noch einmal hervor, die Wohnungsnot in Hamburg sei nicht erst 2014/15 mit der Zunahme an Flüchtlinge entstanden, sondern bestehe seit Jahrzehnten. Weshalb sich das Netzwerk "Recht auf Stadt" vor Jahren im Hamburger Gängeviertel gegründet habe


Netzwerk " Recht auf Stadt" plädiert gemeinsam mit dem Bündnis Never mind the papers, der GEW, Flüchtlings-Unterstützer-innengruppe Ottensen, zu der ich mich zähle, und vielen weiteren Initiativen für eine

"Stadt des Ankommens".

Technokratische Lösungen für die Flüchtlinge, wie die Stadt Hamburg seit 2015 praktiziere und weiter vorsehe, würden seien nicht zielführend im Sinne eines Miteinanders der Stadtbewohner/innen. Die Ressourcen der Flüchtlinge müssten auf freiwiliger Basis stressfrei angeregt und aktiviert werden, um nun eine neue Vision von Stadt zu entwickeln, lautet die einhellige Forderung der Initiativen..

- Hamburg hat ein „Flüchtlingsproblem“? erschallt die Frage eines GEW- Sprechers, um sie gleich selber zu beantworten.

Nein, Hamburg hat ein Wohnungsproblem. Jahrzehntelang haben Immobilienentwickler*innen und Politiker*innen unsere Städte behandelt, als lebten in ihnen hauptsächlich Gutverdienende, als hätten Menschen mit kleinem Einkommen und Obdachlose kein Recht auf Stadt und als könnten die weltweiten Fluchtbewegungen Europa nicht erreichen. Die Flucht von über eine Million Menschen nach Deutschland vor Krieg, Armut und Terror hat deutlich gemacht, dass diese Stadtplanung verantwortungslos ist.

Wir greifen hier einen Vorschlag der Hamburgischen Architektenkammer auf: Wozu braucht Hamburg in zentraler Lage ein Messegelände, das den größten Teil des Jahres ungenutzt herumsteht? Geht das nicht auch an der Peripherie – und wie könnte eine Umnutzung aussehen?

Wir brauchen eine Planung, die Plattformen von Teilhabe und Aushandlung mitdenkt,die die neuen Nachbarschaften zusammenbringt. Die nachhaltigen sozialen Wohnungsbau organisiert, in dem sie Genossenschaftsprojekte und neue Formen der Kommunalisierung auf den Weg bringt – statt mit den neuen Wohnsiedlungen für Geflüchtete ein Privatisierungsprogramm zum Wohle der Immobilienbranche anzuschieben. Nicht zuletzt brauchen wir eine Perspektive auf Wohnen, in der Herkunft und Status keine Rolle spielen. -

Am Rande traf ich unter den Demonstranten einen Flüchtling aus Afrika mit seinem eingerollten Fähnlein an einer langen Holzstange und fragt ihn englisch gestikulierend, was denn darauf stünde. Er entrollte sein Fähnlein sprachlos stumm, darauf stand "FUCK", um es sogleich wieder stumm eiinzurollen. Ich war perplex. Dazu fiel mir spontan weder Frage noch Antwort nur ein kurzes Satementein "A very short comment!" Ich verstummte mit ihm.

An einem anderen Ort war während des Public- Hearings die Rede davon, dass es selbstverständlich keine Obergrenze geben dürfe, aber auch eine im Sinne der Mindestaufnahme von Flüchtlingen nach Deutschland. Wo doch jetzt so wenig Flüchtlinge es zu uns schaffen. Statt 5000 nur noch höchsten 120/Tag kommen.

Der schleswig- holsteinische SPD- Ministerpräsdient Thorsten Albig habe auf die Gefahr verwiesen, dass jetzt so viele Ressourcen für Flüchtlingsaufnahme aufgebaut sind, denen nun, ungenutzt, nicht angefordert, der Abbau droht und das, trotz weiter bestehenden Bedarfs, angesichts großer Not von Hunderttausenden Menschen auf der Flucht. Genau das droht jetzt auch in Hamburg. Die oppositionelle CDU hat vor kurzem eine entsprechende Kleine Anfrage an den Hamburger Senat in der Bürgerschaft eingebracht.

Recht auf Schutz und Versorgung der Flüchtlinge sei weltweit auch eine Bringschuld jener Staaten, die über entsprechende Ressouorcen verfügen, war zu hören, die z. B. mit Fähren. Luftbrücken Flüchtlinge, gemäß Genfer Dlüchltingskonvention, aus humanitären Gründen. in ihre Länder zu holen. Kanada hat das für 20 000 Flüchtlinge aus Syrien vorgemacht.

Eine andere Frage am Rande war, was können Kirchen, Moscheen, Synagogen, Gewerkschaften, Verbände, Parteien, parteinahe u. a. Stiftungen mit Immobilieneigentum in Hamburg und Umgebung unternehmen. um Sozialwohnungen zur Verfügung zu stellen, Leerstände zu beenden, oder als Bauherren auf ihren Grundflächen aktiv zu werden?

Schade, dass ich erst in der Nachbesprechung mit meiner Frau darauf kam, wir hätten doch das Bürgerrechtslied "We shall overcome" anstimmen können.
JP

Aktueller Veranstaltungshinweis:

Ottenser_Gespraeche

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe Ottenser Gespräche zu Flucht und Migration:

„Nach Hamburg geflohen, was nun? Gutes und gemeinsames Wohnen für alle in Altona!“
Eine Diskussionsveranstaltung der Flüchtlings-Unterstützer_innengruppe Ottensen
am Dienstag 7. Juni 2016 ab 19.00 Uhr in HH-Ottensen, Aula der Max-Brauer-Schule, Bei der Paul-Gerhard-Kirche 1

Moderiert vom Rundfunk-Journalisten Burkhard Plemper diskutieren u.a.:

Dr. Dorothee Stapelfeldt, Senatorin für Wohnen und Stadtentwicklung
Klaus Schomacker, Sprecher Dachverband der „Initiativen für Integration“
Karin Loosen, Präsidentin der Hamburgischen Architektenkammer
Holger Griebner, Wohnprojekt Bunte Mischung
Ali Ahmet, Gruppe Lampedusa in Hamburg
Initiativen und Organisationen, die sich mit Flucht und Migration befassen
Neue Siedlungen für Geflüchtete oder Nutzung bestehender Gebäude?
Gefahr von Ghetto-Bildung? Bürgerbegehren? Volksentscheid?
Flüchtlinge gegen andere Wohnungssuchende mit geringem Einkommen?

http://holmbrook.de/ottenser-gespraeche-zu-flucht-und-migration-nach-hamburg-geflohen-was-nun-veranstaltung-am-07-07-2016/
Ottenser Gespräche zu Flucht und Migration: Nach Hamburg geflohen, was nun? Veranstaltung am 07.07.2016

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Joachim Petrick

Aktuelles: Meine sichere Route- Refugee-Airlift - Petition "Luftbrücke für Flüchtlinge in Not" an die MdBs des Bundestages erhofft Debatte

Joachim Petrick

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