Untersuchungshaft wg. Fluchtgefahr in Suizid

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Untersuchungshaft wg. Fluchtgefahr in Suizid

Ein Fünfundsiebzigjähriger Mann in Hamburg wollte zuerst seine schwerkranke Frau mit deren Einverständnis töten und danach sich.

Seine Frau ist tot durch seine Hand. ER selber lebt, weil sein Selbstmordversuch misslang.

Jetzt ist der Fünfundsiebzigjährige Mann in Hamburg nicht nur mit der schwerwiegenden Anklage der Ermordung seiner Frau konfrontiert, sondern auch gleich in Untersuchungshaft genommen worden.

Dabei ist die Untersuchungshaft selber nicht Gegenstand des Erstaunens und der Verwunderung, sondern deren Begründung, die nicht etwa auf die Schwere der Tat abhebt, sondern darauf, dass bei dem lebensmüden Angeklagten erwiesener Maßen, Verdunklungs- und Fluchtgefahr in den Suizid bestünde.

Sieht da ein Haftrichter vom Hamburger Gerichtsbergmassiv am Sievekingplatz 1 seine „Fälle“ davonschwimmen?

Gemäß unserer Freiheitlich Demokratischen Grundordnung (FDGO) gibt es keine Rechtspflicht, am eigenen Leben wie an einer Reckstange festzuhalten.

Der Freitod ist keine Pflichtverletzung gegenüber Vereinen, Kirchen, Parteien Gewerkschaften, Verbänden, der Kriegsgräberfürsorge, Abo- Zeitungen, auch wenn diesen durch einen gelungenen Suizid Mitglieds-Beiträge entzogen werden.

Auch das Nichterscheinen durch vorgezogenen Freitod des Angeklagten bei der Gerichtsverhandlung gilt nicht als Pflichtverletzung, gilt nicht einmal als Schuldeingeständnis.

Ist die Begründung der Untersuchungshaft zynisch oder überfürsorglich zu nennen?

Diese Begründung eines Hamburger Richters für die Anordnung der Untersuchungshaft im vorliegenden Fall beleuchtet auf drastisch erschreckende Weise die Bereitschaft und Fähigkeit akademisch ausgebildeter Richter/innen, Staats- und Rechtsanwälte/innen in beliebiger Reihenfolge, Gesetze nicht nach deren Geist sondern nach Gutdünken interpretierend anzuwenden.

Fluchtgefahr meint im Sinne und Geist des Gesetzgebers realeFluchtgefahr und nicht im übertragenden Sinne Fluchtgefahr in und durch Suizid.

Dass das Verbringen in eine Einzelzelle während der Untersuchungshaft bei 23 Stunden täglichem Einschluss und einer Stunde Freischluss samt Hofgang selbst für einen nicht lebensmüden Angeklagten suizidale Gedanken und Absichten heraufbeschwört, denn diese abzumildern, ist wohl ein Hinweis darauf, dass die Begründung für die Untersuchungshaft wohl doch von dem Richter zynisch angelegt ist.

JP


siehe dazu HA. Vom 18.08.10

„Das können sich nur Juristen ausdenken“

Interview mit dem Rechtsanwalt Gerhard Strate



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Geschrieben von

Joachim Petrick

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Joachim Petrick

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