Verschwörungstheorie als Vorgriff auf „Wahrheitsereignisse“?

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Verschwörungstheorie als anmaßender wie vergeblicher Vorgriff auf „Wahrheitsereignisse“?

Gegenrede zu Michael Jägers Artikel:

www.freitag.de/kultur/1021-im-wiederholungsfall

Vorgriff | 26.05.2010 16:00 | Michael Jäger

Im Wiederholungsfall

Lieber Michael,

vielen Dank für die Vorstellung dieses lesenswerten Ansatzes

Du schreibst:

„So hat Heidegger geschrieben, und Seibert setzt sich natürlich als Kommunist mit der Frage auseinander, was davon zu halten ist, dass es die SA war, die vom NS-nahen Philosophen als „Generation“ apostrophiert und gar zum Stellvertreter „des Volkes“ umgefälscht wurde“

Ist es nicht besser zur Kenntlichmachung eines ausgemachten philosophischen und historischen Irrtums von Heidegger durchaus von seiner Deutungsmacht als SA Angehöriger wie Umdeutung, statt Um- Fälschung zu schreiben?

Weiter schreibst Du:

„Wenn heute von manchen behauptet wird, „1968“ sei die Wiederkehr des Impulses von 1933 gewesen, so lässt sich auf Seiberts Linie dagegen halten, dass die 68er gerade angetreten waren, es in der „Wiederholung“ radikal anders zu machen“

In diesem Zusammenhang weise ich auf die verhängnisvolle Wirkung von vermeintlichen und wirklichen Verschwörungen, regionalen wie globalen Ausmaßes und den daraus, zu recht, wie unrecht, sich wuchernd nährenden Verschwörungstheorien hin.

Die 68er Bewegung war vielleicht in Deutschland in Teilen, insbesondere in den Medien, angesichts der endlich beginnenden, fortgesetzten Ausschwitzprozesse, des gerade zurückliegenden Eichmann Prozesses in Tel Aviv (1961/62), dadurch genährt, dass ihr eine Verschwörungstheorie zugrunde lag, wie Götz Aly diese in seinem Buch „unser Kampf“, für meine Begriffe zu generalisierend, nahelegt.

Diese Verschwörungstheorie, die mir mehr als eine Empörungstheorie erscheint, bestand fälschlicherweise darin, dass insbesondere in Westdeutschland nach dem Zweiten Weltkrieg, den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen keinerlei Aufklärung über die NS- Verbrechen in den Medien, den Verlagshäusern, Schulen, Hochschulen der Bundesländer stattgefunden habe.

Was so generalisierend auf keinen Fall zutraf,

siehe Eugen Kogons Buch “Der SS- Staat“ u.u..

Was, angesichts der laufenden, wie verschleppten NS- Prozesse in der Bundesrepublik durchaus nachvollziehbar, war aber in der Wirkung verheerend , wie bei jedem Kampf um die Behauptung von Nicht stattgefundenen Verschwörungen, Regierungsverbrechen wie Verschwörungstheorien.

Die Wirkung besteht verhängnisvoll darin, dass sowohl die einen wie die anderen, willentlich wie unwillentlich, dem gleichen Ziel verpflichte bleiben, nämlich vom Grunde her alles weiter so laufen zu lassen, bis die Wahrheitsfrage, das „Wahrheitsereignis“ als „Patendlösung“ an einem Nimmerleinstag geklärt und aufgedeckt ist.

Aktuelles Beispiel sind die Verschwörungstheorien, die sich um Nine Eleven ranken, die sehr viel im berechtigten wie unberechtigten Argumentendes Gegeneinander, einen u ungeheuren medialen Aufwand an Aufmerksamkeit binden, während die offiziöse Politik, siehe US- Präsident Barack Obama “Yes we can!“ ungerührt so weiter, wie zuvor, verfährt.

Auch dem Kommunistischen Manifest liegtals Gründungs- Fanal der weltweiten Kommunistischen Bewegung eine „gelungene wie plausible“ Verschwörungstheorie zugrunde, die den Kampf der Kommunistischen Bewegungen letztendlich, neben allen gelungenen gesellschaftlichen organisierten Formationen und Aufbruchfwillen, nationaler und internationaler Arbeiterschaften über Jahrzehnte, im Kampf gegen angebliche und wirkliche Verschwörungen, als disziplinarischer Hammer in den eigenen Reihen versandend, bis heute wichtiger scheint, als die Veränderungen der Gesellschaften mit den konkreten Interessenslagen der Menschen vor Ort?

Karl Marx hat mit Engelszungen nicht von ungfähr und doch im hohen Maße vergeblich darum geworben:

“Es gilt nicht mehr, die Welt zu deuten, sondern es gilt die Welt zu verändern!“

Durch die Faszinationen, die von Verschwörungen, wie Verschwörungstheorien auf Menschen, auf der einen, wie auf der anderen Seite, ausgeht, besteht immer wieder und weiterhin die Gefahr, dass es nur beim Deuten, nämlich dem Deuten von Verschwörungen und Verschwörungstheorien im vergeblichen, wie fadenscheinigen Ringen um so genannte „Wahrheitsereignisse“ bleibt!

Während es zu Marx und Engels Zeiten, darum ging, im goßen Furor ujnd Bogen der fanrösischen revolution, der freiheitskämpfe in Norsamerika mit der Gründung der USA, einen Begriff von Menschenrecht begreifbar formuliet justiziabel gesellschaftspolitisch als verbrieftes Recht zu kommunizieren, exekutiv zu bewaffnen. geht es doch heute eher darum, eine, zum Teil auf nationaler wie internationaler Ebene klageunwillige Jurisprudenz, entschieden und robust aufgestellt, an ihre eigentliche Berufung und Bestallung zu erinnern.

JP

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Geschrieben von

Joachim Petrick

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Joachim Petrick

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