Willy Brandt "Life under the Waterline"

Geheimdiplomatie Treibende Kraft für den Aufbau, die Organisation und Pflege dieser geheimen Kanäle ist die Idee, die Brandt/Bahr Ost- und Entspannungspolitik, ins Gelingen zu bringen

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Willy Brandt, am 18, Dezember 1913 in Lübeck im Arbeiterviertel St. Lorenz als sogenannt uneheliches Kind einer Konsumverkäuferein unter dem Namen Herbert, Ernst, Karl Frahm geboren, wurde politisch, frühzeitig undercover, erst durch seinen Kampf gegen das SPD- Establishment der untergehenden Weimarer Republik, dann gegen das NS- Regime und im Kampf für die "Sozialistische Internationale" geprägt.

Herbert Frahm, der ab Mai 1933 im Untergrund, von NS- Chargen europaweit zur Verhaftung ausgeschrieben, 1938 offiziell in Abwesenheit durch die NS- Administration ausgebürgert wird, die norwegische Staatsangehörigkeit, dazu erst den Tarnnamen Gunnar Gaasland, dann Willy Brandt annimmt, ist als Lübecker Jung unter seinem politischen Ziehvater, Julius Leber (* 16. November 1891 in Biesheim, Elsass; † 5. Januar 1945 in Berlin-Plötzensee ermordet), Chefredakteur des Lübecker Volksboten, lebenslang, was politische und persönliche Beziehungen angeht, mit Fluchtinstinkt, "Sprung auf!" Marsch! Marsch! an der Wasserkante gebaut.

Erst 1947 erfuhr Willy Brandt aus als Mitglied der norwegischen Miltärmission in Berlin aus dem Exil zurückgekehrt von seiner Mutter in Lübeck, dass sein Vater ein sozialdemokratischer Lehrer, namens John Möller aus Hamburg ist.

Willy Brandts (18/12/1913- 8/10/1992) letzte Frau, Brigtte Seebacher, heute mit Hilmar Kopper, Ex- Vorstandsvositzender der Deutschen Bank, liiert, traut sich diessen Seelenverfassung auf folgenden Punkt zu bringen:

"Willy Brandt sei ein "Loner" gewesen, der sich immmer etwas abseits hält, es gerne hat, wenn man ihm nicht so schnell auf die Schliche kommt. Wie alle In- sich- Gekehrten mochte er das Gefühl, das andere an ihm herumrätselten, oder sich gar ein falsches Bild von ihm machten ".

Als Versuch einer psychologisierenden Annäherung an die Person Willy Brandts mag man diese Einschätzung wohl ansatzweise gelten lassen, aber biografische Mutmaßungen über frühe Prägungen eines Lebens im Untergrund und Widerstand gehen dabei unter.

War dieses Dasein als "Loner" nicht eine, aus der Not geborene, mühselig antrainierte Überlebensstrategie, die nicht nur als Vorsichtsmaßnahme dem Selbstschutz, sondern auch vorauseilend der Vermeidung von Verlustschmerz anderer im Falle seines Verschwindens, gar Todes, auf der Flucht erschossen, galt?

Dass diese Überlebensstrategie im Untergrund und Widerstand gegen den deutschen, italienischen, spanischen und portugiesischen Faschismus gleichzeitig Willy Brandts zweite Haut wurde, die viele seiner Freunde/innen, selbst seine eigenen Kinder auf Distanz hielt, formte sich zu einem kommunkativen Verhängnis aus, dass letztendlich auch eine tragende Säule seiner Kanzlerdämmerung im Mai 1974 im Wege der sogenannten "Günther Guilaume Affäre" darstellt.

Seine erste Ehe mit der Norwegerin, Anna, Carlota Thorkildsen, mit der er eine gemeinsame Tochter Ninja hat, wird nach zwei Jahren aufgelöst,

Willy Brandt wird später in seinen "Erinnerungen "Links und frei" 1989 andeuten, dass es ihn bis ins vorgerückte Alter eher zu älteren Menschen als Ratgeber zog, was ihn im Alter dann in gewisser Weise reute, weil viele dieser politischen Freunde/innen vor ihm starben.

In diesen Erinnerungen erwähnt Willy Brandt, als müsste er seinen Lebensweg immer noch, wie einst im Untergrund, verschleiern, seine Frau Ruth und ihre gemeinsamen drei Söhne, Peter, Lars, Matthias. mit keinem Wort.

Bereits als Außenminister verfängt Willy Brandt in der Großen Koalition aus CSU/CSU/SPD unter Führung des Bundeskanzlers Kurt- Georg Kiesinger, genannt "Silberzungen" im Gefühl selbst unter Partnern, Freunden im Haifischbecken zu sein, auf seine "Undercover Überlebensstategie" von einst und baldowert, neben offiziellen diplomatischen Kanälen, erst mit seinem Freund und Berater aus Berliner Tagen, Egon Bahr, Günter Gaus stösst später dazu, geheimdienstlich dichte Kanäle "Backchannels" in alle Welt, voran nach Washington, Moskau, London, Paris, Warschau, Ostberlin aus.

Treibende Kraft für den Aufbau, die Organisation und Pflege dieser paralell geheimen Kanäle ist die Idee, die Brandt/Bahr Ost- und Entspannungspolitik, gegen alle Widerstände Im Außenamt, in dem noch viele ehemalige NSDAP- Mitglieder bis in höchste Beamtenpositionen, Diplomatenposten weltweit den Ton angeben, ins Gelingen zu bringen

Dass Frank- Walter Steinmeier im Jahr 2010, nach Erscheinen der von dem Aussenminister a. D. Joschka Fischer 2005 in Auftrag gegebenen historischen Aufarbeitung der Zeit des Außenministeriums in den Jahren 1933- 1945, Willy Brandt wohlfeil vorhält, er habe als Außenminister (1966- 1969) nichts unternommen, "DAS AMT" auch nur ansatzweise von diplomatischen NS- Unrat zu befreien, offenbart weniger das politisch belastbare Bewusstsein Steinmeiers, denn seine Unkenntnis über den Seelenhaushalt eines Widerstandskämpfers vom Format eines Willy Brandt.

Im Wege des Fortschreitens der Neuen Ostpolitik erweist sich die alte "Undercover Übelebenstrategie" Willy Brandts, der Egon Bahr als Macher und "Sonderbotschafter" in geheimer Mission, federführend, beitritt, bis 1972/73 als zielführend und in Moskau, Warschau, Washington, selbst in Ostberlin von durchschlagendem Erfolg gekrönt.

Da diese Brandt/Bahr Geheimdiplomatie aber den Geheim- und Nachrichtendiensten vieler befreundeter und nicht befreundeter Länder Westdeutschlands nicht verborgen bleibt, fühlen sich vor allem Geheime Dienste in der SPD (Herbert Wehner mit seinem Emissär und treuen Eckard, Karl Wienand), in Moskau, Ostberlin zu geheimer Mission angestachelt, als es im April 1972 um das konstruktive Misstrauensvotum der CDU/CSU, unter Führung Rainer Barzels, gegen die Brandt/Scheel Regierung geht.

Gleichzeitig gehen Profiler ans Werk, die Psyche der Person Willy Brandts in Personalunion als Bundeskanzler und Widerstandskämpfer auszuforschen.

Das konstruktive Misstrauensvotum scheitert, weil, sowohl die SPD, sowie das Hauptamt für Äußeres (Generaloberst Markus Wolf) des Ministerium für Staatssicherheit (MfS) der DDR, als auch der KGB (Eine Million Dollar liegen für den Bestechung von CDU/CSU MdBs bereit, werden aber, lt. Aussage von Egon Bahr 2010, damals definitiv abgelehnt), mindestens zwei MdBs der CDU/CSU mit ca. 50.000 DM womöglich, abgestimmt, unabgestimmt, doppelt, bestochen werden.

Wer ist Egon Bahr, dass er grandios entscheiden kann, ob 1 Million Dollar Bestechungsgelder vom KGB eingesetzt, oder nicht eingesetzt werden können?

Egon Bahr offenbart sich da, bar jeder rechtlichen Vorstellung, dass selbst ein Gespräch über ein solches Ansinnen mit Vertretern einer ausländischen Macht, den Anfangsverdacht von Hoch- und Landesverrat nährt, auch wenn Bahr dieses Ansinnen entschieden zurück gewiesen hat, wie er betont, ohne den Geheimdienstkoordinator im Bundeskanzleramt, damals Professor Horst Ehmcke über diesen Kontakt der besonderen Art in Kenntnis zu setzen.

Als gebranntes Kind des gescheiterten deutschen Widerstandes gegen das NS- Regime, Kämpfer und später Präsident der "Sozialistischen Internationalen", Vorsitzender des Nord- Süd- Kommission (Club of Rome "Grenzen des Wachstums") ahnt Willy Brandt, dass das Scheitern des konstruktiven Misstrauensvotums, wie auch immer zustande gekommen, zwar zunächst erfreulich scheint, aber einen unkalkulierbar hohen Preis haben wird.

Was wäre denn schon passiert, wenn das konstruktive Misstrauensvotum gelungen wäre?, 1973 wären ohnehin Neuwahlen zum Bundestag gewesen.

Aber jetzt scheint es, dass da ein Riesenrad namenloser Seite gedreht wird, an deren Speichen für Willy Brandt als Bundeskanzler kein Platz mehr sein könnte?

Zwei Jahre später wird dieser hohe Preis, gleichzeitig von völlig unabhängigen Akteuren, aus ganz unterschiedlichen Motivlagen, aber gleichem Ziel, durch die welke Blume von angeblichen "Frauengeschichten" Willy Brandts im Kanzleramt, präsentiert, nämlich, diesen und folgende Bundeskanzler, verdeckt als eigenen Berliner Bären, am Nasenring geführt, auf dem Internationalen Parkett tanzen zu lassen

Insofern mag der Entschuldigungsbrief von Markus Wolf (1926- 2006) an Willy Brandt im Jahre 1989 nach dem Berliner Mauerfall wohl ehrlich gemeint sein, wenn er da den Rücktritt Willy Brandts als Bundeskanzler am 6. Mai 1974 von Herzen bedauert

Im Juli 1973 begleitet der DDR- "Kundschafter des Friedens", Günter Guillaume Kanzler Willy Brandt mit Familie, Leibwächtern und Helfern vier Wochen lang in den Urlaub nach Norwegen.

Mit dabei ist der Bundesnachrichtendienst (BND), der auf Drängen des SPIEGELS in diesem Jahr seine Akten zu dem Vorgang geöffnet hat.

Willy Brandt streifte stundenlang in Begleitung von seinem persönlichen Referenten, Günter Guillaume, durchs Gebüsch, ins Unterholz, zum Grün, um Pilze und Moltebeeren zu sammeln.

Es sollten Willy Brandts letzte Sommerferien als Bundeskanzler der sozialliberalen Koalition sein.

Günter Guillaume, damals 46, ein Ur-Berliner von äußerst achtsam dienstbeflissener Loyalität, bekam in Norwegen, lt. geöffneter BND Archive, erstmals geheime Dokumente zu Gesicht, etwa einen Brief von US-Präsident Richard Nixon an Brandt. Das Mitlesen habe ihn in Hochstimmung versetzt, führte er doch ein Doppelleben: Der Mann aus Brandts Stab war DDR-Spion.

So die vom BND allgemein kolportierte Version.

Was aber, wenn es unter den nationalen Gruppen der "Sozialistischen Internationalen" seit der Oktoberrevolution 1917 in Russland schon immer vertrauensbildende Paralell- Kanäle gab und Günter Guillaume inoffiziell bei Bundeskanzler Willy Brandt als Verbindungs- und Vertrauensmann des MfS in der DDR, sozusagen, akkreditiert war?

Wer hatte da ein Interessse, diese im Wege der Neuen Ost- und Entspannungspolitik so erfolgreichen Paralellstrukturen

"Geheimer Kanäle"

westdeutscher Diplomatie unter Führung Bundeskanzler Willy Brandts zu torpedien, oder gar zu einseitig eigenen Gunsten zu instrumentalisieren?

Weil das "Torpedieren", bei Gefahr des Geheimnisverrats im Amt, so direkt nicht ging, wurde die öffentiche Meinung 1974 zu Lasten Willy Brandts mit diesen angeblichen "Frauengeschichten" aus dunklen Quellen(u. a. SPD/BND/DER SPIEGEL?) angefettet.

Das war dem SPD- Fraktionsvorsitzenden Herbert Wehner, selbst Egon Bahr, Ruth Brandt Anlass genug, Willy Brandt, aus ganz unterschiedlichen Motiven, zu drängen, in dieser Kanzlerangelegenheit durch seinen Rücktritt Verantwortung zu übernehmen, weil er sonst von den Medien seelisch zerrissen und im Ansehen irreversibel zerfleddert würde?

Insbesondere Egon Bahr mag es im Namen des, weitgehend ungestörten, Fortgangs der Entspannungspolitik der Ost- Westblöcke im Kalten Krieg, um den Preis des Rücktritts Willy Brandts vom Kanzleramt als kleinerem Übel, darum gegangen sein, dass auf keinen Fall die Brandt/Bahr Geheimdiplomatie Gegenstand öffentlicher Erörtung mit der Folge der Anberaumung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschussen (PUA) durch die Opposition aus CDU/CSU wird.

Der Fall Günter Guillaume gilt als einer der größten Agentenskandale in der deutschen Geschichte; die Enttarnung des Spions trug angeblich maßgeblich zum Rücktritt Willy Brandts am 6. Mai 1974 vom Kanzleramt bei.

Was ist, wenn der Rücktritt Willy Brandts mit keinem Agentenskandal verbunden ist, sondern ein weiteres ungeschriebenes Kapitel weltweiter Geheimdiplomatie füllt, die sich bei Gefahr ihrer Aufdeckung, wahllos hochrangige Opfer sucht?

Am 18, Dezember 2013 wäre Willy Brandt 100 Jahre alt geworden.

Ich denke, mit der Person Willy Brandts sind wir auch in weiteren 100 Jahren längst noch nicht fertig,
JP

http://www.exilarchiv.de/Joomla/index.php?option=com_content&task=view&id=1708&Itemid=66

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-84061016.html

ZEITGESCHICHTE

Fernschreiben im Wäschefach

Von Wiegrefe, Klaus

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-71261409.html
05.07.2010
ZEITGESCHICHTE
Groteske Lage
Von Wiegrefe, Klaus

http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/2155213/
25.06.2013 · 08:10 Uhr
Die Zentrale des Bundesnachrichtendienstes (BND) in Pullach (Bild:

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Joachim Petrick

Aktuelles: Meine sichere Route- Refugee-Airlift - Petition "Luftbrücke für Flüchtlinge in Not" an die MdBs des Bundestages erhofft Debatte

Joachim Petrick

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden