Warum es keine alternativen GELDREFORMEN braucht
Bevor der Staat nicht verschwindet und wir endlich wieder zu kleinen Solidargemeinschaften zurückkehren (vgl. dazu Martin van Creveld) ist eigentlich niemals Ruhe im Karton.
Denn der Staat ist eine a-menschliche Erscheinung, die vor ca. 5000 Jahren durch Waffenmachtausübung entstanden ist. Leider haben wir nichts anderes mehr, und da gibt es kein Zurück mehr.
Denn in kleinen Solidargemeinschaften zu produzieren, hieße autark zu produzieren (profitlos zu produzieren) mit allen Konsequenzen, vor allem einen niedrigen Lebensstandard, weil alles teurer wird. Denn ein autarkes Land kann nur ein begrenztes Güterangebot bereitstellen und steht laufend im Außenhandel, schon allein wegen der benötigten Rohstoffe und Vorleistungen. Es hätte auch keinen Zugriff mehr auf externe Investoren und somit wäre die interne Kreditschöpfung sehr begrenzt, der Wohlstand insgesamt ginge zurück.
Da wir aber heute arbeitsteilige Hyperkollektivgesellschaften sind, die überwiegend auf Basis von Privateigentum wirtschaften und alle auch irgendwo vom Kapitalmarkt abhängen, müsste Wirtschaft durch einen neuen Gesellschaftsvertrag „sozialistisch" bzw. kooperativ organisiert werden, um den Zwängen des Marktes und dessen Störungen zu entkommen.. Das gilt auch für die transnationale Wirtschaft/Produktion.
(Unter Kooperation meine ich nicht Kooperation zur Steigerung der Profite und Marktmacht im Wettbewerb).
Ob und wann sich der Kapitalismus zukünftig erneut in einen staatlichen Sozialismus umwandeln wird, aber in anderer Form als in der DDR, steht in den Sternen.
Ich will nur deutlich machen, dass jeder alternative Geldansatz mit freien Markt und Privatwirtschaft bzw. Kapitalismus nicht vereinbar ist und schon gar nicht in offenen globalen und anonymen Volkswirtschaften.
Terminloses Wirtschaften (ohne Zins) oder ohne Marktmacht und Akkumulation gibt es nur in Solidarstämmen-/Familien oder sozialistischen Kollektiven/Genossenschaften, wo kein Wettbewerb aber Vertrauen herrscht – Ich nenne das hier Produzieren im Gegensatz zum Wirtschaften. Aber selbst dort gibt es (allerdings gemeinsame) Erfüllungstermine.
Wenn es dann mal soweit ist, und die Wirtschaft sozialisiert wird, dann geschieht das sowieso aus systemischen Zwängen heraus bzw. durch politischen Konsens sprich einen neuen Gesellschaftsvertrag, weil alle kollektiv erkennen, dass Wirtschaft über Märkte nicht mehr funktioniert, und über diese Märkte nicht mehr Einkommen für alle gesichert werden können. Es kommt folglich zu immer mehr Verteilungskämpfen, was sich heute immer mehr andeutet, oder halt zu freiwilligen Verteilungen.
Doch wenn freie Märkte dann irgendwann nicht mehr funktionieren, schon deshalb, weil die privaten Nachschuldner ausgehen, dann braucht es die ganzen Mätzchen mit Negativzins etc. gar nicht. Dann braucht es noch nicht mal Geld und es gibt auch keinen Zins bzw. Profit.
Es braucht auch keine unzulässigen Simplifizierungen, dass unsere Schulden aber doch auch Guthaben haben und wenn wir alle irgend etwas erfinden würden, dass die Guthaben zu den Schulden treibt, dann sinkt die Verschuldung und die Wirtschaft wird wieder stabil. Dass das verkürzter Unsinn und reine Theorie ist, konnte ich in anderen Beiträgen schon schlüssig darstellen.
Private Schulden sind zudem immer eine Wette auf die Zukunft auf freien Märkten, sowohl für Kreditnehmer als auch für Gläubiger, die halt aufgehen kann oder nicht. So lange sie aufgeht, können beide profitieren, ob nun Unternehmen, Haushalt oder Staat. Und profitieren können alle solange, wie gewirtschaftet wird und laufend Neuverschuldungszwang/-drang geschaffen wird.
Der Kreditnehmer profitiert beim Kredit sofort, weil er sofort Kaufkraft hat mit dem Kredit und er Zeit gekauft hat zum wirtschaften. Nun kann er sofort Umsätze machen und Einkommen erzielen, was es sonst nicht könnte. Er muss aber über den Wettbewerbsmarkt an die wertvollen Schuldentilgungssmittel herankommen, indem er sein Angebot interessant macht auf dem Markt und (künstliche) Nachfrage schafft, das gilt sowohl für ganze Staaten als auch für einzelne Unternehmer. Führt sein Kredit nicht zur Produktivitätssteigerung, muss es irgendwann auf Schuldner- und Gläubigerseite ausgebucht werden, was eigentlich kaum tragisch ist oder weniger dramatisch, würden nicht künstliche Kreditblasen geschaffen, zum Teil über den Finanzmarkt, der ganz neue Schatztruhen öffnet, also auch über Staaten, die sich zu leichtfertig verschulden. Dadurch kann die deflationäre Fallhöhe irgendwann heftiger ausfallen.
Der übermäßige Aufschuldungszwang bzw. die Kreditblasen hingegen entstehen nicht wegen der Guthaben, die verspätet konsumieren. Will man mehr allerdings mehr Stabilität, müsste man die spekulative Kreditschöpfung begrenzen und einen wirksamen fiskalischen Keynesianismus betreiben. Das gestaltet sich aber wegen der Globalisierung immer schwieriger. Keynesianismus funktioniert am wirkungsvollsten in geschlossenen Volkswirtschaften oder halt durch internationale Kooperation, was sich schwierig gestaltet, wenn Staaten selbst untereinander im Wettbewerb sind und um Profite und internationales Kapital ringen.
Auch „Vorratssparen" /Gutscheinsparen für das Alter, was ich schon alles gelesen habe, kann der Geldvermögensakkumulation (Ansparen von Forderungen) nicht aushebeln im Kapitalismus; es sind sozialistische Modelle, wo alle gemeinsam haften und kein Wettbewerb zwischen Unternehmen besteht.
Dann würden die Unternehmen (z. B. Infrastruktur wie Energie und Verkehr u. ä.) vergesellschaftet und alle könnten Anteile sparen an diesen Unternehmen, indem sie ihr Geld dorthin geben und Fahrscheine oder kwh ansparen. Natürlich ohne Dividenden und Zins. Alles andere wäre wieder kapitalistisch.
Doch dann bräuchte es eigentlich kein anonymes Geld mehr, sondern nur noch Bezugsscheine (wie das „Nichtgeld") in der DDR.
Geldreformer unterliegen nun dem Irrtum, man könnte den globalen Kapitalismus entweder „reparieren" oder gar aushebeln bzw. die Gesellschaft transformieren, indem man die Geldschöpfung verändert, entweder ohne Banken oder mit einer staatlichen Vollgeldbank.
Bei letzterer haben schon die Monetaristen schlechte Erfahrung gemacht, dass sie die Geldmenge bzw. Booms und Busts nie effektiv regulieren konnten. Schon gar nicht in großen und offenen Volkswirtschaften, wo Kapitalströme kaum noch zu regulieren sind. Und nun kommen tatsächlich einige daher und meinen, mit ein paar Stellschrauben (Negativzins und Kreditsteuer oder BGE) ginge das plötzlich und man könnte stets ohne Deflation und ohne Instabilität wirtschaften. Schade, dass das nur Gehirnmodelle sind, die zwar in sich tautologisch immer stimmen und auf den ersten Blick schlüssig erscheinen – ähnlich wie mit der mathematischen Neoklassik, die in sich ja auch schlüssig und stimmig ist – aber mit der Realität oftmals halt wenig zu tun hat.
Geschäftsbankenloses Geld hingegen unterliegt einem Vertrauens- bzw. Akzeptanzproblem, aber auch einem Kontrollproblem hinsichtlich der Geldschöpfer und der regelmäßigen Leistungserfüllung des Kreditnehmers. Von daher funktionieren diese Währungen auch nur komplementär in Anlehnung oder Parität an große staatliche Währungen.
Überall wo Kapitalismus und vor allem Anonymität und Konkurrenz herrscht, werden sich von daher auch Banken immer zwangsläufig mitentwickeln. Denn trotz Bankenkrisen sind Banken immer noch der sicherste Schuldner.
Die Banken finanzieren für die Wirtschaftenden illiquide Aktiven mit liquiden Passiven (ihre Schulden gegen sich selbst) Sie produzieren für die Wirtschaft Liquidität und sind damit eigentlich immer illiquid. Nur das Vertrauen der Einleger und anderer Geldgeber verhindert, dass eine Bank illiquid wird. Das Vertrauen wird zusätzlich gestärkt durch die Zentralbanken.
Geschäftsbanken sind ergo generell dazu da, private Schulden zu übernehmen in einer anonymen Wirtschaft! Ihre Hauptfunktion ist ja eben genau das Schuldenmanagment – das ist geradezu ihr Zweck, was die Privaten unter sich, die sich alle nicht kennen, halt nicht erfüllen können.
In einer anonymen Wirtschaft, welche auf Eigentum, Vertragsfreiheit und Schuldrecht basiert, bilden sich somit gezwungenermaßen auch immer Banken, welche für uns alle laufend Liquidität schafft, die wir sonst nicht hätten, da in einer anonymen Wirtschaft keiner dem anderen traut und kennt.
Und dadurch können sich die Wirtschaftenden Zeit erkaufen, wofür sie auch bereit sind, Zinsen zu zahlen.
Das Bankensystem incl. Zentralbank als oberste Kontrollinstanz liefert dazu Prüfungs- und Besicherungsmechanismen, um die Schulden der anonymen Kaufüberschüssler (vor allem auch international) übertragbar zu machen und auch das Thema TERMIN darzustellen, ohne dass jede Schuld ein Geschenk ist.
Gerade deshalb, weil das aus der Schuld empor gehobene Geldsystem (Machtsystem) nur mittels dem „Vertrauen in das Geld", d. h. in das Recht aus dem Inhaberpapier, funktioniert, bedarf es einer kontinuierlichen Besicherung der Geldauszahlungen und Zession von Guthaben über gesetzliches Zentralbankgeld (das Hinterlegungsprozedere von Staatspapieren / Kredititeln inkls. für die Haftung tauglichen Sicherheiten). Wären die öffentlichen Haushalte nur zum Ende einer Steuerperiode zur Besicherung verpflichtet, dann würde dieses Grundfundament des zweistufigen Zentralbanksystems zerbrechen. Denen, die Ansprüche gegen das EURO-Währungsgebiet halten, wäre jegliches Vertrauen in die Haftbarkeit der Schuldner innerhalb der EURO-Zone genommen.
Die Masse giert heute nach dem dreifach besicherten Monopolgeld, um sich entschulden zu können.
Waren und Dienstleistungen erbringt niemand ohne sich zu verschulden, in Vorleistung zu treten. So rollt die ganze Nummer an. Ein ständiges Versprechen, dass morgen mehr da ist, als gestern. Und siehe da, das Gehalt kommt am Monatsende. Nicht wegen der Waren und Dienstleistungen, auch wohnte es nicht in einer Maschine oder einer Kuh, sondern weil die Produktions- und Dienstleistungsketten unserer Weltwirtschaft sich vorfinanzieren (bei anderen verschulden) konnten und dieses gültige Versprechen (Geldschuld) an dich abgeben.
Und weil nicht jeder jedem seinen Glauben schenkt, gibt es Geld, welches nichts anderes ist als umgewandelte bzw. gespiegelte Schuld. Wer in diesen Spiegel blickt, wer Geld in seiner Hand hält, der hat das Vertrauen, der hat „Sicherheit" zumindest weitgehend und auch erst mal in der Zukunft. Denn letzteres wird von höchster Stelle und durch die Masse der Haftenden besichert, dadurch, dass wir alle unsere „Anrechte am Eigentum" abtreten und Kreditinstitute diese bei den Zentralbanken hinterlegen.
Unser System ist insofern alternativlos, als dass wir nicht fähig sind, einen gemeinsamen Gesellschaftsvertrag zu bilden bzgl. der Ressourcenverteilung.
Indem man hingegen das Geld ändert, ändert man nicht die grundlegenden Probleme, welches sich aus dem globalisierten Kapitalismus und der (trans-) nationalen Konkurrenz ergeben bzw. dem Misstrauen unter den anonymen
Wirtschaftenden und die Unfähigkeit zur Autarkie. Zumal Menschen von Kind an das heutige System mit all den Verheißungen konditioniert werden. Durch eine Geldänderung wird die Konditionierung jedenfalls nicht aufgehoben.
Insofern sind diese ganzen Geldreformmodelle für mich nur folkloristische Augsburger Puppenkiste, welche vor allem Selbstdarstellern eine Bühne bieten, aber keine praktischen Lösungsansätze bieten.
Zumal jeder sein eigenes Süppchen unter diesen Grüppchen kocht und seine eigene Ideologie hat.
Eine Transformation der Gesellschaft von unten her halte ich sowieso immer mehr für fragwürdig. Die großen Weichenstellungen und gesellschaftlichen Veränderungen werden doch eher politisch gefällt werden müssen und die Überwindung des Kapitalismus wird sich doch eher, wie schon gesagt, durch externe Zwänge ergeben, wenn alle merken, es geht nicht mehr.
Meine Prognose:
Solange die Mehrheit noch materiellen Wohlstand hat, und solange es noch Wachstum und Märkte gibt, wird das ganze Spiel noch ein paar ordentliche Runden machen.
Die Transformation wird nicht durch neue Geldmodelle eingeleitet, welches uns nur neue Probleme bereiten würden, sondern u.a. durch neue Technologien, welche die systemischen Zwänge zur gesellschaftlichen Transformation herstellen werden, wenn die Geldmenge immer knapper wird und immer mehr Befreiung aus dem ersten Arbeitsmarkt stattfinden wird, was zu vermehrten Nachfrageausfällen führt. Der Staat wird mit immer mehr staatlich unterstütze Arbeitsplätze alimentieren oder steigende Sozialleistungen und Renten zahlen müssen.
Die Staaten werden irgendwann gezwungen sein, fiskalisch aber auch geldpolitisch zu kooperieren, was sich jetzt schon ansatzweise andeutet.
Gruß
Kommentare 26
Meine Prognose: Reichlich fiese Kriege fast überall als künstliche Beatmung der Corporativen Dominanz, sehr viel irreversible Umweltzerstörung durch nukleare Techniken und Waffen, sukkzessives Abkoppeln und Abfallen von überflüssigen oder resistenten Regionen aus der industriellen Dominanz. Dort Übergang zur mehr oder weniger solidarischen Subsitenzwirtschaft ohne Markt und Geld.
Mit etwas guten Willen könnten man auch direkt zur Solidarökologioe übergehen und große Schäden und Verluste vermeiden, aber es gibt keinen guten Willen in der "Entscheidungetage" eines auf Hybris beruhenden Glaubenssystems.
Übrignes: An Technologie kann man wirklich nur glauben, denn es ist Herrschaftswahn. Die Realität bleibt Ackerbau.
..."Die Staaten werden irgendwann gezwungen sein, fiskalisch aber auch geldpolitisch zu kooperieren, was sich jetzt schon ansatzweise andeutet"...
Das Gegenteil ist der Fall, kann ich mal so aus dem NAFTA und Mercosur - Gebiet vermelden. Da hackt sich die eine Kraehe der anderen das Auge aus um transnationale Global - Player am Heimatstandort zu gewinnen und zu sichern...
Ich kopier hier mal meinen Kommentar rein, den unser lernresistenter prom. Ökonom ohen ersichtlichen Grund weggeklappt hat. Er bezog sich auf Ihre sehr interessante, aufschlussreiche Erklärung zum Aufschuldungszwang, passt aber vom Thema eher in diesen Thread.
Vielen Dank, super Erklärung.
Im Prinzip treffen Sie damit aber auch die Kernaussage von Hyman Minsky - Der Kapitalismus muss zwar nicht zusammenbrechen, er tut es aber doch - siehe auch seine Financial Instability Hypothesis.
Die Grüne für die Aufschuldung sind systeminhärent. Sie sind zwar nicht in der "fehlenden Zinsschöpfung" per se geschuldet, sondern den von Ihnen genannten Wachstumszwängen, sowie der prozyklischen Kreditvergabe (in guten Zeiten werden Kredite auch für riskantere Vorhaben vergeben, in schlechten wird bekommen nur die risikoärmsten Vorhaben ein Geld).
Dieser Kapitalsimus Marke Schuldgeldsystem führt unweigerlich in eine Schuldendeflation. Geld, das als Kredit entsteht ist Geld auf dem Prinzip Hoffnung. (Hoffnung, dass das vorfinanzierte Vorhaben auch gelingt). Mit der Zeit sammeln sich die schlechten, für unproduktive Vorhaben vergebene Kredite im System an und landen am Finanzmarkt. Es gibt in diesem System keinen Automatismus, der diese schlechten Schulden bereinigt, das macht erst der Bankrott des kompletten Finanzsystems. Und das wird momentan mit noch mehr Schulden versucht zu retten, da Kredite und Geld dasselbe sind und bei einem Zusammenbruch der Schuldner (Banken) auch der gesamte Zahlungsverkehr zusammenbricht. Diese Schuldenlast ist schlicht und einfach nicht tragbar.
Welche Möglichkeiten gibt es also, diese schlechten, uneinbringlichen Schulden aus dem System zu entfernen, um das ganze Schuldenkarussel wieder von vorne anzufangen?
a) Inflationieren (Notenbank schenkt jedem Geld, sagt "Zahl deine Schulden ab) und streicht die Forderung dann aus ihren Büchern
b) Steuererhöhungen (zB Reichensteuern werden eingehoben, die Gläubiger - also wieder die Reichen - werden ausbezahlt - also linke Tasche, rechte Tasche, die Reichen zahlen sich ihre Zinsen am Ende selbst -- oder aber die Masse wird ausgeblutet und die Reichen werden reicher)
c) Schuldenschnitte - unkontrolliert durch Bankrott, oder geregelt. Das scheuen die Reichen und Mächtigen wie der Teufel das Weihwasser. Denn bei Schuldenschnitten haben Gläubiger am meisten zu verlieren.
Bleibt also der Versuch, unproduktive Kreditvergaben von vornherein zu verhinden, um das ganze Aufschulden erst gar nicht zu ermöglichen. Belehnlimits für Immobilien werden da genannt - sicherlich nicht übel, jedoch ist das wiederum das gleiche wie mit der Unternehmensbesteuerung. Lokale Gesetzgebung vs globale Unternehmen. Das Kapital ist frei, dieser Kampf, falls es je einer war, ist längst verloren. Solange Geld Macht bedeutet und es keinen authoritären Superstaat gibt, der das Finanzkapital an die Kandare nimmt, ist das demokratisch nicht durchführbar.
Wie mans auch nimmt, der freie Schuldgeldkapitalismus steuert regelmäßig auf einen Reset zu. Das Verhindern dieses Resets durch die Mächtigen führt unweigerlich zur Abschaffung der Demokratie und sozialen Unruhen oder Kriegen.
Vollgeld würde den Kapitalismus dieser Prägung tatsächlich beenden. Es wäre ein anderer Kapitalismus, eher mit einer Tauschwirtschaft zu vergleichen. Es wäre ein Aktivgeld, kein Schuldgeld, ähnlich wie Gold, hätte jedoch nicht das Problem der physischen Knappheit.
Die Zentralbank würde potenzialorientiert das Wachstum bestimmen, innerhalb der Wirtschaft würde der Wettbewerb sich um dieses Wachstum streiten. Da es zinslos und für produktive Tätigkeiten originär in die Wirtschaft eingeschleust werden würde, wäre hier schon mal das größte Problem der privaten Geldschöpfung beseitigt - die originäre Kreditvergabe für Vermögenspreisspekulation.
Sollte der von der Zentralbank geschaffene Vollgeldpool einer stärkeren Nachfrage gegenüberstehen, gäbe es aber im Vergleich zum Goldstandard zB keine Geldknappheit. Die Banken könnten zur Zentralbank gehen und zusätzliche Kredite beantragen, für die sie dann auch Zinsen bezahlen müssen.
Gedeckt ist das Vollgeld durch die Nachfrage danach, da Steuern nur in Vollgeldwährung beglichen werden können.
Ich komme übrigens immer mehr zu folgender Ansicht:
Die neoklassische Mainstreamtheorie hat zwar mittlerweile sehr fortgeschrittene udn komplexe Modelle, ist aber grundsätzlich falsch, da sie Geld als Tauschmittel (veil over barter) sieht und einen Gleichgewichtsfetisch hat. Ein Gleichgewicht kann sich jedoch wenn dann nur bei exogener Geldschöpfung einstellen, wo sich die Kaufkraft des Sparers aufgrund einer Kreditaufnahme eines anderen reduziert - also in einem Vollgeldsystem.
Ich habe keine Befürchtung, dass Vollgeld eine totale Katastrophe für die Wirtschaft wäre, eher glaube ich sehr wohl an dessen reichlich positive Effekte. Was ich interessant fände, wäre jedoch die Überlegung, welche Auswirkungen es bei der Einführung von Vollgeld in einem Land geben würde, das offenen Handel mit anderen Schuldgeldländern betreibt, also ob die Einführung von Vollgeld global passieren müsste, um seine Wirkung nicht zu verfehlen.
«Die Staaten werden irgendwann gezwungen sein, fiskalisch aber auch geldpolitisch zu kooperieren, was sich jetzt schon ansatzweise andeutet.»
Nicht nur die Staaten, auch Unternehmen werden mehr kooperativ zusammen arbeiten müssen, statt zu konkurrieren. Was für Staaten und Unternehmen gilt, kann für die Zivilgesellschaft nicht verkehrt sein, also mehr WinWin Strategie miteinander, als Nullsummenspiel, bei dem einige viel gewinnen und viele verlieren.
In der Verwendung von Ausdrücken, die unsere Zukunft beschreiben sollen, schlage ich vor, die belasteten Ausdrücke zu lassen und neutrale zu wählen, Beispiele:
sozial statt sozialistisch
kooperativ statt Fusion oder Kartell
Aus Kostengründen werden tief gestaffelte Hierarchien sich verschlanken müssen und mehr in Netzwerken arbeiten - die BRD könnte da eigentlich schon mal anfangen.
Zum eigentlichen Thema einer Geldreform sehe ich bisher auch kein Land, Island (330.000 Einwohner, vergleichbar einer mittleren Großstadt in D) wird da keinen Trend setzen, dafür sind die Entscheidungsstrukturen in Island wesentlich kleiner, als hier allein in einem Bondesland, geschweige denn im übergroßen Schachteldampfer BRD.
Innovation ist immer auch eine Frage der strukturellen Größe und den damit verbundenen Laufzeiten von Entscheidungen; genau aus diesem Grunde hatte der Ostblock nicht funktioniert, das ZK war damit überfordert.
«Die Realität bleibt Ackerbau.»
Im Prinzip ja, aber der Umbau der Wirtschaft wird auch nicht durch urban Gardening entschieden werden; der Beitrag zum BIP beträgt in D bei der Landwirtschaft ca. 0,75%, der Beitrag von Finanz- und Versicherungswirtschaft ca. 4%.
BIP interessiert ab einem bestimmten Moment keinen mehr. Und "urban gardening" meinte ich nicht unbedingt, obwohl Havanna sich zB. zu 90% selbst ernährt - eine Million Einwohner.
Das BIP ist nur das Spiegelbild von Tätigkeiten; zugegebenermaßen unterschiedlich bewertet; auch mit viel zu aufgeblasenen Abgaben belastet, weil die Sesselpupser nix mehr zuwege bringen (nicht mal ein Fluchplatz wird fertig); aber Maschinenbau, Chemie etc. werkeln doch einiges zusammen.
Diese Struktur kam nicht plötzlich und wird ebenso plötzlich nicht zu ändern sein.
Wenn ich bereits im Teaser Martin van Crefeld lese, erwarte ich natürlich etwas Butter bei die Fische; gut, die gabs nicht, habe ich also selbst mal Rezensionen seiner aktuellen Bücher gelesen - kdv.
ZItat[...]Vollgeld würde den Kapitalismus dieser Prägung tatsächlich beenden. Es wäre ein anderer Kapitalismus, eher mit einer Tauschwirtschaft zu vergleichen. Es wäre ein Aktivgeld, kein Schuldgeld, ähnlich wie Gold, hätte jedoch nicht das Problem der physischen Knappheit[...]"
Leider haben Sie viele Argumente aus meinem Artikel ignoriert, welche die Vollgeldideee eher untauglich machen.
Und wie wollen Sie überhaupt Ihre „Tauschwirtschaft" herrstellen?
Ich hatte ja oben geschrieben: Terminloses Wirtschaften (ohne Zins) oder ohne Marktmacht und Akkumulation gibt es nur in Solidarstämmen-/Familien oder sozialistischen Kollektiven/Genossenschaften, wo kein Wettbewerb aber Vertrauen herrscht – Ich nenne das hier Produzieren im Gegensatz zum Wirtschaften.
Durch die Einführung von staatlichen Buchungszeilen ist das Wirtschaftssystem mit all seinen Marktstörungen und Ungleichgewichten immer noch das gleiche. Und die Nichtbanken können ihre Guthaben immer noch unproduktiv verwenden
Und Knappheit ( an Geldbasis) gibt es ständig und überall. Allein schon durch die globalen Marktungleichgewichte.(kann teilweise durch Clearing abgemildert werden)
Der (anonyme) Kollektivismus – egal in welcher Ausprägung – ist imho ein Systemfehler. Dieser Fehler lässt sich mit Vollgeld nicht beseitigen.
Die ZÖSS Studie zeigt auf, dass nicht die Geldschöpfung an sich zu problematisieren ist, sondern der Wachstumszwang eine Folge einkommensabhängigen Sparens in Kombination mit einem über den Vermögensmarkt zu bestimmenden Zinssatz ist.
Obwohl ich generell nicht das Sparen als Aufschuldungsursache sehe, sondern generell die Neigung zum credit boom bzw. prozyklisches Verhalten. Hier spielen die Finanzmärkte eine bedeutene Rolle, wenn man Finanzprodukte bzw. Forderungen immer wieder neu hebeln kann.
Auch meine Punkte 1-4 ( Verschuldungszwang) lassen sich nicht durch Vollgeld beseitigen. Es braucht laufend Kredit in einer Eigentumsökonomie.
(Danke noch für Ihre Ergänzungen)
[...]Es wäre ein Aktivgeld, kein Schuldgeld,[...]
Auch die Emission von „Aktivgeld" beinhaltet Erfüllungstermine. Von daher kann es nie Aktivgeld geben. Geld ist vom Wesen her immer passiv., egal ob Kreditgeld oder „Warengeld". Entscheidend ist, was für Leistungsverprechen hinter den Krediten stehen.
Hinter Geld steht also stets eine aktive Nominalforderung die passiv als Geld in den Umlauf gebracht wird.
Jede Nominalforderung ("Geld" inclusive) ist "Vermögen" für den Gläubiger, eigenkapitalmindernde "Verbindlichkeit" für den Schuldner. Und selbst wenn es für den Unternhmer nur eine Vebindlichkeit ggü. seinem Eigenkapital ist. Er muss unbedingt laufend Waren produzieren.
Gesamtwirtschaftlich aber existieren die Nominalforderungen vermögensmäßig gar nicht, sondern nur Sachvermögen.
Sondern es entstehen Forderungen und Verbindlichkeiten, d.h. RISIKOZUWEISUNGEN. Und um diese Risikozuweisungen, NICHT um irgendwelches "Geldvermögen", dreht sich die gesamte Wirtschaft.
Oder fallen deine Tauschgüter gar von den Bäumen? Also der „kollektive Kredit"? Dann sind wir vollständig im Sozialismus.(DDR 2.0). Wir produzieren also gemeinsam, und eine Staatsbank gibt die Tauschzettel dazu heraus. Hat aber mit Geld nichts zu tun. DDR-Geld war Nichtgeld.
[...]Die Zentralbank würde potenzialorientiert das Wachstum bestimmen, innerhalb der Wirtschaft würde der Wettbewerb sich um dieses Wachstum streiten[...]
Wie kontrollierst DU die globalen Geldströme und Marktmacht?
Streiten tun sich die Untermehmen auch heute schon.
Durch die Geldverknappung würde es zu Deflation/Rezesison kommen. Und dagegen kämpfen wir doch heute an. Dass Nichtbanken auch unproduktive Kreditpostiionen aufbauen, können Sie nicht durch Vollgeld vermeiden.
Und ob Banken das machen können, da reicht doch ein Trennbankensystem.
Global vernetzte Volkswirtschaften lassen sich mMn geldpolitisch nicht steuern und strukturelle Probleme sich so nicht lösen.
Diese Modelle von stationären Wirtschaften taugen daher nicht.
Wie willst Du die Akkumulation und Verwendung der Guthaben steuern? Und warum geht das heute nicht und sollte mit Vollgeld prlötzlich gehen? :-)
[...]Da es zinslos und für produktive Tätigkeiten originär in die Wirtschaft eingeschleust werden würde, wäre hier schon mal das größte Problem der privaten Geldschöpfung beseitigt - die originäre Kreditvergabe für Vermögenspreisspekulation.[...]
Diese spekulativen Hebelkredite werden überwiegend (!) durch Schattenbanken geschaffen oder durch Banken als Treuhänder i.A. von Nichtbanken.
Man muss nur die Schattenbanken regulieren (höhere EK-Quote)
Die haben immerhin ein Volumen von ca. 75 Bio. Dollar bzw. verbieten, dass Schattenbanken Kredite bei Geschäftsbanken bekommen
Es wurden zudem riskante Wertpapiere von Geschäftsbanken in die Schattenbanken auslagert und so ihre EK-Verpflichtungen verringert.
Man muss also alle Geschäftsbeziehungen zwischen Banken und Schattenbanken transparent machen, so werden Ansteckungsrisiken begrenzt oder vermieden.
Aus diesem Argument heraus sehe ich ergo keine Notwendigkeit für Vollgeld. Damit Vollgeld ohne Martstörungen funktioniert, muss man schließlich doch wieder alles regulieren oder abschaffen. und erst den optimalen Boden dafür schaffen.
Nur durch die staatlichen Buchungszeilen verschwindet das nicht von selbst.
[...] Die Banken könnten zur Zentralbank gehen und zusätzliche Kredite beantragen, für die sie dann auch Zinsen bezahlen müssen.[...]
Du meinst Steuern ( = Leit„zinsen") Marktzinsen ist was anderes.
Du meinst also zurück zur Repartierung?
[...]. Ein Gleichgewicht kann sich jedoch wenn dann nur bei exogener Geldschöpfung einstellen, wo sich die Kaufkraft des Sparers aufgrund einer Kreditaufnahme eines anderen reduziert - also in einem Vollgeldsystem.[...]
Das ist heute auch so. Wenn der Sparer in Fonds u.ä. spart oder als Festgeld, hat er während er Sparperiode keine Kaufkraft.
Hinter ihrer Annahme steht dich schon wieder I=S? Das ist doch auch neoklassisch. Doch Im Kapitalismus gilt I (Kredit) ---> S.
Produktive Investitionen richten sich doch nicht am Sparverhalten der Haushalte aus. Wirtschaften ist immer auf die Zukunft gerichtet
Dass gegenwärtig Refinanzierung beim Sparer benötigt wird (und nicht nur am Interbankenmarkt bzw. ZB), hat etwas mit dem Bankenwettbewerb zu tun und den Laufzeiten der ZB-Geschäfte (Repos)
Zentralbankgeld ist immer knapp und Banken droht laufend die Illiquidität. Das hat mit Gleichgewicht zwischen Krediten und Sparer nichts zu tun. Es ist imho neoklassischer Unsinn, hier ein Gleichgewicht herstellen/ableiten zu wollen.
Dynamik in der Wirtschaft entsteht durch Ungleichgewicht.
Gruß
Wer nicht das Denkmodell verläßt , das das Problem erzeugt, wird keine Lösung finden können und muss annehmen , dass es keine gibt. Er wird nicht mal ein Problem sehen können. Dabei ist zu bemerken, das das wort "Lösung" bereits den richtigen Weg im Wortsinn beschreibt.
Wenn das Wirtschaftssystem sich ändert, die Gesellschaft auf die Füße gestellt wird , der politsichen Gesellschaft nachgeordnet wird, wie es zu deren stabilität notwendig ist, ist das Geld kein Problem.
Es ist also ein Sache die Ursachen der Misère zu erkennen, aber eine ganz andere sie aus der Welt zu schaffen. Dazu haben sie bislang nicht zu sagen, wie es scheint. Außer hypothetischen Konjunktiven, die sich beteits in der Vergangenheit als unrealistisch erwiesen haben, haben sie nichts angeboten. Man bekommt also den Eindruck , dass sie Anhänger einer destruktiven Eigentumsgesellschaft sind.
Die Folgen einer solchen werden anschaulich dokumentiert zB anhand der chinesischen Kulturrevolution.
Wer sich auch nur der kleinsten Mühe unterzieht und die geschichtliche Entwicklung des Geldes in D verflogt, wird feststellen, daß bis in die 1960er Jahre die Löhne und Gehälter per Lohntüte übergeben wurden, die Geldwirtschaft also überwiegend auf Bargeld beruhte. Erst in den 1960er Jahren wurde das geändert und Arbeitnehmer hatten sich ein Girokonto zuzulegen - anfänglich noch kostenlos wegen der Akzeptanz, später dann kostenpflichtig, als es kein Zurück mehr gab.
Das gesamte Gesülze hier dreht sich also um das FiatGeld,
das erst nach 1970 entstanden ist.
Tendenziell und was die akuten Phänomene angeht , hast du Recht, aber das Geld ist ja auch vorher nicht anders entstanden. Kapitalisierung von Eignetum ist "etwas" älter als 45 Jahre :-)) ... und das Eigentum als initiale Vorraussetzung für Kapitalismus hat nach wissenschaftlicher Sicht bereits im späten Mittelalter in England seine heutige Bedutung erlangt ( siehe Lollardenaufstand), wenn man denn nur den modernen Kapitalismus betrachteten möchte ...
Danke für die ausführliche Antwort. Ich werde versuchen, auf einige ihre vielen Punkte einzugehen.
Zuallererst habe ich das Gefühl, dass wir nicht immer über das gleiche reden, wenn wir von den Auswirkungen des Vollgelds auf die Natur des Kapitalismus sprechen. Vollgeld hat nie die Absicht gehabt, zu einer zinslosen Kollektivgesellschaft ohne Wettbewerb zu führen. Von dem was ich bisher von Ihnen gelesen habe, haben Sie den Kapitalismus (bzw korrekter: Debitismus) sehr gut durchschaut und die Probleme ebenfalls richtig identifitiert (die Vergabe von unproduktiven Krediten für die Finanzwirtschaft). Wenn es gelänge, die Schattenbanken an die Kandare zu nehmen, die Großbanken zu zerschlagen, um das too-interconnected-to-fail Problem zu lösen, Trennbankensysteme wiedereinzuführen (auch wenn das Lehman trotzdem nicht verhindert hätte), dann wäre schon viel erreicht. Das hat aber in erster Linie nicht mit Vollgeld zu tun, denn diese Regulierungen würde es aller Voraussicht auch in einem Vollgeldsystem benötigen (wenn auch etwas differenzierter).
Sie scheinen jedoch zu glauben, dass jeder Kapitalismus, der nicht auf einem Schuldgeldsystem, nicht funktionieren kann. Dieser Ansicht bin ich nicht.
Sie haben Recht, dass die Neoklassik und ihr Gleichgewichtsfetisch völliger Unsinn sind. Der Hund liegt darin begraben, dass ein System endogener Geldschöpfung dynamisch und nicht statisch ist, daher auch nicht zu einem Gleichgewicht tendieren kann (siehe hierzu einen sehr interessanten Vortrag von Steve Keen). Die Neoklassik modelliert die Wirtschaft als ein System mit exogener Geldschöpfung, womit die Gesamtmenge mehr oder weniger durch die Zentralbank kontrolliert wird - und noch schlimmer, dass Banken bei der Kreditvergabe Spareinlagen von Sparern verwenden. Dass das nicht stimmt, wissen wir ja, denn die Aufnahme eines neuen Kredits steigert die Kaufkraft des Kreditnehmers, ohne gleichzeitig die Kaufkraft des Sparers zu mindern, daher hat die Aufnahme neuer Privatschulden makroökonomische Auswirkungen.
Im Gegensatz dazu agiert die Neoklassik mit der Annahme, dass die Kaufkraft des Sparers sinkt, die des Kreditnehmers steigt, und (in den Worten von Bernanke "abgesehen von implausibel hohen marginalen Unterschieden in der Konsumneigung") makroökonomisch die Höhe der Privatschulden egal sind - des einen Schulden sind des anderen Guthaben. Die einen können mehr ausgeben, die anderen weniger und es gleicht sich ungefähr aus (dass das nicht ganz stimmen kann wissen wir, da ein Millionär nicht 20 Brote am Tag kaufen wird), aber insgesamt ist es nur eine Verteilungsfrage.
Das genau ist der Knackpunkt. Ein Vollgeldsystem stellt genau diese Rahmenbedingungen her, dass ein Kredit für etwas neues aus der bestehenden Geldmenge finanziert wird, sich die Kaufkraft also von einem "gedulidgen" zu einem "ungeduldigen" Agenten verschiebt. Das Geld muss also schon vorhanden sein. Das ist ein komplett anderes System als der Debitismus, in dem eine Bank für einen neuen Kredit das Geld einfach neu schöpft und es mit der Rückzahlung wieder verschwindet. Vollgeld ist KEIN kreditgeschöpftes Geld, verschwindet also auch nicht mehr durch Buchungssätze bei der Rückzahlung eines Kredits.
In solch einem System würde es durch die von ihnen erwähnten Wachstumszwänge bei gleichbleibender Geldmenge Deflation geben. Daher schöpft die Monetative mal proaktiv, mal reaktiv, vor allem aber zeitnah und in Abstimmung mit der wirtschaftlichen Konjunktur neues Geld. Da dieses Geld zins- und tilgungsfrei durch Staatsausgaben in den Kreislauf kommt, profitiert die Allgemeinheit erst mal durch die Seignorage, was die Steuerlast einmal senkt. Die Empfänger des neuen Geldes bringen es als Sparer zur Bank, und diese leiht es dann gegen Zinsen weiter an die Kreditnehmer. Verdienen tut die Bank am Spread.
Natürlich können Kredite auch dann für unproduktive Spekulation vergeben werden, nur müsste sich dafür erst jemand finden, der sein Geld für sowas hergibt. Und wenn die Kredite in die Hose gehen, schaut der Gläubiger durch die Finger. Das Geld ist aber dann nicht weg, es hat nur ein anderer. Deflationsspiralen würden systembedingt sehr schwer entstehen können und selbst wenn plötzlich alle auf einmal beginnen, Geld zu horten und eine Deflation ausgelöst werden sollte, kann die Monetative relativ schnell und effektiv durch die Neuemission von Geld und die Inumlaufbringung durch Staatsausgaben Inflation erzeugen.
Vollgeld ist sicherlich kein Allheilmittel, Finanzmärkte müssten weiterhin reguliert werden um Exzessen vorzubeugen, jedoch gäbe es bei Vollgeld eine demokratisch legtimierte, weniger zu krisen- und euphorischen Exzessen neigende Wirtschaftsordnung.
Ich habe da etwas Probleme, die heutigen Verhältnisse mit dem Wirken der ganzen Geschichte zu begründen. Die Lollarden sind vergleichbar den Bauernaufständen in den deutschen Ländern, der Vertreibung der Hugenotten, Herrnhuter und Waldenser, also allesamt in der Folge der Reformation.
Oder sollen wir besser zurückgehen auf Augustus und den Zinsgroschen, oder gar den Gallischen Krieg, der ja auch nur den Zweck hatte, den Römern Brot und Spiele zu finanzieren?
verstehe ich , aber genauso könnte ich argumentieren , dass die Aufhebung der Golddeckung auch nur ein Phänomen in der Kausalkette ist und eben nicht die Ursache der Problematik.
Der Loallardenaufstand ist der historische Prototyp des Befreiungskampfes und der quasi Leibeigenschaft der Landarbeiter aus rein feudaler Ordnung. Heinsohn setzt dort den Start des moderene Kapitalismus, weil zum ersten mal Lohnforderungen der nun Freien auftreten, die der Grundbesitzer durch Kapitalisiserung also Kredit (vor)finanziert. Wie das alle dann zu einem Weg vom Regen in die Traufe wurde, kann man in Polanyis Werk " the gerat Transformation" nachlesen.
äh ::: great transformation
"Sie scheinen jedoch zu glauben, dass jeder Kapitalismus, der nicht auf einem Schuldgeldsystem, nicht funktionieren kann. Dieser Ansicht bin ich nicht."
Da stimme ich ihnen sogar bedingt zu: Schuldgeld kann funktionieren , aber nur ohne Zins und ohne private Banken: die von der Gesellschaft demokratisch kontrolierte Solidarbank kann Geld durch Kapitalisierung schöpfen, erstmal egal ob wir da nun von Privateigentum oder öffentlichem Eigentum ausgehen. Dieses Kreditgeld würde sich auf "Produktion" einer Gesellschaft beziehen, die nicht von der Privatwirtschaft dominiert wird. Alle die Regulierungen der Finanwirtschaft, die Sie ja angeblich für notwendig halten, wäre in der demokratischen Struktur der Geldschöpfung abgedeckt. Vorrsusetzung ist dazu natürlich Demokratie und nicht ein totalitäres represseives System wie das aktuelle. Nur ein solche Gesellschaft kann sich von der Herrschaft der Wirtschaft befreien im Sinne einre Befreiung von der Macht der Wirtschaft, Befreiung von falschen Bedürfnissen und falscher Bedürftigkeit. etc.. pp. .... Die freie Wahl des Herrn schafft noch nicht die Sklaverei ab!
Nach allem , was Sie hier schreiben , muss ich davon ausgehen , das Sie diesen Einwand nicht werden verstehen können, weil ihnen die notwendige kritischen Distanz fehlt. So konnten Sie zB auch nicht verstehen , dass man nicht von Staat redet , wenn man von Gesellschaft redet. Wenn Sie einmal die heutige Staatgewalt als abhängigen Dienstleister, Büttel und Vollstrecker der Privatwirtschaft betrachten, geht Ihnen vielleicht ein Licht auf, dass nämlich aus ganz anderen Gründen als Sie hier proklamieren ein Geldreform nichts bringt, sollange man den Zins nicht abschafft. Das allerding ist bzw wäre ein echte Kulturrevolution ersten Grades. Haben Sie dazu auch so "tolle" Erklärungmuster parat?
Es ist sicher intellektuell interessant, den Zeitpunkt zu finden, an dem etwas schief lief.
Die Leibeigenschaft wurde inPreußen im 19. Jahrhundert abgeschafft; im Südwesten nach den Bauernkriegen.
Um den Kapitalismus und die Geldwirtschaft zu beschreiben, brauche ich aber kein Begründung aus der Vergangenheit, sondern nur die Erkenntnis: Das ist Mist!, und die Idee, was besser sein könnte.
An der Golddeckung hängen viele Menschen, weil ihnen das als stabile Währung aus der Vergangenheit bekannt ist. Aufgegeben wurde die Golddeckung aber, weil der Goldpreis als Warenpreis und der Währungspreis z.B. einer Goldmark oder eines Golddollars auseinander strebten.
Wenn wir letztendlich die gesamte Volkswirtschaft eines Währungsraumes als eine werktätige Gesellschaft betrachten, ist die Währung, z.B. der Euro, Dollar oder Taler, die Aktie auf diese Gesellschaft; das heißt natürlich, nicht die Golddeckung macht den Wert einer Währung, sondern die Wertschöpfung, das Sozialprodukt, also letztendlich Arbeit oder Dienstleistung, was das gleiche ist.
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PS: Buchstabendreher krieg ich g'rad noch gebacken.
da bin ich grundsätzlich einverstanden , aber denke , dass eine historische Herleitung der Kausalketten in der richtigen Richtung sinnvoll ist , um aus der Geschichte entsprechend lernen zu können. Das zumal wir in einer Welt leben, die diese Prolematik des Kapitalismus durch systemkonforme Ingnoranz fast nicht sehen kann und /oder will.
Ich bezieh mich da auch ganz konkret auf den Vorgang des sich selbst Überzeugens von den Sachverhalten und Umständen. Mir persönlich hat da der historische Hintergrund aus vielen Quellen sehr bei geholfen, vor allem um Aussagen , die ansonsten als unüberprüfbare oder zu glaubende Behauptungen stehen bleiben würden, zu verifizieren.
Schramm sagt ja immer , dass es ohne ausreichende Kenntnisse der Veragangenheit keine besser Zukunft geben kann. Ich finde er hat Recht.
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PS: glaub ich Dir, aber mir hinter keiner mehr , dass ich Englisch kann :-))
Da sehe ich keinen Widerspruch, Geschichte ist gut, gemachte Fehler zu vermeiden - hält sich aber keine Sau d'ran :-(
Wenn wir den Wert einer Währung nicht im Gold sehen, oder in mathematisch kompliziert erzeugten BitCoins, sondern in der Wertschöpfung und die Mitglieder der ZivilGesellschaft (freie Bürger und Bürgerinnen) als Eigentümer, Shareholder der Volkswirtschaft, ergeben sich neue Sichtweisen auf das Soziale, die Verteilung, das BGE und die Geldschöpfung.
Schuldgeld als Eigentum des Staates oder der Zentralbank ist ein Dilemma in sich, weil der Staat als juristische Person kein Eigentümer sein kann, sondern nur Treuhänder für die Eigentümer, im Falle des Staates also wieder die BürgerInnen als Zivilgesellschaft.
ich meine , dass wenn Mensch eine Gesellchaft nach diesen Deinen Vorgaben schaffen könnte, dann das Geld an sich obsolet werden könnte. Aber es isteignetlich müßig dazu zu spekulieren. Erst müssen wir nachdenken wie die Demokratie erreicht werden kann, sie dann erreichen. Und dann werde wir erst die Freiheit haben, uns zu überlegen, wie "wir" es machen werden.
Keynes Gesetz: In der Zukunft sind wir alle Tot.
Damit sich was ändert, müssen wir jetzt denken und das Ergebnis geschreiben und veröffentlichen.
...
Einige Zeit später liest das jemand und erzählt es weiter.
...
... bis die ganze Affenbande brüllt:
Wir sind das Volk!!!
Dazu braucht es wohl mehr, als hundert Affen.
"Dazu braucht es wohl mehr, als hundert Affen."
seh ich auch so (und Folgende)
Ich verstehe nicht, wo ich in meinen Ausführungen den Eindruck hinterlassen haben soll, den Sie von mir erhalten haben.
Mir sind sozialutopische Modelle ganz und gar nicht unvorstellbar oder gar unsympathisch. Mir ging es in erster Linie mal um eine Beschreibung der Problemstellungen, die wir in DIESEM Kapitalismus mit DIESEM Geldsystem haben. Wenn's nach mir ginge hätten wir alle schon längst ein Bedinungsloses Grundeinkommen als Übergang zur geldlosen ressourcenbasierten Ökonomie a la Venus Project. Abgesehen davon ist mir ein System, das Wachstum benötigt in einer mit begrenzten Ressourcen befleckten Erde sowieso suspekt.
Ich bin allerdings auch der Ansicht, dass solche Umwälzungen demokratisch passieren sollten, was sich als äußerst schwierig erweist, denn Demokratie und Kapitalismus passen nicht wirklich gut zusammen. Es gibt Externalitäten, öffentliche Güter, und immaerielle Werte, die im Kapitalismus nur schwer erfasst werden können. Wer Freiheit nicht nur im Sinne von "Freiheit zu" sondern auch als "Freiheit von" versteht, wird hier ebenfalls gewisse Aporien erkennen. Hier wird es daher immer ein Spannungsfeld geben, das demokratisch auszuloten werden sollte. Radikale Systemumstellungen lassen sich nur durch autoritäre Revolutionen erreichen. Daher ist mir zB eine Vollgeldreform heute lieber als DIE große soziale Utopie morgen.
Wenn Sie schreiben, dass der Zins abgeschafft gehört, so wird er das in einem Vollgeldsystem bei der Geldschöpfung originär ja schon. Der Zins, der dann von denen, die das Geld weitergeliehen wird, ist dann so etwas wie eine Risikoprämie für den Fall, dass der Kredit in die Hose geht. Damit kann ich grundsätzlich leben. Im Vollgeldsystem wird bei Bankrotten kein Geld vernichtet, das heißt, es braucht keine Neuschuldner, die es sich mitunter ebenfalls nicht leisten können, nur um den Zahlungsverkehr am Leben lassen zu können.
Bezüglich Staat vs Gemeinschaft habe ich folgende Behauptung - Geld ist Macht, und Macht ist durch Geld korrumpierbar. Eine Regierung in einer Demokratie kann ich jedoch abwählen, und jede Stimme zählt gleich viel. In einem Konzern zählt nicht jede Stimme gleich viel, sondern wer die meisten Stimmrechte in der Hauptversammlung zusammen bekommt. Unter diesen Umständen bleibt mir nichts anderes übrig, als mich für eine Stärkung des Staates einzusetzen, denn durch die Globalisierung verlieren Staaten als institutionelle Player sowieso immer mehr an Macht im Vergleich zu globalen Konzernen, die nicht einmal vortäuschen, nach demokratischen Regeln zu tanzen.
Wir sind der Staat. Wenn wir der Ansicht sind, dass der Staat nicht unsere Interessen vertritt ist es unsere Pflicht, den Staat so zu verändern, dass er es tut - solange wir demokratisch noch dazu in der Lage sind, denn dass das so bleibt ist auch nicht selbstverständlich.
sorry mr Crash, sie habe mit ihrem Unverständnis für meinen Kommentar tatsächlich Recht. Ich hab den aus Versehen falsch zugeordnet. Er reichtete sich im Kontext an Herrn Weiss. Sorry nochmal. Ich weiss gar nicht wie das passieren konnte, wo sich doch, wie ich überprüft habe , das Zitat in Ihrem Kommentar befindet. Also nichts für Ungut ...
Kein Problem, soll nichts schlimmeres passieren ;)