Eine Woche lang sorgte ein Programmierfehler beim Online-Fantasy-Rollenspiel World of Warcraft im Jahr 2005 für Chaos. Ein Fluch namens „Corrupted Blood“, bei dem die Spielfiguren in regelmäßigen Abständen Schaden erlitten, bis sie letztlich starben, sorgte aufgrund eines Bugs im Programm dafür, dass seine virtuelle Ausbreitung auf die übrigen Onlinecharaktere, also auf damals weltweit rund 2 Mio. aktive Spieler*innen, nicht gestoppt werden konnte. Die Welt des Onlinespiels war plötzlich mit virtuellen Leichen übersät. Die restlichen Spieler reagierten sehr unterschiedlich auf die unbeabsichtigte Pandemie. Manche Nutzer versuchten, sich in entlegene Orte der Spielwelt zu retten, andere wollten mit rettenden Heilzaubern helfen. Das führte allerdings dazu, dass sich die Seuche nur noch weiter verbreitete. Wiederum andere Spieler suchten absichtlich das Risikogebiet auf, um einen gewissen „Kick“ zu erfahren. Der Hersteller musste letztlich das gesamte Spiel zurücksetzen, um das Virus zu besiegen. Heute helfen die wissenschaftlichen Erkenntnisse aus diesem Zwischenfall bei der Erklärung menschlichen Verhaltens während der Covid 19 Pandemie. Das, was 2005 in einer virtuellen Welt passierte, wurde 2020 in einer ähnlichen Form Realität. Auch wenn die beiden Ereignisse nicht mehr als purer Zufall verbindet, ist die real wachsende Verflechtung der digitalen und analogen Welt nicht aufzuhalten.
Kulturpessimismus bringt uns nicht weiter
Schon seit Jahren fordert Journalist und Buchautor Dirk von Gehlen die Schaffung einer „Internetstraße“, so wie es in jeder Stadt eine Post- oder Schulstraße gibt. Schon allein deshalb, um damit dem weit verbreitetem Kulturpessimismus und der Ablehnung des Neuen augenzwinkernd eins auszuwischen. Die Möglichkeit sich mit anderen über Sprach- und Ländergrenzen hinweg zu verbinden, zu lachen und Gemeinsamkeiten feststellen zu können, ist für den Autor eine besonders wertvolle Eigenschaft der Internet-Infrastruktur, dessen einzigartiger Charakter gern vergessen wird. Obwohl die Ära des mainstreamartigen World Wide Web bereits seit über zwei Jahrzehnten andauert, viele damit verbundene Hoffnungen in der Zwischenzeit von der Realität eingeholt wurden und neue Gefahren Einzug hielten, verzichtet Dirk von Gehlen gern auf das Lesen kulturpessimistischer Texte zum Thema Internet. Diese bringen nämlich niemanden weiter. Vielmehr interessiert ihn, welchen gesellschaftlichen Fortschritt wir mit dem Internet noch stimulieren können. Dirk von Gehlen plädiert dafür, nicht aus den zu Augen verlieren, um welche Mengen an tollen Ideen, Gestaltungsmöglichkeiten und Anwendungen wir heute ärmer wären und dass wir das, was uns das Netz ermöglicht, nicht nur entsprechend wertschätzen, aber auch schützen. Gerade jetzt, in der Corona-Krise, hat sich die enorm wichtige Rolle des Internets für die globale Gesellschaft neuerlich mehr als bestätigt.
Gefährliche Entwicklungen unter die Lupe nehmen
Es reicht ein kurzes Eintauchen in die Welt des Internet und man stellt fest, dass dieser positive und idealistische Blick, so unheimlich wichtig und notwendig er auch ist, insbesondere auf der Ebene der Information und Kommunikation in den sozialen Netzwerken, konkreten Handlungen weichen sollte. Die „Gesprächskultur“ auf Twitter, Facebook und Co lässt die letzte, chaotische Wahlkampf-Debatte zwischen Biden und Trump im amerikanischen Fernsehen, wie ein englisches Teekränzchen aussehen. Natürlich sind Social Media Kanäle der letzte Ort, für politische Meinungsbildung, doch diversen Studien zufolge informiert sich ein relativ großer Teil der jungen Leute gerade hier über das aktuelle Geschehen. Desinformation, Hate-Speech, Polarisierung durch Filterblasen und somit fragmentierten Zugang zu Information und nicht zuletzt die Belohnung von emotionalisierten, extremen Inhalten durch die Algorithmen in den sozialen Medien, führen zu einer erheblichen Manipulation und Verzerrung der Realität. Die Demokratie-gefährdende Wirkung dieser Entwicklungen betrifft Menschen aller Altersgruppen, im besonderen Maße aber die junge Generation, die in den sozialen Netzwerken praktisch aufwächst. Dabei darf nicht ausgeklammert werden, wie unterschiedlich Vermittlung von Medienkompetenz und Medienpädagogik an Schulen in den einzelnen Ländern gewichtet wird. Ebenso stellen sich folgende Fragen: Welchen Einfluss hat die Medienlandschaft des jeweiligen Landes auf die politische Wahrnehmung und Meinungsbildung der Jugend? Sind staatlich geförderte Gestaltungsprojekte und Initiativen zur Förderung des Pluralismus und der demokratischen Meinungsbildungsprozesse in Ländern wie Ungarn und Polen noch realisierbar bzw. wie lange noch? Wie kann hier zivilgesellschaftliches Engagement gefördert werden?
Internet als gelebtes Multi-Kulti
Für die Gestaltung des digitalen Umfelds als Informations- und Debattenraum, sollten also nationale, europäische und weltweite Rahmenbedingungen ins Blickfeld geraten. Idealerweise sollte sich Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft kontinuierlich darüber verständigen, welche Leitbilder sie für die Entwicklung der digitalen Gesellschaft zugrunde legen will. Doch wir sollten nicht nur darüber reden, wie unsere Demokratie gestärkt, sondern wie die Demokratie in anderen Ländern der EU geschützt werden kann, siehe Entwicklungen in Polen und Ungarn und die Verwässerung des angekündigten Rechtstaatmechanismus.
Es ist schon zynisch, dass gerade die Rechte es versteht, das Netz für sich zu nutzen. Was bei der letzten Trump vs. Biden Debatte so plakativ sichtbar wurde, nämlich das sog. Derailing, also Entgleisung der Konfrontation durch nicht Beantworten von Fragen, ständigen Themenwechsel, Desinformation und Angriffe, lässt sich auf die Gesamtstrategie rechter Trollarmeen und Desinformationskampagnen im Netz übertragen. Dabei ist Internet eigentlich ein Ort, meint Dirk von Gehlen, den Nationalisten meiden sollten, denn es ist gelebtes Multi-Kulti. Dem Internet als Infrastruktur liegt eine Idee zu Grunde, in der die Kategorie der Hautfarbe, des Geschlechts, des Glaubens, der Nation etc. völlig egal ist, seine Aufgabe ist, über alle Grenzen hinweg zu verbinden. Wenn wir uns diesen Gedanken klarer vor Augen führten, nämlich dass die Infrastruktur Internet nur deshalb funktioniert, weil wir Nationalismen hinter uns gelassen haben, wären die Nationalisten im Web nicht eine besonders absurde Erscheinung? Noch absurder erscheinen nationalistische und rechtsextreme Ideen, wenn man sie im Kontext solcher Projekte wie Folding@home betrachtet, bei dem mehrere Millionen Menschen aus der ganzen Welt die ungenutzte Rechenkraft ihrer Computer spenden, um die Erforschung von Krankheiten wie Alzheimer, Krebs oder Covid-19 voranzubringen. Die Corona-Pandemie hat die Zahl der freiwilligen Mitrechner explodieren lassen und die Leistungskraft auf mehr als die Summe der sieben besten Supercomputer der Welt ansteigen lassen. Ohne die Überwindung des nationalen Denkens, wären solche Projekte niemals möglich.
Heimat braucht Brauchtums- und Gemeinschaftspflege
Für alle die ein Gefühl von Bindung und Heimat haben, ohne es an einen physischen Ort zu knüpfen, richtet sich Dirk von Gehlens Idee des Heimatverein Internet. Für ihn ist Heimat kein Ort, es ist ein Grundgefühl das im Plural existieren kann. Nicht zuletzt geht es auch darum, den Begriff „Heimat“ neu zu definieren. Genauer betrachtet wächst bereits die Millenials-Generation in diesem Grundgefühl auf, sie kennt keine Welt ohne das grenzenlose Internet. Für diese jungen Menschen, ist die Verflechtung der analogen und digitalen Welt von Kindesbeinen an, gelebte Normalität und jeder Versuch einer Trennung dieser zwei Welten ist zum Scheitern verurteilt. Es wäre auch für die meisten eine große Herausforderung, den Alltag ohne digitale Medien zu meistern. Der Durchschnittsteenager wirft bereits nach dem Aufwachen, als Teil der Morgenroutine, einen kurzen Blick auf die Status-Updates seines Smartphones. Nach der Schule trifft sich die Peergroup auf Live - Streaming oder Gaming - Plattformen wo zusammen geplaudert, kommentiert und gespielt wird. Die jungen Leute schätzen es sehr, sich im Netz mit Gleichaltrigen und Gleichgesinnten zu vernetzen und sie finden es wichtig, Teil einer Community zu sein. Doch die Community, basiert nicht wie früher, zwingend auf räumlicher Nähe. Ein „Heimatverein Internet“ für ein bisschen Brauchtums- und Gemeinschaftspflege, könnte als das erste Gebäude in der virtuellen „Internetstraße“ eines jeden virtuellen Dorfes entstehen, das weiter wachsen und gestaltet werden will. Dieser Gestaltungsgedanke gehört – nicht nur unter den Jugendlichen - stark gefördert, denn wir alle sind längst Bewohner dieser virtuellen Welt. Es wäre kurzsichtig nur unsere Wohnzimmer, nicht aber auch das Hausumfeld so einzurichten, dass wir uns auch in Zukunft hier wohl fühlen.
Kommentare 16
Auf zunehmende Kriminalität bei Online-Einkauf- und –Ersteigerung reagierte deutsche Gesetzgebung damit, Delikte unter dem Wert von € 3000 nicht mehr zu ahnden.
Ein Freifahrtschein für zivilisatorische Erosion.
Auf mangelnde Streitkultur in Zeitungsforen reagierten die Redaktionen mit puritanischer Zensur.
Renaissance moralistischer Retardierung läßt grüßen.
Hingegen haben erwachsene Foren gezeigt, wie sich Redefreiheit und Disziplinierung unter Teilnehmern bewährt, und konstruktiven Diskurs fördert.
Heimat
Für mich ist Heimat Verbindlichkeit. Wie im einstigen Deutschland gehaltenen Wortes (Verträge per Handschlag!), unverriegelter Türen, und üblicher Vertrauenswürdigkeit.
Alles Vergehen ist Diebstahl.
Lüge: Diebstahl der Wahrheit
Betrug: Diebstahl des Rechts
Vertrauensmißbrauch: Diebstahl der Zuversicht
Körperverletzung: Diebstahl des Rechts auf Unversehrtheit
Das Internet sollte neben allgemeiner Information unbedingt auch Verbreitung von Selbstrespekt, Dekonstruktivismus und Ethik dienen.
Friede, Freude, Eierkuchen des Multikulti ist blind für die Tatsache, was Stiefkind im Trend und auf der Welt ist.
Wer als Rentner eines künftigen Tages mit automatischer Waffe unterm Mantel in einer Art Day-after-Szenario einkaufen zu gehen gedenkt, mag es weiter luftig halten. Besser jedoch wäre, Verständnis von Ethik dezidiert voran zu helfen / gegenläufige Entwicklung umzukehren.
Ein komplexes Videospiel zu ethischer Erfassung wäre z.B. höchst konstruktiv.
Immanuel Kant viral!
Straßen nach dem Internet zu benennen ist eine gute Idee, zumal niemand dabei Ausspracheprobleme haben wird, anders als vielleicht bei Berners-Lee-Straße.
Aber das Internet ist vielleicht gerade darum für manche "Heimat", weil es mit der Welt auf der eigenen Seite des Bildschirms (zumindest scheinbar) so wenig zu tun hat. Insofern scheint mir Differenzierung geboten.
Einerseits kann ich verstehen, dass Menschen, die unter Klarnamen auftreten, mehr Rechtsstaatlichkeit im Internet möchten.
Andererseits frage ich mich, ob der Bedarf daran, unter Klarnamen aufzutreten, nicht ein Fehler an sich ist, so lange damit keine öffentliche Funktion verbunden ist. Facebook kann für die Karriere ein Muss sein. Muss es aber nicht.
Wer sich mehr Rechtsstaatlichkeit wünscht, sollte sich fragen, ob er wirklich weiß, was er sich da wünscht. Man bekommt meistens mehr, als man dachte. VIEL mehr.
Es freut mich, dass so viele junge Leute Heimat als Gefühl im Netz leben. Kann es ein Symptom dafür sein, dass Jugendliche heute einsam ohne soziale Kontakte aufwachsen und froh sind, wenigstens ein virtuelles Netz für Träume und Hoffnung außerhalb der Kontrolle der Eltern pflegen zu können? Mit dem Verlust der gelebten Langeweile (Mangel an Kreativität) sowie Flucht in die virtuelle Abhängikeit (Spielsucht) bei zunehmender sozialer Inkompetenz (Konfliktfähigkeit/Aggression) ist das Experiment noch nicht auf evidenz basierte Daten hinreichend untersucht!
Mit dem Alter werden auch junge Leute verstärkt feststellen, dass Heimat unter anderem mit Berührungen, Zärtlichkeiten und persönlicher Beziehung wo auch immer zu tun hat.
ich kann mich bei meinen Beobachtungen natürlich nur auf mein eigenes Umfeld beziehen, aber bei den Millenials die bereits im Internet aufgewachsen sind und die ich kenne, hat sich die soziale Entwicklung bisher völlig unaufällig gestaltet. Das war auch für mich teilweise überraschend, weil viele Verhaltensweisen in Zusammenhang mit den digitalen Medien suchtähnliches Potenzial zeigten, doch mit fortschreitendem Alter bekamen die Jugendlichen völlig autonom eine Balance in ihr analoges und digitales Leben hinein. Offenbar ist es die Verlockung der realen Welt und der realen Erlebnisse größer als angenommen. Natürlich gibt es die Gefahr, je nach Persönlichkeitssturktur und sozialem Umfeld variierend, dass das Netz beginnt, die reale Welt zu ersetzen. Hier sollte die Gesellschaft ansetzen...und ja, bestimmt werden die Jungen mit zunehmendem Alter ihren persönlichen Heimat-Begriff weiterentwickeln, anpassen, erweitern, umdefinieren, etc. sie verändert sich mit uns mit...
Auch ich finde nicht, dass man Klarnamen fordern muss, wenn damit keine öffentliche Funktion zuammenhängt...
Ich bin viel in polnischen Medien im Netz unterwegs und was dort aktuell stattfindet, kann man sich im deutschsprachigen Raum kaum vorstellen. Die Wahlkämpfe der letzten Jahre, wurden nicht nur in den USA, aber auch in Polen, durch massive Manipulation der öffentlichen Meinung beeinflußt. Ganze Armeen von Trollen und unzählige Fake News-Internetportale, deren Spur sogar ins Justizministerium führte, haben mir einer fairen, demokratischen Meinungsbildung nichts mehr. Hier ist es offenbar so, dass solche Portale nicht verpflichtet sind, redaktionell Verantwortliche namentlich zu nennen. Diese Propagandaseiten laufen völlig anonym. Die polnische PiS Regierung wird die letzte sein, die das abschaffen möchte.
Was unsere gesellschaftliche Gestaltung benötigt, ist das massive Eingreifen von politischen Interessen in den Prozess der Demokratie. In Ländern wie Polen werden Desinformation und Hass am Fließband produziert und verteilt. In Ungarn ist Meinungspluralismus in den Medien so gut wie begraben worden. Diese Länder als Teil der EU könnten eine Blaupause für Nationalisten anderer Länder in vielerlei Hinsicht bereitstellen. Jedenfalls geht es auch darum, die europ. Bevölkerung vor solchen Entwicklungen zu schützen.
ein Videospiel zur ethischen Erfassung ist ein super Ansatz. Man könnte noch viel mehr Bildungsinhalte über Videospiele transportieren...
So sehr ich mich früher auch darüber gewundert habe, wie emotionale nahe Menschen das Internet rücken kann, so sehr wundere ich mich rückblickend, dass ich mich gewundert habe.
Ist ja eigentlich nur ein konsequente Fortschreibung der Geschichte, dass unser Leben eben nicht allein dadurch geprägt ist, was wir in der scheinbar wirklicheren Welt 'da draußen' so erleben, sondern dass sich immer schon Innen- und Außenwelt (falls man die überhaupt trennen kann, je mehr man drüber nachdenkt und philosophiert, desto schwieriger wird es – schon wegen Wittgenstein und so), oder auch vermeintliche Fakten und Fiktionales durchdringen.
So weit ich das sehe, ist das schon so, so lange es Menschen gibt, in die Lebensgeschichte der Zeit unmittelbar vor dem Internet sind eben Fernsehserien, Comichelden und die persönlichen, familiären und nationalen Mythen oder Narrative eingewoben, das Internet ist die Fortsetzung davon, mit anderen technischen Mitteln.
Joanna Schild: ||... bei den Millenials die bereits im Internet aufgewachsen sind und die ich kenne, hat sich die soziale Entwicklung bisher völlig unaufällig gestaltet. ||
Finden Sie?
Meine Beobachtung, nicht erst bei Millenials, unter urbaner Jugend (etwa seit Mitte Achtziger) ist Muster, welches offenbar über weite Strecken aus Spielfilmen adaptiert wurde. Quasi Nachspielen von Inter- und Reaktionsmustern ohne innewohnende Regung und Authentizität.
Also beispielsweise rituell himmelhoch Jauchzen & Küßchen bei Begrüßung à la maniere francaise bei gleichzeitiger Assoziations- und Bindungsunfähigkeit, welche als Verhältnis ‚keine 5 Euro‘ Belastung übersteht und bei Wechsel von Partner / Clique / Ort ad hoc „aus den Augen, aus dem Sinn“ ist.
||In Ungarn ist Meinungspluralismus in den Medien so gut wie begraben worden.||
In Ungarn dem Vernehmen nach mehr als bei uns. Doch wenn man O-Ton in unseren Hauptmedien heranzieht, sieht es mit Gleichschaltung und Vorgabe des Denkmusters kaum anders aus.
Es gibt also überaus unerledigte Hausaufgaben an Beleuchtung und Bedenken von Gesinnungskonzert bereits bei uns daheim.
Schon Diskurs wie auf dF wird in großer Mehrzahl der Zeitungsforen nicht zugelassen.
Moorleiche:|| …, sondern dass sich immer schon Innen- und Außenwelt … vermeintliche Fakten und Fiktionales durchdringen.||
Als meinerich das zweite Mal auf SPON darauf verwies, daß das Gedächtnis zwischen Fiktivem und Empirischem nicht unterscheidet, meldete sich ein beleidigter Mitforist, schickte die verdammte Psychologie zum Teufel, und meinte, bei ihm verhalte es sich nicht so. hehe |O]
Tatsache bleibt jedoch, daß in noch so kompliziertem Hirn simple Mechanismen zu Hause sind. U.a. wird eben Fiktion zu subjektiv verzeichneter Empirie. Darin banal abhängig von ewig determinierender Frequenz des Aufkommens.
Hat man also bspw. genug oder wiederholt Epen verfolgt, in denen asoziale Protagonisten mitnehmend sind (wie sie vor allem ab den Neunzigern über spektakulären Faktor des Tabus Kassen füllend wurden), färbt es unwillkürlich ab. Unethisches wird so legitim bis heldenhaft.
Am Ende ist es nun einmal so, daß wir Verhalten erlernen. Ob nun aus Szenen des Lebens oder solchen aus Literatur (bspw. Werther-Effekt) und Film. Sogar Aggression ist (im Gegensatz zu Sage von Lorenz & Co.) erlerntes Muster.
In einer Situation wählt der Mensch aus theoretisch sprichwörtlich unendlich vielen Mustern jene, deren synaptische Pfade verdickt sind. Die existierten sogar bei Kaspar Hauser, wenn er Pay-TV gehabt hätte.
Der Mensch ist ein reines Kulturprodukt, das von Kultur oder / und Kulturprodukt geformt wird.
... und der Mensch ist nicht nur ein reines Kulturprodukt, sondern auch süchtig nach (soziales Wesen) Anerkennung. Die "likes" werden im Gehirn genau so gefeiert wie es durch anderweitigen Drogenkonsum zu Abhängigkeit und Depressionen führt. Langzeitstudien gibt es dazu noch nicht.
Der beschränkte Konsum ist ratsam, besonders für Kinder und Jugendliche!
"Heimat ist kein Ort, es ist ein Gefühl"; worauf sich das Gefühl allerdings immer beziehen muss, bedarf dann wiederum eines Bezugspunktes/Ankers, wie es mit dem virtuellen als Pseudorealität ja auch im Beitrag mit dem "Heimatverein Internet" klar gesagt wird.
Kurz noch, wer mag, ein wenig zum Ursprung der Entstehung des Begriffs "Soziales Netwerk", dass sich in seinen Wandlungen vom Ursprung deutlich entfernt hat. Die Kommerzialisierung dominiert auf den Plattformen der Internetgiganten und "lernende" Algorithmen bestärken die User (Kids/ aber auch Ältere) im Gefühl der Selbstkontrolle und Steuerung ihrer Internetaktivitäten, wobei der Tag schon beginnt, indem das Smarti den Rhythmus vorgibt, egal ob privat oder beruflich.
So verschmilzt (gewünscht!) Freizeit mit beruflichem. Was also mühsam versucht wurde durch betriebliche Vereinbarungen von der Freizeit fern zu halten (in Übereinstimmung mit den Betroffenen), wird jetzt mehr und mehr als Nachteil empfunden, da ein weiterer Schritt der Manipulation erreicht wurde, nämlich den, das als Erweiterung individueller Möglichkeiten/Freiräume zu denken (eher fühlen), wobei dieser Gedanke (manchmal sogar bei Spezialisten zutrifft/wie in der analogen Zeit) das zugrundeliegende eigentliche Problem verdeckt, nämlich die Erkenntnis der freiwilligen Beteiligung der Bestärkung abhängiger Arbeit auch noch in die Freizeit hinein.
So verschmelzen also die Wirklichkeiten real/virtuell in den tatsächlichen Lebensbereichen, ändern aber nichts an den überfälligen Änderungen der gesellschaftlichen Strukturen selbst.
Das Netz schafft keine Werte an sich! Also diejenigen Werte, die nur in der Realität geschaffen werden können. Die der Güter, aber natürlich auch die sozialen Werte im physischen Erleben miteinander.
Ich kann mich nur wundern, all das auszublenden (man will schließlich nur das Positive sehen), was bereits in diversen Untersuchungen über das veränderte Verhalten durch die digitalen Medien herausgefunden wurde. Und hier geht es mitnichten um Randeffekte, wie sie mit jeder technischen Innovation/Revolution einhergeht, sondern um elementare menschliche Eigenschaften, die das Netz nur als Simulation/Schatten usw. zulässt.
"Das Medium ist die Botschaft" von McLuhan, verdichtet in der Bipolarität von Utopie und Dystopie zeigt sich (für mich) insbesondere in und durch die Netze (soziale Medien als Begriff verwende ich nur ungern). Insoweit ist es unabdingbar, sich nicht "nur" mit der gesellschaftlichen Kontrolle der Netze zu beschäftigen, sondern auch und besonders kritisch mit den Folgen daraus.
Denn demokratische Gesellschaften sind insbesondere auf mündige, kritische Bürger angewiesen, die die Netze auch nur dann in diesem Rahmen sinnvoll nutzen können, wenn sie sich vorher noch die kritische Distanz bewahren konnten (gelernt haben!). Und das scheint mir aktuell nicht sonderlich vielversprechend zu laufen. Die Vorstellung von Privatheit/Anonymität verflüchtigt sich, wobei sie andererseits wieder eingefordert wird. Das dürfte sich nur schwer miteinander verbinden lassen. Das liegt wohl in der Natur der Sache.
Das Netz bietet sicher auch viele positive Möglichkeiten, unbestritten, aber Multikulti im Netz ersetzt niemals die Realität. Und das Netz repräsentiert auch nur die Verlängerung der nationalen/nationalistischen/freiheitlichen/idealistischen usw. Befindlichkeiten an die breitere Oberfläche.
´kenne Jemand, der seinen Kindern (Jüngstes damals etwa 8 Jahre alt) unbeschränkten und unbeaufsichtigten Internetkonsum erlaubte. Mein Reden dazu vermochte ihn nicht nachdenklich zu stimmen.
Wenn mich gestern nicht verlesen, sind Likes nun auch beim SPON eingeführt (von dem ich ausgesperrt bin). Es paßt zur trivial-infantilen Entfremdung der Domäne, und wird gefügter Agenda einer Obrigkeitshörigkeit Ausbaustufe bedeuten, wenn ohnedies Renitenten-gelichtete Reihen der Foristen, nun in verbliebener Majorität der Angepaßten, über Dislikes zu kritischen Einwänden gewünschte Stimmung und Weltbild forcieren.
Meinerich sah jüngst einen Teil von „The social Dilemma“, zu dem sich bezeichnender Weise ausschließlich Individuen interviewen ließen, die nicht mehr bei den IT-Riesen waren, oder aus anderen Institutionen stammten.
Es gibt zwar kritische Einwendungen zu dieser –vor knapp einem Monat veröffentlichten- Doku, doch gereicht inhaltlich belastbarer Anteil überaus zur Gänsehaut.
Die Protokollierung, Berechenbarkeit und Verwertung des Internetnutzers (Zitat aus dem Kopf: „Es gibt nur zwei Branchen, die ihre Kunden ‚Nutzer‘ nennen. Das Internet und das Drogengeschäft“) in Millisekunden und lückenlos macht ihn, wie dort bezeichnet tatsächlich zum „Produkt“.
Neben der totalen Kommerzialisierung der Soziologie auch ebensolche Kontrolle.
Wenn zum aktuellen Internet keine praktische Alternative aufkommt, hat Aufklärung und Wandel wohl kaum eine praktische Chance. Und Gnade Jenen, die sich Diktatur zu erwehren gedächten.
Schon einem Establishment unliebsame Persönlichkeit dürfte keine echte Option auf Publizität oder Kandidatur haben. Läßt sich doch aus Fundus seiner Äußerungen und / oder Lebensführung zu JEDEM Individuum stigmatisierende / diffamierende Collage erstellen. –So, wie umgekehrt schmutzige Wäsche Etablierter persilrein gewaschen oder aus der Öffentlichkeit getilgt werden kann (wie längst schon so Manches).
Nicht allein die Billionenvermögen der neuen Riesen präsentieren Einmaliges in der Menschheitsgeschichte. Auch ihr potentielles Unheil ist nie dagewesen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Das_Dilemma_mit_den_sozialen_Medien
Schon vor Jahren war klar dass sich die US - amerikanische Geschichte 1776 nicht wiederholen kann wenn die damaligen Teilnehmer das Internet benutzt hätten. Da gab es mal einen tiefen - wissenschaftlichen Arikel dazu, ich finde den jetzt nicht.
:-/
Der immer mal wieder tot geschriebene Kapitalismus ist noch lange nicht am Ende. Zumal deren Kritiker (meistens) auch nur noch an der Oberfläche kratzen, ganz abgesehen davon, wie viel sie im Kontext überhaupt noch übersehen (können).
Wenn auch noch jeder Lebensbereich durch die alten Weichenstellungen durchdrungen wird, lässt sich kaum noch davon abstrahieren, also Distanz nehmen davon derart, dass sich von einer "neutralen Zone" der Unbefangenheit sprechen ließe.
Mag sein, dass dieser idealisierte Zustand so noch nie gegeben war, aber diese kritische Distanz wird durch die eigene kulturelle Prägung/Abhängigkeit und Involvierung heute immer schwieriger (vielleicht auch unmöglich) zu erreichen.
Daraus dürften sich verstärkt schlechte Kompromisse ergeben, denn die Abhängigen (Mehrheit) befinden sich seit längerem im "Verteidigungsmodus", also auf dem Rückzug und zudem noch geschwächt durch die gewollte Individualisierung.
In Tarifverhandlungen heißt das z.B. "Öffnungsklauseln", aber nicht mehr wie es mal gedacht war, also Verbesserung gegenüber der gesetzlichen Grundlage, sondern zeitlicher Unterbietungswettbewerb. Verklausuliert mit Sätzen wie diesen: "Wir konnten dadurch erreichen, dass statt 1.000 Arbeitsplätzen "nur" noch die Hälfte abgebaut wurde." Diese Formulierung gibt es in verschiedensten Varianten, kennt man schon.
Jeder kann im Netz (fast) schreiben was er/sie will, jedenfalls solange, wie es nichts bewirkt. Zudem sind "gelenkte" Mehrheiten keine Garantie für Qualität, vermittelt aber den Eindruck demokratischer Verhältnisse. So sind dann augenscheinlich die freiheitlichen Rechte gegeben, aber auf eine viel subtilere Art schon längst eingesackt worden.
Wenn ich das so bedenke, ist das schon eine richtig interessante Zeit, wo mit den neuen Möglichkeiten den Menschen dieser Eindruck vermittelt wird und für deren Input sie selbst sorgen.
Diffuse Unzufriedenheit verbleibt allerdings dabei, weil da doch irgend etwas gravierend faul erscheint, sich aber nicht richtig packen lässt. Denn wenn man schon mal ein Ende davon zum Greifen in Sicht hat, stoppt man die eigene Hand auf dem Weg, weil schnell ersichtlich wird, dass das unabsehbare Folgen für sich selbst nach sich ziehen könnte. Also besser doch auf das bekannte Schlechtere setzen.
Das Kulturprodukt Mensch unter totaler Übermacht seiner Nutznießer.
Die Perfektion dabei: ‚Unsichtbar‘ und Erkenntnisfrei.
So stabil noch, wenn die Symptome absoluter Ungleichheit alle Perversion gesprengt hat. Vergleichend, waren indische Sultane über ihren Kasten noch Kleinkrämer.
Daher ist das Wort „Stabilität“ schon seit Jahrzehnten öffentliches Prädikat. Da sich Zeitgeist aller Empirie zum Trotz nicht erschließt, daß es Stabilität des Paria-Seins umreißt.
^korr: ... wenn die Symptome absoluter Ungleichheit alle Perversion gesprengt haben.