Lena Meyer-Landrut – im Moment heißt sie wohl wieder einfach nur Lena, aber wer will das schon wirklich alles genau verfolgen? – sei jetzt weg von Stefan Raab, ihr neues Album ein emanzipatorisch wichtiges Werk mit völlig neuem Ansatz und tollen, hippen Kollabos; kurz: Lena sei erwachsen geworden und doch gar nicht so übel. So hört man derzeit oft, erstaunlich oft sogar in Medien, denen man so etwas wie einen gediegenen Feuilleton-Sachverstand durchaus unterstellen mochte.
Nun ja, sagt sich da auch der Popskeptiker, warum nicht? Es gab ja immerhin schon eine deutsche Teenie-Band, die das mit dem „das-Album,-das-zeigen-soll,-dass-ich-jetzt-ernstzunehmen-bin“ auf vorbildliche Weise hinbekommen hat, allerdings leider nur künstlerisch gesehen. Die Band Echt war um die Jahrtausendwende gerade bei musikalisch weniger Auskennerischen schwer angesagt und nicht nur, aber vor allem auch schon des Namens wegen sowieso der genialste Coup der deutschen Musikindustrie, bevor ein Stefan Raab auf der Bühne auftauchte und den deutschen Medien-Mainstreampop usurpierte. Echt meinten es aber durchaus ernst mit dem „Wir-machen-jetzt-unser-Ding“ und lieferten mit „Recorder“ ihr tatsächlich bestes Werk ab. Meint: absolut credibel und Kritiker-tauglich, mit guten Songs, ohne die eigene Teenie-Vergangenheit zu verraten. Das Album war ein Mordsflop, die schon angesetzte Tour verkaufte mehr oder weniger null Tickets und wurde abgesagt, die Band löste sich auf. Aber sie hatte ein tolles Album geschaffen. Lenas neues Album „Stardust“ ist davon Lichtjahre entfernt.
"Da fehlt der Hit!"
Es ist – man kann das ohne jeden Häme-Vorbehalt ganz sachlich anmerken – ein außerordentlich dünnes Werk, getragen von ein paar Lullaby-Melodiechen, denen die bekannt untragfähige Stimme keinerlei Eindrücklichkeit abzugewinnen vermag und von denen buchstäblich keine im Ohr hängen bleibt. „Da fehlt der Hit!“ ist der passende klassische frühere A&R-Spruch, wenn man als unbekannter Musiker mit so etwas um die Ecke käme. Was in der Liga der Meyer-Landruts natürlich durchaus Berechtigung hat, es waren schließlich diese gesuchten Hits, die all die anderen Künstler auf einem Label mit durchschleppten, denen es an Glück oder einem fähigen Productmanager mangelte.
Heutzutage ist das einigermaßen egal, weil es – so ist das in der schönen neuen Welt, in der es noch drei über die Jahre konsequent zusammenfusionierte Majors und immer weniger überlebensfähige Independents gibt – schon reicht, wenn man den Marketingetat eines dieser Majors im Rücken hat, um zumindest erstmal wahrgenommen, also im Radio gespielt zu werden, und in der Gala aufzutauchen. „Ich stelle mir mein Leben in 20 Jahren so vor, dass ich einen Bauernhof habe und den ganzen Tag die Hunde und Kinder erziehe, dass ich backe und koche. Und vielleicht biete ich Strickkurse an … Ich kann nämlich richtig gut stricken.“ So steht es denn tatsächlich in der Gala. Es ist natürlich eine grundlegende künstlerische Bankrotterklärung der Popmusik, in der Gala überhaupt freiwillig stattzufinden. Noch schlimmer als – ausgerechnet – für Opel zu werben oder sich von einem Christian Wulff – schon als damaliger Ministerpräsident ein unausstehlicher Schmierlappen – hochöffentlich zum Grand Prix-Sieg gratulieren zu lassen. Willkommen im Hannoverschen Geist.
Hannover ist – auch das lässt sich ganz sachlich konstatieren – die im Popkontext verrufenste deutsche Stadt. Kein Wunder, die Scorpions, Fury In The Slaughterhouse, Mousse T, Scooter und Heinz Rudolf Kunze kommen von da, es ist ein Œuvre, für das sich Hannover eigentlich permanent entschuldigen müsste, so wie Kanada für Bryan Adams oder die DDR für Karat. Wer wissen will, wie sich „Pop“-Hannover auch anderswo anfühlt, muss nur auf ein Konzert von Lena Meyer-Landrut gehen, auch wenn die inzwischen in Köln lebt, was es genau genommen noch schlimmer macht. Wenn die ihren eigenen aktuellen – nennen wir es – Hit „Stardust“ aufführt, wirkt das wie die total überzüchtete Parodie der Lena, die man halt aus dem Fernsehen so kennt. Erstaunlich ist, dass es Menschen gibt, die vor der Bühne enthemmt johlen und klatschen, die zu diesem grauenhaft nervenden Musikschrott tatsächlich – nennen wir es – tanzen, die am Ende gar nach Zugaben rufen, während Menschen bei Besinnung froh sind, das nun alles überstanden zu haben.
Es ist ein Publikum, das neue Musik nur aus dem Radio kennt, irgendwo eingepresst zwischen Höreraktionen, Wetterbericht und Blitzerwarnungen. Oder aus den Werbeblöcken von RTL: „mehr im Web!“ Die nicht wissen, dass es keine „gute Castingshow“ geben, dass der ESC vielleicht wahr-, aber keinesfalls ernstgenommen werden kann. Denen eine musikalische Sozialisierung in richtigen Plattenläden, richtigen Clubs oder richtigen Musikblogs komplett fehlt. So wie Lena Meyer-Landrut, der man das auch nach den Jahren immer noch dramatisch anmerkt, da kann sie noch so oft von Miss Li und der tollen Zusammenarbeit schwärmen. Es ist und bleibt das vertonte Hannover. Pseudo-Popmusik mit Pseudo-Leidenschaft und Pseudo-Hippness. Und das vergessen und verzeihen wir auch einer vielleicht sonst ganz sympathischen jungen Frau auf gar keinen Fall.
Dieser Text ist in Zusammenarbeit mit motor.de entstanden.
Kommentare 74
Heilige Hannover-Hass
Lieber Herr Augsburg,
zunächst einmal kann ich ihre Meinung zum aktuellen Lena-Album und ihre Verständnislosigkeit ob der unerklärlichen Jubelstürme in den "Feuilletons" der Republik völlig nachvollziehen. Ihr Adjektiv "dünn" trifft es da ziemlich gut.
Unerträglich jedoch ist ihre These von der "Hannoverisierung" der deutschen Popmusik und die damit einhergehende Abqualifizierung der Musikszene der Stadt, in der momenatn viele junge Bands und Künstler dabei sind, eine neue "echte" Musikkultur zu errichten. Ihre aufgezählten Gegenargumente wie Scorpions oder Fury sind doch nur echte Verkörperungen des Schnees von gestern. Und außerdem ist Lena im Moment Kölnerin und nur noch selten in ihrer Heimatstadt.
Ihre Pseudo-Popmusik gibt es auch in anderen Städten wie Berlin (Ich+Ich), Aachen (Unheilig) oder Bautzen (Silbermond)!
Ich kann nur betonen, wie unsäglich ich dieses Vorurteil gegenüber Hannover finde.
Herzlichst.
Soll das eine Musik-Kritik sein? Oder doch eher ein Hilfeschrei?
In einem einzigen Satz wird mit den pauschalen Begriffen "Dünnes Werk", "Melodiechen" und "bekannt (!) untragfähige Stimme" der musikalische Teil abgearbeitet.
Ohne jeden Versuch eines Belegs, dafür mit der entlarvenden Vorabexculpierung eingeleitet, "ohne jeden Häme-Vorbehalt ganz sachlich" zu sein.
Ansonsten billiges Bashing, Phrasen und Textbausteine aus den Stammtischen einer Möchtegernkultur, die ihr eigenes - an sich für ihr Selbstverständnis doch konstitutives - Nischendasein zumindest in Person des Autors offenbar doch nicht so gut erträgt, wie es die kindisch betonte Ignoranz alles Erfolgreichen glauben machen soll.
Also "billig" weise ich entschieden zurück! *g*
Hach ja, das waren noch Zeiten, als Jörg Augsburg jung, das Bier billig und Indie wild und nicht feuilletontauglich war. Jetzt ist Jörg Augsburg alt, das Bier teuer und Indie-Musikjournalisten noch dünkelhafter und distinktionssüchtiger als das Feuilleton der FAZ. Aber vielleicht ist das ungerecht; Augsburg beklagt ja selbst, dass er mit seiner Philippika, die nicht etwa aus einem nach Schweiß stinkenden, tollen Musikclub, sondern aus der tiefsten teutonischen Geistesprovinz herauftönt, ziemlich alleine da steht; man fühlt sich an den sprichwörtlichen Geisterfahrer erinnert, der über die vielen Geisterfahrer schimpft. Alles Ignoranten außer mir. Entsprechend stellt der letzte Absatz dieses müffelnden Altmännergegrantels eine grauenhaft öde Karikatur eines Musikjournalisten dar, der vor lauter Selbstbezüglichkeit nicht merkt, wie sehr diese unsägliche Tirade den kulturpessimistischen Tiraden längst verwester Langbärte der Vergangenheit gleicht.
Augsburg: Ablage P
Da fehlt vermutlich ein "g" oder so im Titel:
Hangover Hannover Über Alles ?
Naja. Egal. Eigentlich. ;-)
Das soll Englisch sein, wo sich Hannover tatsächlich nur mit einem "n" schreibt. Aber wenn die Assoziation "California Über Alles" sein soll, schreibt sich das auch mit "Ü", weil es sich ja wieder auf das Deutsche bezieht und zudem wäre diese Assoziation in dem Kontext trotz all der Abneigung, die ich teile, maßlos überzogen und unangebracht. Aber vielleicht habe ich ja was verpasst.
Hannover ist übrigens nicht nur im, äh, "Popkontext die verrufendste Stadt", sondern allgemein - jenseits von Schwaben zumindest - das Symbol deutscher Mittelmäßigkeit, Spießigkeit und Langeweile - einen Ruf, den es teilweise zu Recht hat, wenn man es eben mit Hamburg und Berlin vergleicht und nicht Bielefeld oder Braunschweig.
Lena Meyer-Landrut heißt seit 2010 nur Lena, wie Madonna Ciccone nur Madonna heißt.
Der Autor zeigt schon in der ersten Zeile sein Fehlen von Minimalkenntnis über das Thema seines Textes, ja der unverhohlene Unwille, sich damit zu beschäftigen, aber dennoch darüber schreiben zu wollen. Es ist ihm egal.
Im Folgenden reklamiert er indes Sachkenntnis allgemeiner Art, die für ihn wohl ausreiche, indem er beiläufig über "weniger auskennerische" Menschen die Nase rümpft. Da wird schon klar, der Autor gehört nicht dazu, er ist "auskennerisch", will er damit festgestellt wissen, er steht über dem Plebs, der sowas wie Meyer-Landrut oder Echt gut findet.
Es ist in schlichte Worte gegossener Dünkel, der hier aber erst beginnt, sich im Folgenden leider noch steigert.
Lenas Stimme und Gesang kann man ja mögen oder nicht, Autor Augsburg mag sie nicht, soviel teilt er inhaltlich mit. Ein "dünnes Werk" ohne Hits bescheinigt er ihr, angereichert mit diminuierenden Bemerkungen über "Lullaby-Melodiechen" etc.
Das wäre, würde er es denn begründen, zumindest mit Interesse lesbar, aber nein.
Einen "Häme-Vorbehalt", wie er schreibt, hatte er dabei wirklich nicht, denn da er das Wort scheinbar falsch verwendet, so stimmt es eben gerade deswegen: Ja, es ist reine Häme, geäußert ohne jeden Vorbehalt.
Inhaltlich untermauert wird da nix. Dazu ist ja kein Platz, kein Platz für Begründung, dafür umso mehr fürs dumpfe Ressentiment: In der Gala, igitt! Man sieht ihn förmlich die Nase rümpfen, ausgerechnet Opel! Ressentiments gegen Zeitschriften und Automarken sind da noch das Erträglichste, wird aber dann noch
gekrönt vom Ressentiment gegen eine Stadt und ihre Bewohner: Hannover.
In solchen Überheblichkeiten, die offenbar nicht mal im
Grade der Ernsthaftigkeit, mit der sie vertreten werden, von Ressentiments gegen Polen, Türken oder Sachsen oder welche Personengruppe auch immer zu unterscheiden sind. Alle Ressentiments gegen Bevölkerungsgruppen sind gleich dumm. Traurig, dass sowas gesagt werden muss, ausgerechnet im "Freitag". Aber gegen Hannovaner kann man es ja machen, das fällt kaum auf, das Erheben über die Provinz ist bonmothaft witzig, dennoch: wie oft auch wiederholt bleibt es genauso abgeschmackt. Hannover als Sinnbild der Provinz, alle Provinzler verantwortlich für alles, was aus ihrem Ort kommt. Entschuldigen sollen sie sich gar.
Dabei ist dies gleich ein Tritt ins Gesicht all jener 50 Mio Deutschen, die das vermeintliche Pech verfolgt, aus noch deutlich provinzielleren Orten des Landes zu kommen als aus der geschmähten Halbmillionenstadt und sich von ähnlichen Schmocks dann wohl ernsthaft die "Osnabrückisierung", "Dinslakenisierung" oder "Wernigerodisierung" vorwerfen lassen müssen, wenn sie ihre Herkunft nicht sorgsam genug vor den Schnöseln der Szenemetropolen verschleiern oder zumindest sich hinreichend von ihren Wurzeln distanzieren.
Da versteigt er sich gar, der von ihm kräftig in den Arsch getretenen 21-jährigen Hannoveranerin vorzuwerfen, dass Politiker wie Wulff sich nach ihrem ESC-Sieg mit ihr schmücken wollten, als ob sie dafür etwas könne oder dies hätte vermeiden können. Ungerecht? Egal! Immer druff! Willkommen im Augsburgschen (Un-)Geist! (in Anlehnung an des Autors Worte).
Was folgt, ist noch plumpe Publikumsbeschimpfung. Ja, natürlich gäbe es den unüberwindbaren Unterschied zwischen denen, die Lena mögen, ihr gar zujubeln, und denjenigen "bei Besinnung", womit er freilich wohl vor allem sich meint. Besinnungslose Dünkelhaftigkeit erklimmt da eine weitere Stufe. Und da folgt es, die Quintessenz, der Vorwurf des fehlenden Stallgeruchs: Denen fehle die "musikalische Sozialisierung in richtigen Plattenläden, richtigen Clubs oder richtigen Musikblog". Und jemand aus einer Castingshow, aus dem ESC könne natürlich nie und nimmer ernstzunehmende Musik machen.
Aha. Geht es noch offener noch dünkelhafter, noch ärmer?
Komischerweise kann ich bei vieler Musik aus seinen Plattenläden, seinen Clubs, seinen Musikblogs zustimmen (wenn ich diese Zusammenstellung mal als Beispiel nehme: http://augeweb.de/v2/archives/730#more-730) und finde gar vieles in meinen CD-Regal wieder und kann dennoch Lena mögen, wie kommt es? Mir (und vielen, mit denen ich über Lena sprach und denen es ganz ähnlich ergeht) fehlt wohl glücklicherweise einfach das Ressentiment, es fehlt die unreflektierte Abwehr dessen, was außerhalb des "Sozialisations"-Tellerrands stattfindet. Ich behaupte: Nicht dennoch, sondern gerade weil ich musikalisch sozialisiert bin, mag ich Lena und ihre Musik.
Nun, immerhin, er konzidiert, Lena könne "sonst ganz sympathisch" sein. Beim besten Willen, ich kann es bei diesem Autor nicht erwidern. Selten las ich etwas so eindeutig Unsympathisches. Ein Schauer des Widerwillens überkam mich.
Mir wird dabei auch einen Fünkchen klarer, warum aus Deutschland so wenig international erfolgreiche Popmusik kommt: Weil solche Herrschaften in ihren "richtigen Sozialisationen", die Hüter des vermeintlich einzig wahren und guten Geschmacks, hier das Klima bestimmen und so Pop schlicht und ergreifend verhindern.
Es dräut eben eher die musikalische Asozialisierung, wenn man statt mit offenen Ohren und Herzen mit Ressentiment an Musik herangeht.
@Laurenz Kambrück: Vollkommene Zustimmung - fast! Denn der vorletzten Absatz Ihrer großartigen Antwort beschreibt - zum Glück! - mehr und mehr die Vergangenheit, nicht die Gegenwart. Augsburg und seine minderbegabten Spießgesellen sind zunehmend einsame Loser, die aktuelle Rezeption von Lenas neuem Album beweist es ja. Es besteht also Grund zur Zuversicht. :-)
“Millionen Fliegen können sich nicht irren” oder wie? Ich hätte den Text zwar so nie geschrieben, aber da bin ich doch gern "minderbegabte Spießgesellin" und tue auch alles dafür, dass die nicht aussterben! Ich habe auch keine Sorge, dass das passiert, denn es wird immer neugierige Menschen geben, die sich nicht mit dem begnügen, was ihnen vor die Nase gesetzt wird, sondern selber mehr entdecken wollen - nur richten sich leider die Massenmedien gern nach den größten Scheißhaufen, damit auch die Quoten stimmen. Das geht mit dem Verlust des kulturellen Spektrums einher, was Sie offenbar begrüßen.
"Das geht mit dem Verlust des kulturellen Spektrums einher, was Sie offenbar begrüßen."
@Popkontext: Meine Polemik, deine Polemik - geschenkt. Aber ein Minimum an Lesekompetenz sollte doch leidlich ausreichen, um zu erkennen, was ich gemeint habe. Wenn Sie sich mit meiner Invektive angesprochen gefühlt haben, werden Sie schon Ihre Gründe dafür haben. Gemeint habe ich jedenfalls diejenigen, die an Popmusik so ignorant und dünkelhaft herangehen wie Jörg Augsburg. Gehören Sie dazu? Nein? Warum fühlen Sie sich dann angesprochen?
Ich finde, dass der Titel "Stardust" schon noch Hitqualität hat.
Man höre sich nur mal diese Version an:
http://m.youtube.com/#/watch?feature=related&v=hckO_Aimm2M
Ich finde es schön! Aber das hat nicht viel zu bedeuten, denn ich mag auch das Klappern von Stricknadeln ;)
LG
Generell teile ich die Perspektive von Augsburg - ich gehe nur anders damit um. Anstatt polemisch zu werden und zu sagen: Die Masse ist doof, versuche ich die Sachen, die ich interessant finde vorzustellen und so Anregungen zu geben, sich damit zu beschäftigen. Ein kulturelles Spektrum kann nur lebendig bleiben, wenn eben nicht nur für einen Massenmarkt hergestellter Billigschrott für den kleinsten gemeinsamen Nenner, sondern auch anspruchsvollere / andere Sachen vorgestellt werden. Dank Internet gibt es zwar auch einen riesigen Nischenmarkt, aber wenn man sich z.B. die Radiolandschaft anguckt, verstehe ich sogar, dass man die Wut mal rauskotzen muss, Qualität daran zu messen, wann wer ausschaltet, und dass Musik ja nicht auffallen und so stören darf, um die Quote nicht zu gefährden. Dafür steht Hannover in der Tat (symbolisch) - die Heimat des deutschen Spießers, der seine Welt im Übrigen auch für die einzig richtige hält und dabei nicht minder maßlos arrogant ist als Herr Augsburg.
Ja, schön. Aber es geht eigentlich um Lenas neues Album Stardust, nicht wahr? Hier haben wir ausführliche Rezensionen der einzelnen Songs von ein paar Leuten, die ein bisschen genauer hingehört haben: http://www.lenaisten.de/category/flash-blog/
Ich bin nicht der Image-Beaufrtagte der Stadt Hannover, aber mich würde schonmal interessieren, wie man dazu kommt, ein ganze Großstadt mit nur drei despektierlichen Adjektiven angemessen beschreiben zu wollen??
Darum gehts in dem Artikel aber doch gar nicht, das Lena-Album ist doch nur der Aufhänger.
@Popkontext: Ach so, und Ihnen geht es auch nicht um das Lena-Album, aber dass es unter "Hannover" korrekt subsumiert sei, ist auch Ihre Position? Dann war es ja um so dringender geboten, dem mal entgegenzutreten. ;-)
Ich habe selber sehr lange in Hannover gewohnt - und mich da sogar wohl gefühlt - weil es glücklicherweise nicht so schlimm ist wie sein Ruf und groß genug, dass es auch jenseits der Spießigkeit durchaus kulturell interessierte Szenen auch für Neugierigere gibt, auch wenn sie eben nicht mit Großstädten wie Hamburg oder Berlin vergleichbar ist.
Aber um diesen *Ruf*, um das Image geht es halt - und da gibt es den schönen Spruch "Nichts ist doofer als Hannover." Das Image der Stadt ist dadurch geprägt, dass sie eben mit oben genannten Weltstädten mithalten will, aber dann doch zu provinziell dafür ist. Augsburg bezieht das nur auf die Musik, und ich meinte, das ist das Image, was der Stadt generell anhaftet.
Es geht nicht darum, die einzelnen Details zu interpretieren, sondern das Gesamtpaket Lena, und wofür es steht und sich jetzt auch mit dem neuen Album positioniert. Das eben mit dem Image von Hannover gleichgesetzt wird. Mit etwas Lesekompetenz müßte man doch feststellen können, was gemeint ist ;).
@Popkontext: Schon gut, wenn Sie nicht wollen, brauchen Sie sich nicht zu positionieren. Aber ich darf doch davon ausgehen, dass Sie mein letztes Post vollständig gelesen haben?
Mag ja sein, dass manches dumme Image Hannover anhaftet. Nur wo liegt der Sinn, solche Klischees auch noch zu bedienen? Wo liegt der Sinn, dann Lenas Album als "Aufhänger" zu nehmen, um stammtischhaft (der Stammtisch im "richtigen Club" wohlgemerkt) auf die Schenkel zu klopfen?
Ja. Sogar eben nochmal, ist ja nicht so lang. Was soll mir da entgangen sein?
"Was soll mir da entgangen sein?"
@Popkontext: Dies:
"aber dass es unter "Hannover" korrekt subsumiert sei, ist auch Ihre Position?"
Sie stellen ein Paradoxon auf, von dem das der zweite Teil ist, der mit dem ersten zusammengehört und dem widerspreche ich, und sage, dass es in beiden Fällen um ein bestimmtes Image geht, was gleichgesetzt wird.
@Popkontext: Schon gut. Ihre Website haben Sie ja wacker in Szene gesetzt, und ich sehe sie mir gerne mal genauer an. Sollten Sie dereinst eine Rezension zu Stardust dort plazieren, werden Sie damit doch noch meine Frage beantwortet haben. ;-)
Gute Nacht.
Peinlich wie kleinlich sich hier geäußert wird zu diesem großartigen und amüsanten Text von Herrn Augsburg (der im übrigen "Echt" s letztes Album gut fand). Wunderbar auch die Hannover-Definition! Herr Augsburg, danke! Und wer solche langen Kommentare schreibt hat einen an der Waffel und zu viel Zeit.
Wer anderen vorwirft, einen an der Waffel zu haben, ist meist ganz schlecht bewaffelt. Wer Kommentare doppelt schreibt, ist ....
In einem Punkt gebe ich Herrn Augsburg recht: Jemand sollte sich für eine so schlimme Band wie die Scorpions, entschuldigen! Ich weiss nur nicht, ob es unbedingt die Stadt Hannover sein muss.
Da haben Sie es, pars pro toto, dem bösen Musikbusiness aber mal wieder richtig gegeben. Steigert das die credibility in den eigenen Kreisen ?
Dann würde ich sagen: "Nichts ist so dermaßen wohfeil, wie das Hannover-Vorurteil!"
Wenn man anderen Peinlichkeit vorwirft und gleichzeitig das Paradebeispiel dafür ist.. Putzig.
Ich bin hoffnungsfroh, dass die Karriere diese Schlagertante ungefähr so verlaufen wird.
1. Platten, die sich immer schlechter. Immer leerere Konzertsäle.
Jämmerliche Talkshowauftritte, die streng nach der Angst riechen, in Vergessenheit zu geraten.
2. Signierstunden in Möbelhäusern.
3. Auftritt in schlechten Musicals.
4. Veröffentlichung eines Buches über die harten Gesetze im Showbiz.
5. LML verschwindet im Aufmerksamkeits-Nirwana.
5. Auftritt in der "Stern"-Rubrik "Was macht eigentlich.."
Sorry!
Statt "Platten, die sich immer schlechter"
natürlich: "Platten, die sich immer schlechter verkaufen!"
Finde ich langweilig, auf Lena Meyer-Landrut einzuschlagen. Und dann noch diese uralte Pop-Philosophie zu bemühen, die sich aus der Definition von "Richtigem" und "Falschem" speist. Das ist 1982er-Popjournalismus-Diskurs, der damals eine zeitlang Sinn machte, um dem 'erwachsenen' Feuilleton den intellektuellen Zugang zur Geheimwissenschaft Popmusik zu versperren. Heutzutage diese mit nichts unterfütterten Richtig/Falsch-Handlungsanweisungen, die bei einer Sekunde Nachdenken sofort in sich zusammenfallen ("richtige" Städte", "richtige" Clubs, "richtige" Plattenläden, "richtige" Musikblogs), breitzutreten - selbst als ironisches Statement - ist doch recht armselig. Da traue ich Ihnen, Herr Augsburg, aber mehr zu.
Zeitnah schlage ich mit "Bück dich hoch" zurück.
"... auf Lena Meyer-Landrut einzuschlagen ..."
Treffend ausgedrückt, zudem auf völlig unsachlicher Ebene, weitab irgendeiner musikfachlichen Analyse, die den Autor ja vielleicht auch überfordert hätte.
Dabei ist gerade Lena nicht nur musikalisch sondern auch persönlich das beste Gegenbeispiel zu seinen selbstgerechten Thesen über Castingshows und die Folgen von Kommerzialisierung.
Das Schwadronieren über die fehlende "musikalische Sozialisierung" im "richtigen" Umfeld entlarvt die Kleingeistigkeit: Das "Richtige" kennen nur Auserwählte wie er selbst, alles andere wird ausgeblendet, alle anderen sind doof.
An wirklichen Argumenten oder Belegen fehlt es also völlig, aber weil nicht sein kann, was nicht sein darf, wird eben das Niveau auf Bildzeitungsebene gesenkt, und damit passt alles wieder, irgendwie ...
@Lebowski,
Junge, das Mädel ist wohl der Traum deiner schlaflosen Nächte. Und weil sie das nie mitbekommen wird, strickst du jetzt an einem umfassenden Katalog der ultimativen Strafen, um sie wieder aus deinem Hirn zu vertreiben. LOL
Ich sollte an dieser Stelle dann vielleicht doch nochmal erläutern, dass "richtig" hier keinesfalls im Sinne "wahr/falsch" gemeint ist, sondern im Sinne von "überhaupt existierend". Dass also Fans dieser absolut uninspirierten Musik so etwas nicht kennen.
Was übrigens an dem Fakt nichts ändert, dass es in der Tat "richtig" und "falsch" in der Popmusik gibt. Das mag man vielleicht als altmodisch bezeichnen. Aber das juckt mich nicht die Bohne.
Und was bedeutet für Sie "richtig" / "falsch" - ästhetische Distinktion, Vermarktungsumfeld, Massentauglichkeit? Ich würde behaupten, das ist sehr schwer klar zu unterscheiden.
Das ist ein wenig zu komplex für mal eben hinnotiert. Es ist ja, genau genommen, die Urfrage der Popkritik überhaupt. Die Einschätzung ist ja auch nicht statisch, sondern immer ein Prozess mit sehr vielen Faktoren. Wobei ästhetische Distinktion aber sicher ganz oben auf der Liste steht.
Noch zwei kurze (verkürzte) Anmerkungen:
Massentauglichkeit und Popmusik schließen sich nicht etwa aus, sondern bedingen sich. Es ist natürlich immer eine Frage der "Masse"-Definition.
Was für mich konkret "falsch/richtig" ist, erschließt sich (so hoffe ich) in den Texten, die ich schreibe. Zum Beispiel auf ganz unzweideutige Weise in diesem hier.
Für den Auskenner des Monats ein beliebtes Filmzitat:
"Sie benehmen sich, als wäre Borniertheit eine Tugend!"
Ihre Behauptungen über die Musikkenntnisse von Menschen, die Lena gut finden, entbehren ja eh jeder Grundlage.
I hope I die before I become Jörg Augsburg.
Das gibs doch gar nicht, dieser Arikel, dieser Verfasser...ugh
Man fragt sich allerdings auch, wes Geistes Kind die Redaktionsleitung sein muss, die so einen Kalter-Krieg-Veteran im Jahr 2012 über Pop schreiben lässt. Irgendwie gruselig.
zum 1. Mal in meinem Leben mag ich Lena Meyer Landruth
Von einem umgekehrten Bruder im Geiste des Herrn Augsburg ist übrigens dieses Zitat überliefert:
"Der Rock´N´Roll ist die brutalste, abartigste, heimtückischste, lüsternste und, ehrlich gesagt, schlicht obszönste Ausdrucksform...ein widerlich stinkendes Aphrodisiakum...die Tonspur eines jeden jugendlichen Straftäters dieser Erde."
Frank Sinatra, 1957
Was übrigens an dem Fakt nichts ändert, dass es in der Tat "richtig" und "falsch" in der Popmusik gibt. Das mag man vielleicht als altmodisch bezeichnen.
Wenn Sie der Ansicht sind, dass es richtig/falsch in der Popmusik gibt ("Fakt"), dann sollten Sie meiner bescheidenen Meinung nach vielleicht mindestens Begründungen liefern, die über ein Hannover-ist-falsch-weil-da-die-Skorpions-etcpp-herkommen, hinausgehen. Sowas ist pillepalle und nichtssagend, egal in welchem Zusammenhang.
Ich finde es mittlerweile sowieso zunehmend unangenehmer, wenn Autoren meinen, die eigenen vagen Eindrücke in die Allgemeingültigkeit hochschreiben zu müssen, nur weil im Journalismus die Ich-Form verpönt ist.
Ist Lena Meyer-Landrut für die Musik das, was ein beliebiger Journalist für die Literatur ist? Schnell bedeutet meist leicht, nicht nur die Bauweise sondern auch die Muse betreffend.
Köstliche Unterhaltung. Während der Artikel sich in einem unfairen, zudem schlappen und wenig treffsicheren Kick gegen das Schienbein übt, landen die Kommentare eine Gerade nach der anderen auf die Kinnspitze.
Boah, endlich mal wieder ein amüsanter thread. Danke für den Anlass.
Und soviele frisch und extra angemeldete Kommentatoren! Jungs, schickt doch mal Eurer süßen, kleenen Popmieze einen Link, damit sie sieht, dass Ihr sooo starke Beschützer seid.
@goedzak
Ach nööö, dieser amüsante thread hat schon genug Aufmerksamkeit bekommen.
;)
wenn nichts hilft dann helfen verschwöhrungstheorien
Für einen derart unsachlichen Artikel haben sich einige Kommentatoren viel Mühe gegeben, im Detail zu kontern. Und diejenigen, die sich auf Polemik reduzieren, zahlen ja nur mit gleicher Münze.
Immerhin hat der Autor bereits Versuche einer Entgegnung unternommen, deren Quintessenz leider im wesentlichen auch wieder nur lautet, dass alles zu kompliziert und umfangreich sei, um es an dieser Stelle zu erklären.
Im Artikel hätte er die Möglichkeit gehabt, der ist ja lang genug mit seinen abseitigen Exkursen, wo ein paar echte Begründungen seines Standpunktes gut getan hätten.
So jedenfalls zeigt sich darin eine für mich neue Qualität von Borniertheit, die ich - jedenfalls so unverhohlenen vor sich her getragen - bisher eher aus der Politik kannte.
Wenn das hier der erste amüsante Thread seit langem ist, habe ich es ja genau richtig gemacht.
Und danke für die Fünftklässler-Polemik, von der ich mich jetzt wohl auch angesprochen fühlen soll. ;-)
Dass mancher lieber unter seinesgleichen bleibt, ohne lästige Störung seiner Selbstbeschau, wird ja schon im Artikel deutlich, wobei die "Neuen" mit ihrer Kritik offensichtlich nicht allein stehen.
Das Sinatra-Zitat weiter oben (@Rudi Daffke) sollten Sie übrigens nicht überlesen.
Das Sinatra-Zitat passt nun in dem Kontext gar nicht. Sinatra war damals Mainstream und war nur auf den neu aufkommenden neuen Stil, der ihn obsolet machen würde / machte, sauer. Lena ist nix neues, kein neuer Style, schon gar nicht revolutionär wie Rock'n'Roll. Das ist moderner Mainstream vs. elitäre Szene, die sich unabhängig von den Lena Maier Landruths dieser Welt häutet.
Das Prinzip Lena Meyer-Landrut, ist das Prinzip ,“wer kennt wen“. In Postmodernen Zeiten, normaler Alltag.
@Popkontext: Das Sinatra-Zitat passt besser, als Sie glauben. Die Parallele besteht in der geifernd in Szene gesetzten Weigerung, das Andere in seiner Eigenqualität zur Kenntnis zu nehmen. Laurenz Kambrück hat es bereits präzise benannt: Jörg Augsburg schreibt über eine Künstlerin, die er gar nicht kennen will, die er vollständig abtun will, ohne auch nur das geringste über sie und ihren musikalischen Background zu wissen. (Bezeichnend für seine vollständige Ignoreanz ist seine Behauptung, Lena fehle eine musikalische Sozialisierung; dass eine solche Beleidigung der Intelligenz der Leserschaft unter dem Freitag-Label erscheint, bedeckt letzteres mit Schmach und Schande.) Aber er begnügt sich nicht mit verächtlicher Herablassung gegenüber Lena, nein, er dehnt sie auf diejenigen aus, die Lena gut finden, obwohl er über letztere genauso vollständig ahnungslos ist wie über erstere. In dieser erbärmlichen Kombination aus totaler Ignoranz und idiosynkratischer Ablehnung besteht die frappierende Ähnlichkeit zwischen diesen beiden in Verbohrtheit erstarrten Hardlinern von scheinbar gegensätzlichen Polen.
"Ich finde es mittlerweile sowieso zunehmend unangenehmer, wenn Autoren meinen, die eigenen vagen Eindrücke in die Allgemeingültigkeit hochschreiben zu müssen, nur weil im Journalismus die Ich-Form verpönt ist."
Also wenn ich mich an meinen Deutschunterricht richtig erinnere, dann wurde es damals als schlechter Stil bezeichnet, permanent Leser darauf hinzuweisen, dass man seine eigene Meinung kundtut, indem man in der Ich-Form schreibt und seinen Sätzen Redewendungen wie "Ich bin der Ansicht" oder "Meiner Meinung nach" vorwegstellt. Natürlich ist das Geschriebene hier Jörg Augsburgs eigene Meinung und nicht das Wort Gottes.
Danke, dass Sie in Ihrem Kommentar die Ich-Form gewählt haben.
Nee, mal Scherz beiseite: Mir geht es nicht darum, dass man permanent darauf hinzuweisen sollte, 'nur' seine Meinung kundzutun. Mir geht es darum, dass die permanente und unbedingte Vermeidung, die eigene Person direkt in einen Text einfließen zu lassen (Ich-Form), dazu verleiten kann, etwas zu verallgemeinern was nicht unbedingt verallgemeinert gehört, was man sich also vielleicht nur selbst mehr oder weniger gefühlt aus den Fingern gesogen hat. Verallgemeinert formulierte persönliche Ansichten führen dann in der Folge häufig dazu, dass ihnen im Text ein Begriff oder Branding verpasst wird, um ihre Richtigkeit zu unterstützen. So wie es im Text die "Hannoverisierung" darstellt (wobei es auch sein kann, dass dieser Begriff in der Einleitung vom zuständigen Redakteur hineinredigiert wurde). Manchmal reicht das Branding nicht aus, dann wird gleich ein Trend kreiert, oder beides: 'Die fortschreitende Hannoverisierung der deutschen Popmusik', oder so. Und schon ist ein kleines Monster von der Leine gelassen. Solche Mechanismen kann man vermeiden, wenn man ab und an auch mal zugibt, nur aus dem Bauch heraus etwas zusammengereimt zu haben. Gerade bei abenteuerlichen Behauptungen würde es die Überhitzung eines Textes wohltuend zurückfahren. Ich würde es Erdung nennen.
dass mal jemand ohne zu relativieren so unverblümt über diesen radiomist abkotzt ist leider geil! lena und hannover sind ja nur der aufhänger. und wer sich darüber aufregt sollte bedenken, dass es nur eine ganz kleine rache ist, angesichts der täglichen körperverletzung, die normales dudelradio sensiblen ohren antut.
"... eine ganz kleine Rache ..."
Vielen Dank für diese ausgezeichnete Kurzcharakteristik des Artikels.
@Wahr
Jörg Augsburg schreibt hier eine Polemik und da kann es überhaupt nicht die Gefahr einer "Überhitzung" geben, da es nunmal der Zweck einer Polemik ist, ordentlich auf die Brause zu hauen und Tacheles zu schreiben.
Übrigens steht LML ja nur als pars pro toto für das Pop-Biz Elend. Wer mal 2 Stunden bei vollem Bewußtsein EinsLive angehört hat, weiß, wovon ich rede.
Pars pro toto? Lachhaft. Der Text ist konkret. Es geht konkret um Lena Meyer-Landrut. Ja, es gibt gegenteilig sogar ein Totum pro parte: Hannover. Und er entblödet sich nicht, das als Argument gegen sie anzuführen.
ich konnte mich am ende doch noch erinnern, wie der song hieß, der mir beim lesen des artikels wieder einfiel. ich spring mal gleich zu der stelle:
http://www.youtube.com/watch?feature=player_detailpage&v=iOFKU_hwj2o#t=76s
Der Artikel über Lenas neue Scheibe ist jetzt seit fast einer Woche beim "Freitag" nachzulesen, die wundervolle und sachkundige Hommage an den soeben verstorbenen möglichersweise größten deutschen Komponisten der Nachkreigszeit Hans Werner Henze war bereits am nächsten Tag wieder weg - unkommentiert.
Muss man mehr sagen?
Das Werk von Hans Werner Henze ist eben auch deutlich weniger Verriss-tauglich. Ich vermute auch, dass selbst, wenn es Kritik gäbe, die Fan-Gemeinde deutlich weniger Beleidigungs-sensitiv wäre. ;-)
Keine Verrisstauglichkeit? LOL Will sagen: An Henze traut sich Augsburg nicht ran, das geht wohl über seine "Strickmuster" (um sein frauenfeindl. Sujet vom Anfang des Artikels aufzugreifen). Dabei hat über Henze und seinen Erfolg die "Avantgarde" (also die mit der zeitgeistig vermeintlich "richtigen Musik-Sozialisation") ähnlich die Nase gerümpft wie es Kleingeist Augsburg hier versucht, wenn auch auf anderem Niveau, freilich. Von wegen fehlende Verrisstauglichkeit ein Zitat von Lachenmann über Henze, beispielshalber: „Es ist noch lange nicht gesagt, dass einer in der Tradition wurzelt, bloß weil er darin wurstelt.“ Aber das weiß Augsburg nicht. Na ja.
Ach Herr Kambrück, jetzt wird ihr Eiferertum aber doch ein bisschen lächerlich.
Leider noch immer kein Versuch einer Auseinandersetzung des Autors mit der sehr teils sehr klaren und fundierten Kritik (wie z.B. gerade v. Laurenz Kambrück). Wozu statt dessen vorwurfsvolle Platitüden?
Eiferertum? Welch ein Eigentor ...
@EIKEM: Ja, das ist eben typisch für einen autoritären Charakter, der von oben herab verkündet, was gut und was schlecht sei. Eine Auseinandersetzung mit Kritik wäre in seiner Wahrnehmung nur ein Zeichen von Schwäche. Wäre sein Gestus nicht so humorlos und verkniffen, könnte man es geradezu für liebenswert altmodisch halten.
Hätte ich einen Wunsch frei, Herr Augsburg, er wäre, dass Sie mit Frau Meyer-Landrut in einer Talkshow zusammentreffen und ihr face to face erklären, dass sie zwar keine unsympathische Person sei, ihre Herkunft und ihre falsche musikalische Sozialisation aber leider unverzeihlich seien. Ich gäbe einiges darum, das mit eigenen Augen zu sehen.
So, auch wenn es unsympathisch ist, mit der eigenen Sozialisation anzugeben, will ich mich mal den Gepflogenheiten anpassen, hier ein paar Eckdaten aus meiner: a. früher Connaisseur der Ur-Hamburger Schule (Cpt. Kirk &, Kolossale Jugend, Blumfeld usw.); b. drei meiner all-time heroes: Mark E. Smith, J Mascis, Bob Mould; c. großer Fan der besten und leider völlig unbekannten deutschen Punkband „EA 80“. e. „Spex“-Leser seit ca. ’88. Das alles geht unter auskennerischen Menschen wohl als „richtig“ durch. Aber verflixt nochmal, ich halte LML für eine der größten Pop-Hoffnungen dieses noch jungen Jahrhunderts. Was nun, Herr Augsburg?
Zur Beruhigung: In meiner Plattensammlung befanden sich auch schon vor LML genug Alben, die unter auskennerischen Menschen todsichere No-Gos sind. Zum Beispiel eine große Auswahl von Prog-Rock-Platten von King Crimson über Rush bis Porcupine Tree (das geht ja mal gar nicht, nicht wahr?), eine kleinere Auswahl an immer wieder gern gehörten Metal-Jugendsünden, und neben wohl gerade noch okayen Singer-Songwriter-Kram auch eine Menge nicht satiskationsfähigen Mainstream-Pop.
Das mit dem Richtigen und Falschen ist eine komplizierte Sache? Ach, lassen Sie’s gut sein. Ick weeß Bescheid, ich kenne die Diskurse. Ich lese manchmal auch „testcard“ und so’n Zeugs. Meine Liebe zu populärer Musik führt auch an dem Geschwafel der Pop-Platzhirsche nicht vorbei, und manchmal schreiben die ja auch durchaus Vernünftiges. Ein paar – Sie haben es selbst konsterniert festgestellt – haben sogar schon gemerkt, dass LML großartig ist (wenn die popkulturellen Antennen noch intakt sind, führt an der Erkenntnis auch kein Weg vorbei).
Ich bin auch nicht gegen ästhetische Distinktion. Man kann und soll Richtiges von Falschem unterscheiden, und streiten für das Wahre, Schöne und Gute. Die Nischen jenseits des Mainstreams gehören gehegt und gepflegt, ein Musikfan, der sich auskennt, sollte mit Leidenschaft für sie eintreten (ich selbst werbe im Bekanntenkreis leidenschaftlich für die Schweizer Künstlerin Sophie Hunger – kostet weniger Mut als für LML). Nur: Damit ich jemanden abnehme, dass es ihm ernst ist damit, gilt eine Bedingung: dass er nicht in Schubladen denkt oder zumindest in der Bereitschaft lebt, die Schubladen auszukippen. Dass er weiß, dass der „Mainstream“ eine soziale, keine ästhetische Frage ist, die für die Bewertung von Musik keine Rolle spielen darf.
Dass ich LML entdeckt habe, verdanke ich dem Zufall, zur richtigen Zeit den Fernseher eingeschaltet zu haben. So kam ich in Kenntnis ihrer Auftritte bei "Unser Star für Oslo", die mich annehmen ließen, ich hätte mich in eine Avantgardepop-Sendung verirrt, die ein einziges Feuerwerk an Spielfreude waren, an unbändiger Interpretations-, Improvisations- und Imitationslust, die Frau wirkte wie ein Schwamm, der das halbe Stilrepertoire der Popgeschichte in sich eingesaugt und wie auf Knopfdruck aus sich rausschleudern konnte (Anspieltipp: der „Diamond Dave“-Auftritt vom 16.2.2010). Seitdem begleite ich LMLs Weg mit Sympathie und Neugierde, war auch bereit, ihr über zwei qualvoll lange ESC-Jahre und zwei ihre Möglichkeiten kaschierende Raab-Alben zu folgen, und bin nun glücklich, dass sie mit ihrem ersten selbstverantworteten Album und ihrer ersten eigenen Band anfängt, das Versprechen einzulösen, das sie mit ihren frühen Auftritten gegeben hat – überzeugt, dass das erst der Anfang der Reise ist und dass da noch viel mehr möglich ist.
Verlange ich nun, dass Sie meine Begeisterung für LML teilen? Durchaus nicht. Aber die Art und Weise, wie Sie hier eine junge Künstlerin zu einem Nichts degradieren, ist solcherart, dass ich Ihnen ein idealistisches Anliegen nicht abnehme. Wenn LML wirklich so belanglos ist, wieso verwenden Sie so viel Mühe darauf, mit Kanonen auf Spatzen zu schießen? Offenbar verbirgt sich hinter Ihrer Aufwallung ästhetischen Ekels doch das Gefühl einer latenten Bedrohung. Solange LML im ESC-Kosmos war, ließ sie sich leicht ignorieren. Jetzt, wo sie mit Leuten zusammenarbeitet, die auch unter auskennerischen Menschen an der Peripherie von „credibility“ kratzen, jetzt muss umso dringender verkündet werden, dass die junge Frau bitteschön draußen zu bleiben hat. „Pseudo“ bleibt „Pseudo“, da hilft alles nichts. Zur Begründung reichen ein paar fade Witzchen über Hannover, Scorpions und Kunze – da ist der Applaus der Peergroup so sicher wie für den Kabarettisten, der nur „Guido Westerwelle“ sagen muss, damit die Leute kichern. Mit der Verteidigung des Guten, Wahren und Schönen hat das gar nichts zu tun. Es ist nur Ihr erstarrtes ästhetisches Koordinatensystem, das durch jemanden wie LML offenbar arg in Bedrängnis gerät (und Starrsinn ist nicht "altmodisch", sondern zeitlos). Die junge Frau soll draußen bleiben, weil sie nicht den richtigen Stallgeruch hat. Das ist die ganze schnöde Wahrheit.
@Norman: Gut gebrüllt, Löwe, aber Jörg Augsburg degradiert hier niemanden zu einem Nichts außer allenfalls sich selbst. Man sollte die feuchten Träume ranziger Musikjournalisten nicht für bare Münze nehmen.
Ich hätte da noch ein kleines subtiles Update. So als ob die UNESCO Herrn Augsburg noch einen Tiefschlag verpassen wollte so hat sie grade Hannover zur 'City of Music' erhoben. Auch, man höre und staune bei der Bewerbung, wegen Lena Meyer-Landrut, Fury in the Slauterhause, Heinz Rodolf Kunze und den Scorpions: https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/hannover_weser-leinegebiet/Hannover-ist-UNESCO-City-of-Music,cityofmusic106.html https://e-government.hannover-stadt.de/lhhSIMwebdd.nsf/5A7DCAB814C90179C1257C850029D659/$FILE/0394-2014_Anlage1.pdf
ich schau hier grad über @coura´s schulter,
bin 12 jahre und mag lena,
"musikkritiker" pardon: blabla
nix von zielgruppe wissen?
grüße hanna aus berlin