Gegen die Eierisierung des Abendlands!

Gender Wenn eine AfD-Frau zu einem „Frauenmarsch“ ruft, kommen mehrheitlich Männer, „die noch Eier in der Hose haben“
Ausgabe 08/2018
Nur wenige Eier haben bis zu Abschlusskundgebung vor dem Kanzleramt durchgehalten
Nur wenige Eier haben bis zu Abschlusskundgebung vor dem Kanzleramt durchgehalten

Foto: Rolf Zöllner/Imago

Vor drei Jahren, also „vor Köln“, war doch noch alles gut: keine Geflüchteten, keine Gewalt gegen Frauen. So kurz, so schlicht dachten wohl die 500 Menschen, die am vergangenen Wochenende einem Aufruf des AfD-Mitglieds Leyla Bilge folgten. Die hatte in Berlin eine Demonstration „gegen die Freiheitsberaubung der Frauen in Deutschland wegen falscher Asylpolitik der Bundesregierung“ angemeldet, die von Kreuzberg zum Kanzleramt führen sollte. In Bilges Aufruf hieß es: „Jeder normal denkende und mit offenen Augen durchs Leben gehende Mensch sieht, wie sich unser Leben dank angeblicher ‚Flüchtlinge‘, welche unsere Religion und unsere gesellschaftlichen und kulturellen Werte verachten, zu einem Moloch aus Brutalität und sexuellen Übergriffen bis hin zu Mord rückentwickelt.“ Man müsse „für den Fortbestand unseres Landes ... kämpfen“, so Bilge weiter.

„Frauenmarsch“ hieß der Euphemismus für diesen mehrheitlich von Männern besuchten Aufzug, die mit Deutschlandflaggen die „Islamisierung stoppen“ und „Meinungsfreiheit wiederherstellen“ wollten. Auch Jürgen Elsässer hatte in seinem rechtspopulistischen Compact-Magazin zur Teilnahme an der Demo aufrufen lassen, gespickt mit fragwürdigen Zitaten eines fragwürdigen „Bürgerrechtlers“:

„Bro’s, wir brauchen euch am 17. Februar in Berlin. Unsere Frauen demonstieren am Samstag gegen die Vergewaltigungen und die Gewalt der Migranten. Sie sind den angreifenden Antifahorden schutzlos ausgeliefert, die zur Gegegendemo: ‚Für Gewalt gegen Frauen‘ aufrufen.“ Der Aufruf gehe an alle Männer, „die noch Eier in der Hose haben“. Das tatsächliche Motto der Gegendemonstration war allerdings: „Nicht in unserem Namen! Kein Feminismus ohne Antirassismus“. Nach 700 Metern, beim Checkpoint Charlie in Berlin-Kreuzberg, stoppten etwa 900 Gegendemonstrierende den Marsch.

Das hielt die rechten Hetzer nicht davon ab, am Abend vor dem Kanzleramt eine Abschlusskundgebung zu veranstalten. Wahrscheinlich fühlten sie sich wohlig in ihrem Weltbild, allseits an der freien Meinungsäußerung gehindert zu werden, bestätigt. Die Initiative 120db, die sich als „der wahre Aufschrei“ bezeichnet und ebenfalls für Bilges Frauenmarsch warb, schreibt auf ihrer Webseite: „Dass die Thematisierung von Zuwanderergewalt gegen Frauen wichtig und richtig ist, beweist uns schon der Gegenwind, dem wir bislang ausgesetzt sind.“ Bestechende Logik. So kann man jeden Einwand als Bestärkung der eigenen Position lesen.

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