Corona-Politik aufarbeiten? Ja, gerne: Aber doch nicht nur Schulschließungen
Pandemie Es wird jetzt viel über eine „Aufarbeitung der Corona-Politik“ gesprochen. Aber sind wir uns darüber klar, was genau abseits von einzelnen Maßnahmen wie Schulschließungen aufgearbeitet werden soll?
Während des Corona-Lockdowns waren sogar Parkbänke gesperrt
Foto: Rolf Kremming/Imago Images
Bevor es zu irgendeiner Art von Aufarbeitung der Corona-Politik kommen kann, wie sie derzeit gelegentlich in den Medien auftaucht, müsste zunächst geklärt werden, was denn Gegenstand dieser Aufarbeitung sein soll. Eine Aufarbeitung, die sich auf einzelne Maßnahmen bezieht und danach fragt, wo wir zu streng waren oder auch wo zu nachlässig, eine solche Aufarbeitung bleibt nicht nur an der Oberfläche, sie ist selbst noch Symptom dessen, was eigentlich aufzuarbeiten wäre: Und dies ist nichts Geringeres als die Tatsache, dass wir in der Corona-Pandemie grundsätzliche Erschütterungen dessen erlebt haben, was unser liberal-demokratisches Zusammenleben ausmacht.
Für diese Erschütterungen sind einzelne im Rückblick sich als falsch erwiesen
deiner Art von Aufarbeitung der Corona-Politik kommen kann, wie sie derzeit gelegentlich in den Medien auftaucht, müsste zunächst geklärt werden, was denn Gegenstand dieser Aufarbeitung sein soll. Eine Aufarbeitung, die sich auf einzelne Maßnahmen bezieht und danach fragt, wo wir zu streng waren oder auch wo zu nachlässig, eine solche Aufarbeitung bleibt nicht nur an der Oberfläche, sie ist selbst noch Symptom dessen, was eigentlich aufzuarbeiten wäre: Und dies ist nichts Geringeres als die Tatsache, dass wir in der Corona-Pandemie grundsätzliche Erschütterungen dessen erlebt haben, was unser liberal-demokratisches Zusammenleben ausmacht.FXX-replace-me-XXX252;r diese Erschütterungen sind einzelne im Rückblick sich als falsch erwiesene Maßnahmen nur das Symptom. Aufzuarbeiten ist daher nicht etwa, dass Kindergarten- und Schulschließungen falsch waren, weil man jetzt mehr weiß als vorher, sondern aufzuarbeiten ist die Tatsache, dass das Wissen, dass sie falsch sind, bereits im April 2020 existierte, dass andere Länder (Schweiz, Dänemark, Schweden) diesem Wissen auch sofort oder sehr bald folgten, aber in Deutschland einzelne Protagonisten der Politik, der Virologie und eine überwiegend einseitige und Diskurs verhindernde Medienlandschaft dafür gesorgt haben, dass dieses Wissen randständig blieb, ja, dass die Botschafter dieses Wissens zum Teil diffamiert wurden.Schwurbler, Querdenker, LeugnerAufzuarbeiten ist die Tatsache, dass Gerichte die Experten ignoriert haben, die jene Evidenz minutiös vortrugen, die heute im Rückblick erlauben, Maßnahmen für falsch zu halten. Aufzuarbeiten ist die Tatsache, dass Institutionen und Vertreter der Wissenschaften nicht öffentlich gegen eine einseitige und unwissenschaftliche Begrifflichkeit von ‚der‘ Wissenschaft protestiert haben. Denn jene Berufung auf ‚die‘ Wissenschaft, von der es jetzt heißt, sie sei damals eben noch nicht so weit gewesen, trat ja damals so auf, als gäbe es weder Dissenz noch Zweifel und als seien Kritiker von Maßnahmen, von denen man jetzt weiß, dass sie falsch oder überflüssig oder ohne jede Evidenz waren, Schwurbler, Querdenker und Leugner.Aufzuarbeiten sind nicht einzelne Übertreibungen selbst, wie von Parkbänken vertriebene ältere Damen oder polizeilich von Schlitten gejagte Kinder, aufzuarbeiten sind solche Übertreibungen als Symptom auch dafür, dass das Empfinden für Verhältnismäßigkeit und Maß sowie für mögliche Kollateralschäden unter dem öffentlichen Druck der Medien und der einseitig beratenen Politik ausgefallen ist bzw. unterdrückt wurde.Corona und die MedienAufzuarbeiten ist die Tatsache, dass Instanzen und Institutionen, die eine demokratische und liberale Gesellschaft zu ihrer eigenen Aufrechterhaltung und zur möglichst intelligenten Lösung von Problemen aufbieten kann, Parlamente, Diskursvielfalt, unabhängige Gerichte, Universitäten, Wissenschaften im Plural, Medien im Sinne einer tatsächlich wirksamen vierten Gewalt, dass all diese Instanzen weitgehend widerstandslos still blieben oder still gestellt wurden – und zwar so, dass mit einem erstickenden Framing fast jede Kritik, von der man jetzt zugibt, dass sie in vielem recht hatte, als coronaleugnerisch oder querdenkerisch diffamiert ausgeblendet blieb.Aufzuarbeiten sind die Mechanismen, die hier gewirkt haben und die bis heute zum Teil weiter wirken. Aufzuarbeiten ist der gesellschaftliche Umgang mit Kritik und Andersdenkenden und das Versagen auch derer, die auf öffentlich geäußerte Kritik verzichteten.Dass es ein skandalöser ethischer Fehler war, Alte und Kranke allein sterben zu lassen, darüber ist schnell Einigkeit erzielt. Aber warum ist dies widerstandslos hingenommen worden und warum sind, als es Proteste gab, diese in jeder Weise delegitimiert worden? Aufzuarbeiten wird schließlich sein, warum meine 90-jährige Tante noch im Januar 2023 für fünf Tage in ihrem Zimmer isoliert wird, wenn sie das Heim mit einem Besucher für zwei Stunden verlässt, aufzuarbeiten wird sein, warum sich auch um solche Menschenrechtswidrigkeiten niemand zu scheren scheint.
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