Europa - Babylonische Sprachverwirrung? (Teil 3)

Universum im Metaversum? Die Sprache hilft dem Ratlosen - dem ehemaligen Jäger und Sammler - seine Aporie aufzuhübschen mit einfachen Sprachbildern - wie Universum und Metaversum. Gefangen zwischen null und eins bleibt ihm nur der Glaube an seine eigenen Bilder.

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Europa – Babylonische Sprachverwirrung? (Teil 3)

„Das in eins Gewendete“ als wörtliche Herleitung des lateinischen Wortes

u n i v e r s u m

ist ein kühner Wortwurf für das chaotische ALLES, das Welt und All und uns gleichzeitig umfassen soll. So machen sich die ehemaligen Jäger und Sammler das Nicht Verstehbare verständlich, wenn sie mit großen Augen in den blinkenden Nachthimmel blicken. Einfach nur Verwirrend . Beunruhigend.

Anders machen es die kleinen Kinder: Beim Sand durch die Finger Gleiten Lassen schauen, summen, kneten, lachen und seufzen sie wohlgefällig, überlassen Raum und Zeit sich selbst und sind so nicht ein abgetrennter Teil von alledem, sondern mittendrin, ganz. Ganz Ruhe, ganz sicher.

Die Großen betrachten mit sehr gemischten Gefühlen dieses Bild, geraten ins Schwärmen und beneiden die Kleinen ob ihres ungebrochenen Selbstbildes im Ganzen: „Ach, wäre man doch nur wie die Kinder!“ Sind sie aber nicht, also bauen sie Schutzdämme gegen diese Selbstgewissheit der Kleinen, in dem sie sie als Vorläufer, als Anfänger, als Nicht-Wissende klein reden und sich selbst – gewissermaßen in der Mitte der Seinsgewissheit, wo man mit Verstand und Reflexion das Chaos in Zahlen, Begriffe und messbare Werte zerkleinert sich denkend verfügbar gemacht zu haben glaubt (als Kronzeuge firmiert dabei die Aufklärung mit ihrem kühnen Selbstläufer: cogito ergo sum) – und sich selbst als Höhepunkt, als Wahrheits-Nadir bewundern.

Der Gipfel scheint nunmehr erreicht, da „alles“ zwischen eins und null zusammengeballt werden kann, für jeden erlebbar als scheinbar virtuelle Wirklichkeit, die aber genau das Gegenteil meinen soll: Im Meta-versum (also über das Uni-versum hinausweisend?) - ein Prometheus, jeder, der sich seine Welt nach seinem Willen schaffen kann. Zahlen und Begriffe stehen ihm willig zu jedweder Deutung parat. Kreator perpetuus. Wären da nicht auf der anderen Seite des Blickfeldes die Alten. Die immer wieder mitleidig lächeln, in sich zu ruhen scheinen wie die Kleinen und einfach die vom Fetisch Wachstum ausgehende Faszination nicht mehr teilen wollen.

Da hilft nur eins: Wegsperren. Die Kleinen möglichst früh in die bunt ausstaffierten Kitas, die alten in die mit abwaschbarem Mobiliar ausgelegten Altenheime, in denen bereits die KI erfolgreich Routineaufgaben übernommen hat, flankiert von menschenähnlichen Geräuschen, die wie Wörter klingen, die Menschen für Menschen erfunden haben. Der sogenannte circulus vitiosus, der jedes Mal beim Nachdenken über das, was ist, den nachdenkenden Menschen in sein Denken einsperrt, scheint damit endgültig hinter den Jägern und Sammlern zu liegen: Die Mitte des Lebens als die Mitte der Welt, der Universum im Metaversum. Endlich angekommen, keine inneren und äußeren Störungen mehr, alles unter Kontrolle.

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Geschrieben von

Johannes Seiler

Alles Erinnern ist Erfinden und alles Erfinden Erinnern

Johannes Seiler

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