Lassen sich Lehren aus Europas Geschichte der letzten hundert Jahre ziehen oder eher nicht

Tyrannen sind Tyrannen. Punkt. Europa muss jetzt unbedingt Einigkeit und Stärke zeigen - alles andere bedeutet nur Zeitgewinn für den Tyrannen, der hämisch grinst, weil die Demokratien eben nichts anderes sind als Bereicherungsfirmen bei gutem Wetter. Leichte Beute so.

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Wie sich die Geschehnisse gleichen!

Da stolpern damals die USA in einen Krieg, den sie gar nicht wollten – in den Zweiten Weltkrieg. Pearl Harbor. Dezember 1941. Und Deutschland – eigentlich materiell, aber auch physisch längst überfordert und die Fronten überdehnt – erklärt den USA den Krieg. Als hätten sie sich nicht schon längst mit dem mörderischen Überfall auf Russland maßlos übernommen. Aber Tyrannen hassen Verluste, Niederlagen wie die Pest. Also einfach den Krieg ausweiten, Gegner täuschen, indem man Verhandlungen führt, die zu nichts führen – außer zu Zeitgewinn für den Tyrannen, seine Truppen neu aufzustellen.

Und heute?

Wie sagt Katja Petrowskaja heute zurecht im Rückblick: Demokratien sind immer schwach Tyrannen gegenüber, wenn sie sich nicht gemeinsam aufraffen und kompromisslos Gegenwehr und zusammen Stärke zeigen.

1939 erklären England und Frankreich zwar Deutschland den Krieg – nach dem Überfall auf Polen; aber was taten sie für die Polen? Nichts. Abwarten. Die Folge: Deutschland überrollt die Benelux-Staaten und Frankreich, England entgeht nur sehr knapp einer Katastrophe in Dünkirchen.

Verhandeln hilft gegen Tyrannen nur aus einer Position der Stärke, schon immer. Natürlich lässt sich die Situation der zwanziger und dreißiger Jahre nicht vergleichen mit heute; was sich aber sehr wohl vergleichen lässt, sind die Handlungsmuster von Tyrannen, für die Verlieren keine Option ist.

Wenn der Putler im Moment andeutet, Gespräche führen zu wollen, so doch nur, um währenddessen neue Kräfte an die Front heranführen zu können, Zeit zu gewinnen, damit er doch noch erreicht, was er eitel glaubte, mit einem Überraschungskrieg über Nacht zu erreichen.

Die Komfort-Zone, in der Westeuropa badet, ist keine zu rechtfertigende Lebenssituation, die vielfaches Morden und Zerstören als Kollateralschaden klein reden darf.

Also muss der moralische Imperativ an diesem 13. März 2022 sein: Europa, handle so, dass gleichzeitig deine Familie am Dnepr weiter leben kann! Ein lebenswertes Leben in Europa lässt sich auch auf einem viel bescheideneren Level glücklich und gesund gestalten. Auf jeden Fall!

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Geschrieben von

Johannes Seiler

Alles Erinnern ist Erfinden und alles Erfinden Erinnern

Johannes Seiler

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