Die Methode Trump

Medien Die AfD muss sich keine Sorgen machen. Ihr ist die Aufmerksamkeit sicher, solange sie das Spiel mit den Provokationen so verwegen spielt
Ausgabe 22/2016
Alexander Gauland weiß es wohl zu provozieren und die AfD im Gespräch zu halten
Alexander Gauland weiß es wohl zu provozieren und die AfD im Gespräch zu halten

Foto: Sven Simon/Imago

Die Katholiken haben – wieder einmal – alles richtig gemacht. Sie haben auf dem Katholikentag in Leipzig der AfD einen Auftritt auf einem ihrer Foren verwehrt. Die AfD-Leute mussten sehen, dass sie ihre Provokationen woanders loswurden. Die Katholiken wurden dafür natürlich auch bestraft. In der FAZ zum Beispiel wurden sie im Leitartikel dafür streng getadelt und der Abschlussbericht zu vier Tagen Leipzig umfasste ganze 102 Zeilen. Hätte die AfD-Vorsitzende Frauke Petry an einem der Foren teilnehmen dürfen, wären die Journalistern pulkweise dorthin gelaufen, auch wenn andere Foren zur selben Zeit mit Nobelpreisträgern, Friedenspreisträgern und sonstigen Zelebritäten besetzt gewesen wären.

Die FAS immerhin hielt sich schadlos, indem sie dem brandenburgischen AfD-Vorsitzenden Alexander Gauland ohne jeden Anlass – kein Parteitag, keine Wahlen – mit einem Gespräch präsentierte. Hier formulierte er seine Boateng-Expertise und beherrschte damit für die folgenden Tage einen Teil der Medien: erst empört, dann zerknirscht, dann medienkritisch. Parteifreunde taten es ihm nach und also war die AfD wie gewünscht in aller Munde. Petrys böser, für den Katholikentag präparierter Satz, der das Flüchtlingsthema von heute mit der Ablasspraxis von vor fünfhundert Jahren zusammenbrachte (Tenor: schlimme, schlimme Kirche) deutet an, was von Leipzig berichtet worden wäre, wenn die AfD Teil des Katholikentages geworden wäre. Was sie vorbringt, ist zwar Schwachsinn, hat aber Methode.

Es ist die Methode Trump. Sie hat einen superreichen Narren bei den Republikanern zum Sieger der Vorwahlen für die amerikanische Präsidentschaft werden lassen, was noch vor einem halben Jahr niemand für möglich gehalten hätte. Sie hat längst Nachahmer gefunden. Der Londoner Bürgermeister Johnson, der Anführer der Brexit-Bewegung in England, hat EU-Brüssel mit Napoleon und Hitler gleichgesetzt. Johnson ist ein hochgebildeter Mann, Oxford-Absolvent. Er weiß, dass das Blödsinn ist. Aber er konnte einen ungeheuren Medienerfolg verzeichnen.

Warum nicht, wird er sich gefragt haben. Wie weiter, wird sich Donald Trump fragen und seine Spin-Doctors planen gewiss schon für die Auseinandersetzung mit Hillary Clinton. Die AfD muss sich darüber keine Sorgen machen. Ihr ist Aufmerksamkeit sicher, solange sie das Spiel mit den Provokationen so verwegen spielt. Aufmerksamkeit ist heutzutage ein kostbares Gut. Man kann damit Wählerstimmen erringen und Quoten erzielen. Und das alles unter der Flagge des Dienstes für Dialog und Demokratie. Weiter so?

Der Autor und Journalist Jürgen Busche schreibt in seiner Kolumne Unter der Woche regelmäßig über Politik und Gesellschaft

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