Historische Überlegungen zum kleinen Prince

Nachwuchs Europäische Königshäuser sind mit Thronfolgerinnen gut gefahren. Das Vereinigten Königreich muss nach Elizabeth II. jetzt drei lange Generationen auf ein Mädchen warten
Ausgabe 30/2013

Es ist ein Junge! Eine solche Auskunft ist heute weit weniger bedeutsam als noch vor Jahrhunderten. Die große Frage im Vereinigten Königreich hieß bis zuletzt: Wann kommt das Kind? Jetzt ist es da. Und das Geschlecht hätte beinahe kaum jemanden interessiert. Und schon gar nicht enthusiasmiert. Ein Junge? Wie Prince Charles? Dann doch lieber ein Mädchen wie Lady Di. Oder Elizabeth II. mit ihren Hüten. Schon weniger Victoria mit ihrem übertrieben deutschen Albert.

Außerdem, mit Königinnen sind die Engländer meist gut gefahren. Das durfte auch William Shakespeare erleben. Wir in Deutschland sprechen von der Goethe-Zeit; Engländer hingegen vom Elisabethanischen Zeitalter, wenn sie die Jahrzehnte Shakespeares meinen. Queen Elizabeth I., die immerhin ihre schottische Rivalin Mary köpfen ließ – und seit Schiller hierzulande nur als Maria Stuart bekannt ist –, schlägt den Dichter des Macbeth um Längen. Allerdings ist in dem Stück auch die Rolle der blutrünstigen Lady stärker als die des Titelhelden. Aber genug davon.

Noch mal, es ist ein Junge. Dass die Welt das erst erfuhr, als das Knäblein ins nackte Leben gezogen wurde, verdankt sich der Tatsache, dass die Eltern es vorher selber nicht wissen wollten. Die Ärzte oder Ärztinnen, die sicherlich die Schwangerschaft begleiteten, wussten es, aber sie durften es nicht sagen. Was geschehen wäre, wenn die Urgroßmutter, immerhin die Königin, auf Auskunft bestanden hätte, kann jetzt leider nicht mehr geklärt werden. Hätte sie die auf ihrer Schweigepflicht beharrenden Mediziner in den Tower werfen lassen? Wohl eher nicht. Aber sie hätte sie vielleicht zu einem Diensteinsatz nach Nordirland schicken können. Indes, nichts dergleichen hätte sie wohl getan. Man hätte ihr korrekterweise gesagt, dass heutzutage immer mehr Eltern darauf verzichten, vor der Geburt ihres Kindes über sein Geschlecht unterrichtet zu werden. Die Freude über ein Geschenk, das weiß ja jeder, wird noch gesteigert, wenn damit an dem Tag, da es ankommt, noch eine Überraschung verbunden ist.

Bei den Holländern ist soeben nach mehreren Königinnen wieder ein Junge auf den Thron gelangt. Aber auf ihn, das steht jetzt schon fest, wird wieder ein Mädchen folgen. Auch in den Niederlanden ist man gut mit Königinnen gefahren, auch dort freilich musste manch einer heftig schlucken wegen der Tatsache, dass diese sich am liebsten mit Deutschen vermählten. Aber auch jener Claus, den sich Beatrix nahm, war im Land am Ende wohlgelitten.

Kann man sagen, dass wenigstens in den letzten 200 Jahren die deutschen Prinzgemahle in Europa eine bessere Figur machten als die deutschen Monarchen?

Die Zahl ist dann aber doch zu klein, um eine Regel daraus zu machen. Interessanter für Freunde des Übergreifenden ist die Frage, ob und warum in Europa die seefahrenden Völker an ihren Monarchien festhalten, wohingegen die Nationen der Landtreter die republikanische Staatsform bevorzugen. Die Engländer, die Holländer, die Skandinavier! Die Spanier haben erst ihren König abgeschafft, die Republik verloren sie an eine Diktatur, und damit ihnen solches nicht noch einmal passiere, kehrten sie nach Ende der Franco-Diktatur zur Monarchie zurück. Und es war dann auch der König, der einen Putsch sofort zum Scheitern brachte. So lernen Seefahrer.

Wäre es ein Mädchen geworden, wäre die Begeisterung auf den Inseln kaum geringer gewesen. Allenfalls wäresie mit einem Quentchen Beruhigung vermischt gewesen. Wie gesagt, mit Frauen ist man dort immer gut gefahren. Nach Elizabeth II. wird man nun allerdings drei möglicherweise lange Generationen warten müssen. Worauf? Na, auf ein Mädchen.

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