Immer mit der Ruhe

Syrien Im Eiltempo wurde die Bundestagsdebatte zum Einsatz der Bundeswehr erledigt. Bis dieser tatsächlich beginnt, könnte es allerdings noch dauern
Ausgabe 50/2015
Angela Merkel auf Stippvisitite bei der Truppe
Angela Merkel auf Stippvisitite bei der Truppe

Foto: David Hecker/Getty Images

Elf Stunden debattiert das Unterhaus in London über den Einsatz des britischen Militärs in Syrien. Zwei Stunden nach Ende der Debatte starten die ersten Flieger zum Einsatz. Der Bundestag in Berlin debattiert 77 Minuten. Aber bis die ersten der insgesamt sechs entsandten Tornados über Syrien fliegen, werden wohl noch Wochen vergehen. Das liegt nicht nur an den Flugzeugen, die überhaupt nicht mehr in die Luft steigen können – etwa die Hälfte aller vorhandenen –, das liegt an der Arbeitsweise der deutschen Soldaten. Wer Deutschland angreifen will, muss den Angriff möglichst früh anmelden. Sonst ist die Bundeswehr nicht abwehrbereit und bildet allenfalls ein freundliches Spalier.

Man könnte natürlich den Generalinspekteur oder den Inspekteur der Luftwaffe fragen, warum das so ist und was er eigentlich in seiner Dienstzeit den ganzen Tag lang tut. Aber wenn das etwas nützen würde, hätte es die Verteidigungsministerin längst getan.

Es könnte natürlich sein, dass alles ganz anders ist. Angela Merkel, nachdem sie dem französischen Präsidenten François Hollande die Zusage zur Waffenhilfe in Syrien gegeben hatte, könnte zu ihrer Verteidigungsministerin gesagt haben: „Lass es ruhig angehen, Solidarität ist eine feine Sache. Aber man muss es damit auch nicht übertreiben.“ Und Ursula von der Leyen wird sich in ihrem Ministerium gedacht haben, das brauche ich gar nicht erst anzuordnen. Das kommt von ganz alleine.

Es könnte natürlich sein, dass alles ganz anders ist. Die Kanzlerin könnte zum Präsidenten gesagt haben: „Cher François, ich lasse ein paar von meinen Leuten gerne über Syrien fliegen, aber nicht sogleich. Du weißt, Weihnachten ist der Deutschen liebstes Fest. Da kann ich unsere Soldaten unmöglich kurz vor Heiligabend ihren Familien entreißen. Außerdem: Traditionell verabschieden sich Bevölkerung und Truppen mit der Versicherung: Weihnachten – seid ihr/sind wir – wieder zu Hause. Das wäre doch albern, jetzt, wo wir schon mitten im Advent sind.“ Das alles hätte der Franzose ohne Zweifel verstanden. Freundliches Nicken.

Im Übrigen ist das ein nahezu klassisches Verhaltensmuster. Als die Perser vor 2500 Jahren Griechenland angriffen und die Athener ihre Nachbarn in Sparta um Hilfe baten, antworteten die berühmten Krieger, sie kämen gern, aber zunächst müssten sie noch ein wichtiges religiöses Fest abwarten. So siegten die Athener unter Miltiades in der Schlacht bei Marathon fast allein, nur unterstützt durch das kleine Platäa. Ging auch.

Der Autor und Journalist Jürgen Busche schreibt in seiner Kolumne Unter der Woche regelmäßig über Politik und Gesellschaft

Nur für kurze Zeit!

12 Monate lesen, nur 9 bezahlen

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden