Lasst Christo ran!

BER Was passiert, wenn er doch irgendwann eröffnet wird? Dann geht das Statussymbol der Stadt schlechthin verloren: ein Flughafen, der nicht fertig wird
Ausgabe 10/2017
Besser gar nicht erst auspacken? Dauerbaustelle und Supersymbol BER
Besser gar nicht erst auspacken? Dauerbaustelle und Supersymbol BER

Foto: Jürgen Ritter/imago

Berlin steht Entsetzliches bevor. Nicht sogleich, sondern in unbestimmter Ferne. Dennoch unausweichlich: Der Flughafen Berlin-Brandenburg wird fertig. Damit verliert Berlin ein Stadtsymbol. Köln hat den Dom, München das Oktoberfest. Berlin hatte früher das Brandenburger Tor. Aber nur solange es zugemauert war. Über den bereits nach Willy Brandt benannten Flughafen redet alle Welt nur, solange dort keine Flugzeuge starten.

Wem verdanken wir das? Wir verdanken das vor allem Männern, die nicht mehr da sind. Matthias Platzeck war der Meister im Abrücken. Er war einmal SPD-Vorsitzender. Aber als es der SPD ganz schlecht ging, wurde er krank und trat zurück. Allerdings nicht so krank, dass er nicht Ministerpräsident von Brandenburg bleiben konnte.

Als indes das Flughafen-Desaster krass wurde, trat er krankheitshalber als Regierungschef und Aufsichtsratsmitglied der Flughafengesellschaft zurück. Und blieb doch mit schönen Extras zunächst als Landtagsabgeordneter und später als Chef des Deutsch-Russischen Forums im politischen Geschäft. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit hat vor einiger Zeit das Rathaus und den Aufsichtsrat um eines schöneren Lebens willen verlassen. Sein Nachfolger Michael Müller ist jetzt ebenfalls aus dem Aufsichtsrat geschieden, bleibt aber Regierender.

Muss das immer so sein? Hängt ein Fluch über Berlin? Das nicht immer. Als nach der Hauptstadt-Entscheidung für Berlin der Umzug von Bonn an die Spree quälend lange nicht klappte, holte Kanzler Kohl seinen besten Mann, den Umweltminister Klaus Töpfer, um die Sache als Bauminister zu managen. Der musste dafür – widerwillig – seinen alten Job an Angela Merkel abgeben. In Berlin leistete er großartige Arbeit und wurde bald mit Lob überschüttet. Aber als die wichtigsten Dinge auf den Weg gebracht waren, verzichtete er darauf, in Berlin seine Karriere fortzusetzen, und ging lieber nach Nairobi. Dorthin hätten sicher viele Berliner und Brandenburger auch Platzeck, Wowereit und Müller geschickt. Allein, in Deutschland fürchtete man zu Recht, die Afrikaner zu kränken. Also bleiben die drei hier.

Jetzt haben sich die Sorgen umgekehrt und es drängt sich die Frage auf, wie man das Statussymbol des neuen Berlin, den Flughafen, der nicht fertig wird, erhalten kann. Eine Lösung wäre geradezu ideal. Man bittet Christo, die Baustelle des BER zu verpacken. Da hätten dann alle etwas davon. Das bliebe im Gedächtnis wie der einst von Christo verpackte Reichstag. Das bliebe auch typisch für Berlin, denn das Münchner Oktoberfest ist ja unverpackbar, wie jeder weiß.

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