Es ist ein Sonntagabend im Dezember. Die Kirche St. Ludwig in Berlin-Wilmersdorf ist zum Gottesdienst gut gefüllt. Erwartet wird das Friedenslicht, das heute die Pfadfinder aus Wien herbeibringen. Eigentlich sollten sie schon um 15.30 Uhr da sein. Sagt der Pfarrer. Aber die Bahn, die liebe Bahn! Die Eucharistiefeier wird mit viel Kunst in die Länge gezogen. Gut, dass an diesem Abend der Kirchenchor da ist. Der singt und singt. Die Gemeinde singt auch. Aber endlich muss ein Ende sein. Der Schlusssegen. Die Kirche beginnt, sich zu leeren. Noch einmal singt der Chor: „Wachet auf, ruft uns die Stimme.“ Sie ruft nicht vergeblich. Das Friedenslicht ist doch noch eingetroffen.
Erfahrung: Die Kirche funktioniert besser als die Bahn. In einer Zeit, da es fast schon allgemein üblich geworden ist, vom Niedergang der Kirchen zu sprechen, weil es angeblich keine Kirchenbesucher mehr gibt, hat sich gezeigt, dass der Gottesdienst als Daseinsvorsorge immer noch zuverlässiger ist als der Reiseverkehrsdienst.
Kleine Beispiele bestätigen die großen und erweisen diese als das Übliche. Der Berliner Flughafen, der Stuttgarter Hauptbahnhof, die Hamburger Elbphilharmonie, die Berliner Lindenoper – Versagen überall. In Münster in Westfalen will die Anti-CDU-Mehrheit im Stadtrat jetzt zwei künstlerisch wertvolle Kirchen verkaufen, weil die Kommune klamm ist. Auch das Freiburger Münster ist städtisch. Mal abwarten, wann das zum Verkauf steht.
Immerhin sorgen Versagensfälle in großem Stil für Unterhaltung. Also wieder zurück nach Berlin. Der Flughafenchef Hartmut Mehdorn will nicht mehr. Das ist in dieser Causa so neu nicht. Schon vor ihm wollten die Aufsichtsratsvorsitzenden Matthias Platzeck und Klaus Wowereit nicht mehr. Andere durften nicht mehr, weil sie korrupt oder unfähig waren. Die private Daseinsvorsorge allerdings ist in allen Fällen bestens geregelt. Mehdorn sagt, er sei von den Bestimmern im Aufsichtsrat gemobbt worden. Das nicht hinzunehmen, ist für ihn wohl eine Frage der Ehre. Dabei ging es ihm nicht anders als jedem Fußballtrainer, hinter dessen Rücken die Vereinsspitze mit möglichen Nachfolgern Gespräche führt.
Zuletzt ist das eine Frage des Geldes. Und bei öffentlichen Aufträgen geht es leider nie um das Geld der Auftraggeber. Da lässt sich toll wirtschaften. Der Bischof von Limburg, der jetzt abgesetzt in Regensburg hockt, wurde monatelang als Protzbischof beschimpft und verhöhnt. Dabei hat er nicht entfernt so viel Geld verjubelt wie die Politiker, deren Projekte noch nicht einmal fertig werden.
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