Staatsgegner in Uniform

Rechtsextremismus Nach dem Auffliegen eines rechtsradikalen Offiziers hat Ursula von der Leyen dem Korpsgeist in der Bundeswehr den Kampf angesagt und kassiert dafür Kritik
Ausgabe 18/2017
Möchte nichts im Dunkeln lassen: Ursula von der Leyen
Möchte nichts im Dunkeln lassen: Ursula von der Leyen

Foto: Odd Andersen/AFP/Getty Images

Ursula von der Leyen hat mit ihrer Bemerkung zum jüngsten Bundeswehrskandal exakt die Reaktion ausgelöst, die ihre Wahrnehmung bestätigt. Der Bundeswehrverband kritisierte die Ministerin wegen mangelnder Verharmlosungsbereitschaft: Sie hätte sich vor die Truppe stellen müssen, sagen Funktionäre in Uniform. Eben das, den Korpsgeist, der Aufklärung und Beseitigung von Missständen erschwert, hatte von der Leyen mißbilligt. Sie hat Recht daran getan.

Korpsgeist ist eine feine Sache – wenn denn der richtige Geist in einer Armee lebendig ist. Wenn bei unakzeptablen Vorfällen oder gar rechtsextremen Unterwanderungen die verantwortlichen Offiziere sofort eingreifen, um Übeltäter oder auch nur Übereifrige in der Ausbildung oder in der Aufrechterhaltung der Disziplin zur Ordnung rufen. Das Ordnungsgefüge in der Bundeswehr ist nicht falsch. Aber es muss beachtet werden. Wichtig ist freilich auch, dass die Dinge korrekt beim Namen genannt werden. Und zwar von allen. Was da jetzt als „Missbrauchsfälle“ bekannt wurde – verletzende Anrede, überlange Dauerläufe als Bestrafung –, muss schon auf Kompanie-Ebene, spätestens aber vom Bataillonskommandeur abgestellt werden. Er muss Sorge tragen, dass ihm dergleichen rasch bekannt wird.

Aber Missbrauch ist das nicht. Das Wort wird gern benutzt, weil es wegen der Missbrauchsfälle in Kirche, Reforminternaten und Sport zuverlässig für Empörung sorgt. Empörung ist auch jetzt angezeigt. Sie muss dem langen Weg gelten, den es offenbar braucht, ehe die unhaltbaren Zustände bekannt werden und zu Reaktionen führen. Das jedoch, so müsste Verteidigungsministerin von der Leyen ihre Analyse fortführen, hat mit der immer beschränkter werdenden Zusammensetzung der Truppe zu tun. Hier nimmt die Zahl derer zu, die eine unter heutigen Bedingungen verschrobene Landsknechtsmentalität ausleben wollen. Und derer, die einen Kampfanzug dem Arbeitskittel – sei er nun weiß, blau oder grau – vorziehen. Seit der Aussetzung der Wehrpflicht – abgeschafft ist sie ja nicht – gehen der Bundeswehr junge Leute verloren, die schon als Wehrpflichtige für eine gewisse Transparenz in den Einheiten sorgen konnten – und von denen sich auch mancher zum Verbleib in der Truppe entschloss. Die Wehrpflicht, hieß es einst, ist das legitime Kind der Demokratie. Was bedeutet: Die Demokraten schaffen sich ihr Militär durch Heranziehung aller zum Dienst an den Waffen. Verweigern dürfen Einzelne. Die Demokratie braucht viele, und deswegen wäre es gut, wenn gerade Linke und Demokraten nun massenhaft in die Armee einträten – um den demokratischen Korpsgeist zu stärken.

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