Wahlerfolge für alle

Bayern Bei den Kommunalwahlen im Freistaat ist einiges Überraschende passiert. Richtige Verlierer gab es trotzdem nicht
Ausgabe 12/2014
Wahlerfolge für alle

Foto: Joerg Koch/Getty Images

Nein, er gefällt mir nicht, der neue Bürgermeister! Kaum, dass er es ist, wird er nur täglich dreister. So oder so ähnlich könnten die Münchner plaudern, wenn sie zu Ostern durch den Englischen Garten laufen. Sie werden dann die Stichwahl hinter sich gebracht haben, die nun, seit langem einmal wieder, über den künftigen Chef am Marienplatz entscheiden wird. Die Tatsache, dass es nach dem altersbedingten Ausscheiden von Christian Ude aus dem Amt auf jeden Fall einen neuen Bürgermeister geben muss, hat bei der Wahl am vergangenen Sonntag dazu geführt, dass CSU und SPD sich ergebnismäßig in der bayerischen Landeshauptstadt recht nahe kamen. Gemeinhin dominierte dort ja die SPD wie vergleichbar nur die CSU im Land. Ein Trend?

Kein Trend! Der übliche Professor, im Fernsehen danach gefragt, führte aus, dass alles Vorstellbare bei diesen Kommunalwahlen geschehen sei. Amtsträger wurden bestätigt – triumphal wie in Nürnberg – oder abgewählt wie in Regensburg. In Coburg wurde der designierte Nachfolger anders als in München sogleich ins Amt gewählt. In Miesbach, wo es einen Skandal um den CSU-Landrat gegeben hatte, landete die Partei Horst Seehofers auf dem dritten Platz. Gesamtbayerisch freuten sich fast alle Parteien, weil fast alle irgendwo irgendwie gewonnen hatten. Zumeist aber dort, wo das wegen der von ihnen aufgestellten Kandidaten zu erwarten gewesen war.

Kommunalwahlen sind Personenwahlen. Man wählt den, den man kennt, oder man wählt den ab, den man kennt, weil man ihn kennt. Das eine wie das andere können Parteifreunde und Kiebitze schon vorher wissen und bei der Kandidatenkür bedenken. Dass gegen Ulrich Maly in Nürnberg kein Kandidat gewachsen war, wusste jeder seit langem. Nun hofft Ministerpräsident Seehofer, dass Maly bei der nächsten Landtagswahl in vier Jahren als Spitzenkandidat der SPD antreten wird wie zuletzt Christian Ude. Dann würde Maly entzaubert, bekäme im Landtag hartes Brot zu kauen und Nürnberg müsste einen neuen Bürgermeister wählen. Hoffnung für die CSU.

Diese Eigenart von Kommunalwahlen erklärt auch zu einem guten Teil die geringe Wahlbeteiligung. Es geht am Ende nur der wählen, der den kennt, den er wählen oder abwählen will. Dazu gibt es bisweilen die Besonderheit, dass manch einer nicht wählen geht, weil er das von ihm gewünschte Wahlergebnis schon vorab für gesichert hält. Die einst in Frankfurt am Main überaus beliebte Oberbürgermeisterin Petra Roth musste einmal in die Stichwahl gegen einen farblosen Sozialdemokraten, weil ihre Fans es einfach nicht für nötig gehalten hatten, zur Wahl zu gehen.

Für sechs Jahre ist jetzt in Bayerns Kommunen Ruhe. So wird wahrscheinlich zeitlich auseinandergezogen, was Goethe seine Bürger auf dem Osterspaziergang unverständlicherweise nah zusammenrücken lässt. „Und für die Stadt“, so klagen sie über den neuen Bürgermeister, „was tut denn er? / Wird es nicht alle Tage schlimmer?“ Das aber ist im weiß-blauen Bayern doch nicht zu befürchten.


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