Dem Berliner Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit ist es wieder einmal gelungen, Leute zu ärgern. Jetzt war seine SPD dran. Die traktiert seit zwei Jahren das Thema Steuerhinterziehung. Das tut sie mit immensem Eifer und ringsumher sagen alle: Das tut sie zu Recht. Klaus Wowereit indes findet Steuerhinterziehung offenbar nicht so schlimm. Heißt es sonst, zu diesem oder jenem Fall könne man sich noch nicht äußern, weil das Strafverfahren noch nicht abgeschlossen sei, gilt nun: Das Verfahren ist abgeschlossen, an der Steuerhinterziehung von Wowereits vormaligem Kulturstaatssekretär Schmitz besteht kein Zweifel – aber äußern wollte sich Wowereit zunächst trotzdem nicht.
Na ja, mag Wowereit gedacht haben, Schmitz hat sein Fett abgekriegt – im doppelten Sinn –, was soll da jetzt noch zu tun sein? Nichts. Und das ist heute noch seine Haltung. Das hat er jedenfalls, soeben aus dem Ski-Urlaub in Tirol zurückgekehrt, dem Berliner Abgeordnetenhaus mitgeteilt. Dabei machte er ein zufriedenes Gesicht. Ob deshalb, weil Schmitz inzwischen zurückgetreten ist, oder eher, weil er weiß, dass ihm keiner was kann, bleibt, wie so oft in seiner politischen Vita, ungeklärt.
Dabei ist der Fall Schmitz schon von besonderer Güte. Denn der Kulturstaatssekretär verwaltete ein Ressort, das fast ausschließlich vom Steuergeld lebt. Er musste beim Finanzsenator um das Geld einkommen, das er ihm als Steuerzahler vorenthalten hat. Wurde er bei ihm vorstellig, hätte er spotten können: Ich weiß, du hast kein Geld – und ich weiß auch, warum.
Hübsches Argument frei Haus
Klaus Wowereit wiederum war es vollkommen wurscht, einen Steuerbetrüger als Staatssekretär zu haben. Wie verkündete einst Kanzlerin Angela Merkel im Fall Guttenberg: Ich brauche einen Verteidigungsminister, keinen wissenschaftlichen Assistenten. Er mag sich gesagt haben: Ich brauche einen loyalen Mitarbeiter, keinen loyalen Staatsdiener. Wowereit hat freilich denen, die vor dem Bundesverfassungsgericht gegen den Länder-finanzausgleich klagen wollen, ein hübsches Argument frei Haus geliefert: Mit welchem Recht beansprucht der Regierende Bürgermeister von Berlin Steuergeld aus Bayern, wenn es für ihn unwichtig ist, ob einer seiner Staats-sekretäre korrekt Steuern bezahlt?
Das alles weiß die SPD, vom großen Vorsitzenden bis zum kleinsten Wahlkämpfer – demnächst bei den Kommunalwahlen in Bayern. Aber die Sozialdemokraten können nichts machen. Sie haben sich in Berlin geschlossen hinter Wowereit gestellt. Und auch von der Bundesebene her kommt kein Protest. Es scheint, als hätten sie ihre Empörung über das Delikt Steuerhinterziehung vollständig vergessen. Das ist natürlich nicht der Fall. So viel Fairness gegenüber der SPD muss sein. Es ist nur so, dass sie Wowereit nicht entbehren können. Das weiß der und führt genüsslich die ganze SPD vor.
Wie schrieb schon vor hundert Jahren ein Max-Weber-Schüler über die SPD: „Skatclub bleibt Skatclub – auch wenn er sich Skatclub Freiheit nennt.“
Kommentare 4
Lieber Jürgen Busche,
ich bin mir nicht sicher, ob Ihr Argument schlüssig ist. Denn wenn es auch richtig sein mag, dass zur Verteilung nur ansteht, was eingenommen wird und insoweit Laxheit beim Umgang mit fiskalischer Beitreibung nicht völlig unbedeutend ist: Der Länderfinanzausgleich wird vor allem unter dem Vorzeichen verhandelt, wie gut/schlecht und vor allem wie politisch begründet Ausgaben sind. Die von Markus Söder (CSU) aus Bayern diesbezüglich süffisant vorgetragenen strukturellen Schwächen treffen jedenfalls dort zu, wo ein Landesherr als frisch bestätigter Vorsitzender des Aufsichtsrats der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg weiterhin für Schaden sorgen darf: So als wäre er geradezu bemüht, das Vorurteil zu bekräftigen, dass „die Sozis nicht mit Geld umgehen können“.
Wowereit steht dagegen für den Filz, für den (West-)Berlin schon in der Vergangenheit traurige Berühmtheit erlangt hat. Die Mischung aus Kollusion, Opportunismus und schleichender Korruptheit hat sich ‘rübergerettet, gerade im Umgang mit dem eigenen Spezi. Sollte diesbezüglich etwas aus München verlauten – der Hinweis auf die erst abgelaufene Verwandtenaffäre sollte genügen. Bayerisches Klima ist nicht nur gute Luft.
Beste Grüße, e2m
nach allem was ich gehoert habe, stammten die steuern aus einer erbschaft im ausland, und es ging wohl um 20.000 euro, die er nachgezahlt hat. und der herr schmitz war wohl ausnahmsweise auch der geeignetste, verfuegbare auf seinem posten. wo findet man so was in der politik? ich sag mal, den wowereit kann ich in dieser sache irgendwie verstehen.
Wobei man allerdings wissen sollte, dass der Länderfinanzausgleich nur mit den Einnahmen etwas zu tun hat. Ausgaben spielen keine Rolle beim Finanzausgleich. Aber bis zum Söder hat sich das auch noch nicht herumgesprochen.
Erinnert sich - außer @archinaut - noch jemand an den Bankenskandal, AUBIS, et Diepchen, Landowsky und weitere? Bis zu 35 Mrd. € Schulden, von denen nicht klar ist, wie die, ob die abgebaut werden (können)? Das ganze auf ein ausgeblutetes BuLand, dessen Unternehmen nach Bayern und Hessen gewandert sind und dessen Subeventionen nach dem Mauerdurchbruch dann doch zu schnell eingestellt wurden.
Ja, es gibt bei den Piefkes auch Schuld eigene. Schmitz zu Länderfinanzausgleich ist wie an den Haaren herangezogen zu Argument.