Angela Merkel bleibt so lange auf dem Stuhl, bis er bricht. Symbolik! Symbolik! Und das ausgerechnet in Bayreuth, bei Richard Wagner, auf dem Festhügel. Die Kanzlerin blieb. Bayerns Ministerpräsident ging. Der Tristan hatte ihn erschöpft. So sehr, dass er wenig später ins Krankenhaus musste; Horst Seehofer, der als Handballspieler wahrlich die Härten des Kampfes kennengelernt hat. Angela Merkel können Stunden bei Wagner-Musik nichts anhaben, was insofern verständlich ist, weil richtig ist, was einst George Bernard Shaw anmerkte: Wagners Musik ist besser, als sie klingt. Da musste schon ein gebrechliches Stück Möbel her, um die Frau aus der Uckermark ins Parterre zu schicken. Aber 2016 wird sie wieder in Bayreuth sein. Und 2017 wird sie wieder Kanzlerin.
Ein gewisser Herr Albig aus dem Norden hat das schon prophezeit und seiner Partei, der SPD, empfohlen, deshalb auf einen eigenen Kanzlerkandidaten zu verzichten. Er hat gut reden, er ist ja schon Ministerpräsident. Sigmar Gabriel war einmal Ministerpräsident, bis er abgewählt wurde. Aber bitte: nicht schon wieder die SPD. Es liegt nicht immer nur an ihr, wenn Angela Merkel unangreifbar erscheint (es sei denn, sie trifft auf ein trügerisches Stühlchen).
Seit Jahren geht die Klage, das Land müsse unter dieser Kanzlerin die Auseinandersetzungen über die großen politischen Fragen entbehren. Woran liegt das wohl? An Frau Merkels allmächtigem Polizeiminister Fouché? An den Schergen Metternichs, die jetzt der Wagner-Enthusiastin dienen? Wer hindert die Alphajournalisten in den Qualitätszeitungen daran, jene Diskussionen zu entfachen, die einst den Aufstieg Willy Brandts zum Bundeskanzler begleiteten? Oder umgekehrt: Die das sozialliberale Projekt so zermürbten, dass schließlich Helmut Kohl doch noch seinen Lieblingsposten in Bonn bekam? Soll Angela Merkel unter Pseudonym in den großen Blättern ihre eigene Politik angreifen, damit endlich Leben in die Bude kommt? Wolfgang Hildesheimer hat vor Jahrzehnten in seinen Lieblosen Legenden einen solchen Fall beschrieben. Vielleicht könnte ihr Yanis Varoufakis helfen, bestimmt sogar.
Alles hat einmal ein Ende. Es gibt keinen Stuhl, der nicht irgendwann zerbricht. Aber darauf zu hoffen, dass nun der Stuhl im Berliner Kanzleramt bald kracht, wenn Angela Merkel darauf sitzt, ist auch nicht gerade ein zukunftsträchtiges Modell von Politik. Sollte es bei Merkel-Kritikern zu mehr nicht reichen, müsste eben Wagner-Musik für eine Götterdämmerung in die Hauptstadt kommen. Aber noch gibt man dort Walküre.
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