Die nächste Welle rollt

Uploadfilter Der Gesetzesentwurf birgt das Potential, erneut Hunderttausende Menschen auf die Straße zu bringen
Ausgabe 43/2020
Der neue Gesetzesentwurf schlägt bereits jetzt Wellen im Netz
Der neue Gesetzesentwurf schlägt bereits jetzt Wellen im Netz

Foto: Patrick Lux/Getty Images

Vergangenes Jahr gingen Hunderttausende gegen Uploadfilter auf die Straße. Ihre Sorge: Kommen die Filter, dann ist es vorbei mit dem freien Internet. Urheberrechtlich erlaubte Zitate und Parodien würden automatisch gesperrt. Dank der Proteste enthält die EU-Urheberrechtsrichtlinie nun Nutzer:innen-Rechte, um die Sperrung legaler Inhalte zu begrenzen.

Jetzt geht es um die Umsetzung in deutsches Recht – und die Stimmung droht erneut zu kippen. Der Entwurf des Justizministeriums kürzt die geplanten Nutzungsrechte wieder radikal zusammen. Die Möglichkeit, legale Inhalte vor automatischer Sperrung zu schützen, ist gestrichen. Online-Plattformen werden stattdessen verpflichtet, bereits beim Upload alle Inhalte zu filtern. Schlägt der Uploadfilter dabei sofort an, können Nutzer:innen durch nachträgliche Kennzeichnung eine Überprüfung erwirken. Wird eine mutmaßliche Urheberrechtsverletzung dagegen erst später entdeckt, wird automatisch gesperrt. Es droht eine grundrechtswidrige Überwachung aller Inhalte.

Der Entwurf schlägt bereits Wellen im Netz. Doch es drohen noch weitere Verschärfungen: Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) verlangt die Streichung des letzten echten Zugeständnisses an die Nutzer:innen. Bis zu 20 Sekunden Video oder 1.000 Zeichen Text sollen zu nichtkommerziellen Zwecken verwendet werden dürfen, Plattformen zahlen dafür eine pauschale Vergütung. Der BDZV kritisiert, diese Ausnahme würde das Leistungsschutzrecht aushebeln. Das ist falsch: Die neue Ausnahme gilt nur, wenn eine Plattform keine Lizenz erworben hat, dabei sind Plattformen zur Annahme fairer Lizenzangebote verpflichtet. Presseverlage hätten also nichts zu befürchten, wenn es ihnen um die Bezahlung der Inhalte ginge und nicht darum, Links zu Presseartikeln zu verbieten.

Bereits jetzt hat der Vorschlag das Potenzial, die Proteste aus dem letzten Jahr wieder aufleben zu lassen. Ein weiterer Kahlschlag an den Nutzungsrechten würde das Fass zum Überlaufen bringen. Wenn die Bundesregierung Vertrauen der jungen Wähler:innen zurückgewinnen will, sollte sie auf Uploadfilter verzichten.

Julia Reda leitet bei der Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. das Projekt control ©, das sich mit dem Schutz von Grundrechten im Spannungsfeld mit dem Urheberrecht beschäftigt. Von 2014 bis 2019 war sie Mitglied des Europäischen Parlaments

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