Sie wollten es schnell hinter sich bringen – das war offensichtlich. Kaum eine Stunde nachdem die Balken auf den Bildschirmen aufgehört hatten zu wachsen, hatten sich bereits die Spitzen sowohl der Berliner als auch der Nordrhein-Westfälischen schwarz-gelben Koalition mit betretenen Minen ans Wahlvolk gewendet.
Der Urnengang im bevölkerungsreichsten Bundesland war eine gigantische Ohrfeige für die selbsternannte bürgerliche Koalition in Düsseldorf und im Bund. Entsprechend geprügelt traten die Granden der Parteien vor die Kameras. CDU-Generalsekretär Gröhe kam nur kurz ins Atrium des Konrad-Adenauer-Hauses gehuscht. Schnell gab er eine kurze Erklärung ab, beantwortete drei Fragen – und dann war er auch schon wieder verschwunden. Keine Spur von dem sonst so selbstsicheren CDU-General, der sein Amt erst vor einigen Monaten angetreten hatte.
Erste Beruhigungsversuche
Dass es schlimm werden würde hatte sich früh abgezeichnet. Schon bevor die erste offizielle Prognose über die Bildschirme flimmerte, hatten sich die Journalisten im Konrad-Adenauer-Haus die ersten Zahlen zugeraunt. CDU und SPD gleich auf. FDP schwach. Grüne stark, Linke drin. Ganz spurlos ging das auch an den CDU-Mitgliedern nicht vorbei. Als jedenfalls um 18 Uhr bei ARD und ZDF der schwarze Balken deutlich unter 40 stehen blieb, hätte man im Konrad-Adenauer-Haus eine Stecknadel fallen hören können.
„Das sind nur Prognosen, das sind noch keine Hochrechnungen“, versuchte ein älterer Herr noch seine Frau zu beruhigen, doch knapp eine viertel Stunde später war auch diese Illusion zusammengebrochen. Die ersten Prognosen sahen die SPD vor der CDU. Damit stand fest: Schwarz-gelb in Nordrhein-Westfalen ist abgewählt.
Daran konnten auch die Versuche der CDU-Kommunikationsabteilung nichts ändern das Wahlergebnis irgendwie doch nicht so schlimm aussehen zu lassen. Die Griechenland-Debatte habe geschadet, hieß es da. Man habe die eigenen Verdienste zu wenig herausgestellt. Und überhaupt: Jetzt sitzen erstmals "Extremisten" im Düsseldorfer Landtag! Doch diese Antworten ziehen nicht mehr angesichts zweistelliger Verluste nach nur einer Legislaturperiode an der Macht.
Pläne für die Zukunft
Schwarz-gelb hat an diesem Wahltag mehr als nur einen Denkzettel verpasst bekommen. Die Umfragen der letzten Wochen waren Warnschüsse, die Landtagswahl war eine Abstrafung erster Güte. Das sieht sogar das eigene Personal so: Der Stolperstart der Bundesregierung, verkündete CDU-General Gröhe, habe den Parteifreunden in Düsseldorf den Wahlkampf verhagelt. Da helfe nun auch nicht mehr, dass Schwarz-Gelb in Berlin mittlerweile "Tritt gefasst" habe.
Währenddessen schmiedeten die CDU-Mitglieder im Konrad-Adenauer-Haus schon wieder Pläne für die Zukunft. Bei rheinischem Kartoffelsalat mit Würstchen und Flaschenbier (der Sekt blieb im Kühlschrank) diskutierte das Parteivolk die Lage. Eine große Koalition sei ja nun wahrscheinlich, hieß es, aber vielleicht sei Rot-Grün ja gar nicht so schlecht für die eigene Ausgangsposition in fünf Jahren?! An Schwarz-Grün jedenfalls, vor der Wahl nach als Allheilmittel für das bürgerliche Lager gehandelt, wollte niemand mehr denken. Nur als eine Hochrechnung die CDU kurz 0,1 Prozent vor der SPD sah, kam kurz Stimmung auf. Doch als schon die nächsten Zahlen schwarz wieder hinter rot sahen, endete auch dieses kleine Zwischenhoch.
Die Kanzlerin und CDU-Vorsitzende, Angela Merkel, meldete sich übrigens überhaupt nicht zu Wort. Sie verbrachte den Wahltag in Moskau, wo mit einer großen Militärparade an den 65. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs gedacht wurde. Soldaten und Kampfflugzeuge zogen an der Regierungschefin vorbei und erinnerten so an die große Schuld und Schande, die das deutsche Volk im 20. Jahrhundert auf sich geladen hatte.
Die Stimmung dort dürfte deutlich fröhlicher gewesen sein, als im Konrad-Adenauer-Haus.
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