Die tun nix

CDU Vor der Vorstandsklauser fährt der konservative Flügel schwere Geschütze gegen Merkel auf. Sie sollten sie wieder einpacken. So gewinnt man gegen diese Kanzlerin nicht

Martin Lohmann redete sich schnell in Rage: „Wir haben so ein bisschen den Eindruck, dass es in unserer Partei ein Kuschen vor Angela Merkel gibt. Das halten wir für albern und geradezu postpubertär“, sagte der Sprecher des neugegründeten Arbeitskreises Engagierter Katholiken in CDU und CSU (AEK) heute morgen im Deutschlandfunk. Dann legte er nach: „Einigen muss man vielleicht einfach mal sagen, dass Frau Merkel Parteivorsitzende ist – und nicht Staatsratsvorsitzende.“

An der rechten Flanke der Union rumort es wieder einmal. Vor der heute beginnenden CDU-Vorstandsklausur in Berlin will der wertkonservative Parteiflügel den Druck auf die moderate Kanzlerin erhöhen. Das Trommelfeuer begann mit dem Namensbeitrag prominenter CDU-Landespolitiker in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Zwei von ihnen, die CDU-Fraktionschefs von Sachsen und Thüringen, Steffen Flath und Mike Mohring, legten in der rechtsgerichteten Jungen Freiheit nach. Dort warfen sie mit Vokabeln um sich, die man eigentlich ganz tief in der Mottenkiste der Vor-Merkel-CDU erwarten würde – wie „Nationalstolz“, oder „Leitkultur“.

Personalprobleme

Es wird nichts nützen. Zu viel Einfluss hat der rechte Flügel der Partei in den letzten Jahren eingebüßt. Sein letzter prominenter Vertreter, Kurzarbeitsminister Franz Josef Jung, trat unlängst von der politischen Bühne ab. Seine Nachfolge könnte irgendwann Familienministerin Kristina Köhler antreten, doch deren Profil ist noch viel zu unterentwickelt.

Anderes prominent-wertkonservatives Material gibt es derzeit wenig. Wolfgang Schäuble ist als Finanzminister für die entsprechenden Themen nicht mehr zuständig – und war auch in seiner Amtszeit als Innenminister mehr Otto Schily als Manfred Kanther. Fraktionschef Volker Kauder verabreicht seine gelegentliche Kritik am Parteikurs nur noch in homöopathischen Dosen. Zuletzt nannte er die Reform der Erbschaftssteuer einen „konservativen Grundsatz“. Nichts, womit man den rechten Flügel in Aufruhr versetzen könnte. Bleibt Wolfgang Bosbach, doch der wurde von der Kanzlerin so offensichtlich bei der Regierungsbildung übergangen, dass er sogar sein Fraktionsamt hinschmiss und jetzt nur noch als Vorsitzender des Innenausschusses arbeitet.

Die Kanzlerin muss also kaum Widerspruch erwarten, wenn sie heute Abend einen Meinungsforscher vorrechnen lässt, dass die 33 Prozent, die die Union bei der letzten Bundestagswahl holte, gar nicht mal schlecht sind. Eine Kursänderung nach der Vorstandsklausur ist mehr als unwahrscheinlich. Schließlich fährt Merkel mit ihrer Strategie noch erfolgreich. Sie ist Kanzlerin einer schwarz-gelben Koalition. Das war der Auftrag ihrer Partei an sie. Sie hat abgeliefert.

Den Rücken frei

Dieser Erfolg hängt eng mit ihrer Strategie zusammen. Anders als die SPD muss Merkel keinen Zweifrontenkrieg führen. Die Wähler rechts der Mitte haben doch gar keine andere Wahl, als Union oder einen potentiellen Koalitionspartner zu wählen. Realistisch ist die Gefahr einer Partei rechts der Union, die nicht ins bräunliche abrutscht, derzeit nicht. Es fehlt eine charismatische Figur, die einer solchen Bewegung ihren Stempel aufdrücken könnte. Die Gabriele Paulis oder Roger Kuschs dieser Welt taugen dazu nicht.

Dagegen gibt es in der Mitte viel für Merkel zu gewinnen. Die Schwäche der Sozialdemokraten ist ihre Chance auf eine lange Kanzlerschaft. Auf Landesebene hat die Union schon gezeigt, dass sie diese Wandlungsfähigkeit besitzt. In Hamburg regierte Ole von Beust erst mit FDP und dem Rechtspopulisten Schill, dann allein, jetzt mit den Grünen. Diese Flexibilität ist im Fünfparteiensystem notwendig – auch für Volksparteien. Die SPD ist im letzten Wahlkampf schließlich nicht nur an ihrer Politik gescheitert, sondern auch an einer vollkommen fehlenden Machtoption.

Und so wird Merkel tun was sie schon immer am besten konnte: Die kleinen Jungs so lange schreien lassen, bis sie müde werden. Bislang hat sie so noch immer gewonnen.

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Geschrieben von

Julian Heißler

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