„Ein klares Stoppschild war wichtig“

Im Gespräch Jan Stöß wünscht sich eine schlagkräftige SPD-Linke – auch für Berlin
Ausgabe 40/2014

der Freitag: Sie gelten als Unterstützer der Neuformierung des linken Flügels der SPD. Was erwarten Sie sich davon?

Jan Stöß: Ich erhoffe mir eine bessere Koordinierung etwa der Parteilinken in Vorstand und Präsidium und eine wirkungsvolle Schnittstelle zur Parlamentarischen Linken im Bundestag und eine engagierte Vernetzung der Basis-Linken. Jetzt müssen alle an einem Strang ziehen. Das brauchen wir, um eine schlagkräftige Linke in der SPD zu erhalten.

Wo soll die schlagkräftige Linke sich inhaltlich einbringen?

Wir sehen an der Ausrichtung der Wirtschaftspolitik, dass eine laute linke Stimme im Bund notwendig ist. Hier sehen wir, dass teilweise die inhaltliche Profilierung, die die Partei mit dem Regierungsprogramm von Augsburg hinbekommen hat, wieder in Frage gestellt wird. Das Gleiche gilt selbstverständlich auch für die Diskussion über die Freihandelsabkommen TTIP und CETA.

Jan Stöß (41) ist seit 2012 Landesvorsitzender der Berliner SPD. Er be- wirbt sich um die Nachfolge von Klaus Wowereit als Regierender Bürgermeister der Stadt. Seit vergangenem Jahr sitzt er zudem im Bundesvorstand seiner Partei

Da hat es auf dem letzten Parteikonvent deutlich geknallt. Fehlt der SPD eine klare Linie?

Mein Eindruck ist, dass CETA anfangs unterschätzt wurde. Deshalb war es erforderlich, dass wir uns hier inhaltlich gegenüber Dingen wie Investorenschutz und Sondergerichten festlegen. Die brauchen und wollen wir nicht – auch mit Blick auf TTIP. Deshalb war es wichtig, hier ein klares Stoppschild zu zeigen.

Ist die SPD-Linke stark genug, solche Auswüchse zu verhindern?

Wir waren zumindest stark genug, das auf dem Parteikonvent durchzusetzen. Das ist jetzt Beschlusslage der SPD.

Die SPD-Linke hat seit der Wahl viel durchgesetzt, etwa Rentenpaket und Mindestlohn. In der Partei gibt es Stimmen, die fordern, dass die anderen Flügel sich wieder mehr profilieren sollten ...

Es hat nicht am Programm gelegen, dass wir die Bundestagswahl verloren haben. Es lag daran, dass uns zu wenig zugetraut wurde, Arbeitsplätze zu sichern und zu schaffen. Deshalb muss die SPD glaubwürdig bei der sozialen Gerechtigkeit bleiben und klar machen, dass sich das für die Menschen am Arbeitsmarkt auszahlt. Eine vermeintliche Wirtschaftskompetenz dagegen auszuspielen, ist falsch.

Sie wollen Regierender Bürgermeister von Berlin werden. Was bedeutet Ihr linkes Politikverständnis für Ihre Pläne für die Stadt?

Wir haben starkes Wirtschaftswachstum, aber immer noch eine der höchsten Arbeitslosenquoten. Wir müssen daran arbeiten, dass das Wachstum bei allen Bürgern ankommt. Derzeit werden Wachstum und Entwicklung oft nicht als Chance, sondern auch als Bedrohung wahrgenommen. Die Tempelhof-Niederlage war da lehrreich für uns. Wir brauchen eine wachstumsorientierte Finanzpolitik, die Investitionen auch in die lebensnahe Infrastruktur der Menschen auf den Weg bringt, etwa in Straßen und Radwege, aber auch in Schulen, Hochschulen und Kitas.

Zeigt die Tempelhof-Niederlage nicht, dass die Menschen Ihnen diese Ziele nicht mehr abnehmen?

Wir müssen noch deutlicher erklären, dass wir nicht nur für Großprojekte stehen, sondern dass wir die Partei sind, die die soziale Gerechtigkeit mit wirtschaftlicher Dynamik zusammenbringen kann. Als neuer Regierender Bürgermeister werde ich da eigene Akzente setzen, um das noch glaubwürdiger zu unterlegen.

Reichen Ihnen da die Möglichkeiten der Landesebene?

Der Regierende Bürgermeister ist auch ein wichtiger Ministerpräsident, der die Interessen der Berliner nicht nur im Kiez, sondern auch im Bund vertreten muss. Da steht die Neuordnung des Länderfinanzausgleichs ganz oben an, aber auch eine Neuverhandlung des Hauptstadtfinanzierungsvertrags. Außerdem brauchen wir eine Lösung für die Altschulden der Länder und Kommunen. Und wir müssen uns für eine stärkere Angleichung der Lebensverhältnisse zwischen Ost und West einsetzen.

Halten Sie das für klassisch linke Forderungen?

Es sind die Interessen der Stadt. Ich habe nichts dagegen, wenn Sie das für links halten.

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Das Gespräch führte Julian Heißler
Geschrieben von

Julian Heißler

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