Am Montag endete der einfache Teil der Affäre Edathy. 5.000 Euro muss der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete zahlen, dafür stellte das Landgericht Verden das Verfahren gegen ihn ein. Zuvor räumte Edathy in einer schriftlichen Erklärung ein, dass die gegen ihn erhobenen Vorwürfe, er habe sich kinderpornografisches Material verschafft, zuträfen. Das war der Preis, den die Staatsanwaltschaft für ihre Zustimmung zur Einstellung des Verfahrens forderte. Ohne den öffentlichen Kotau wollte sie Edathy nicht davonkommen lassen – auch wenn der zuständige Staatsanwalt Thomas Klinge das natürlich anders formulierte.
Das hätten sich die Ankläger auch sparen können. Die Beweise, die gegen Edathy vorlagen, waren eindeutig und dank intensiver Begleitung durch die Medien auch schon längst der Öffentlichkeit bekannt. Damit war Edathy schon abgeurteilt, bevor der Prozess überhaupt begonnen hatte.
Viele Kuriositäten
Mitleid ist trotzdem nicht angebracht. Es ist bezeichnend, dass Edathy die mehr als dünnen Worte des Bedauerns („Ich habe inzwischen eingesehen, dass ich einen Fehler gemacht habe. Ich bereue, was ich getan habe“) nicht einmal selbst über die Lippen bekam. Zur Erinnerung: In dem Verfahren ging es nicht um die strafrechtlich nicht zu beanstandenden Bilder und Videos, die Edathy beim kanadischen Anbieter Azov Films bestellt hatte, sondern um eindeutige Kinderpornografie. Da wären schon angesichts der Opfer des Missbrauchs ein paar Sätze des Bedauerns wünschenswert gewesen, die über das absolute Mindestmaß dessen hinausgehen, was die Justiz mit viel Mühe als Reue werten kann. Edathy entschied sich anders. Da ist es kein Wunder, dass der Kinderschutzbund Niedersachsen, der eigentlich die Geldbuße Edathys empfangen sollte, die Annahme verweigerte.
Politisch ist die Affäre zudem noch lange nicht ausgestanden. Denn es ist immer noch nicht geklärt, wie Edathy im Herbst 2013 überhaupt davon erfuhr, dass gegen ihn ermittelt wird, und ob die SPD-Spitze dabei eine Rolle spielte. Edathy beharrt darauf, von Michael Hartmann informiert worden zu sein, dem ehemaligen innenpolitischen Sprecher der SPD-Fraktion. Dieser, so Edathy, habe seine Informationen vom ehemaligen BKA-Präsidenten Jörg Ziercke (ebenfalls SPD) und habe auch mit dem heutigen Fraktionschef der SPD, Thomas Oppermann, über den Fall gesprochen. Alle drei Männer streiten diese Darstellung ab – auch Hartmann. Jetzt sagt er allerdings gar nichts mehr. Nachdem mehrere Zeugen vor einem Untersuchungsausschuss zur Affäre Edathys Darstellung stützten, verweigerte Hartmann jede weitere Aussage. Gegen ihn laufen Vorermittlungen wegen des Verdachts auf Strafvereitelung. Dass Hartmanns Anwalt in der Sache ausgerechnet von der SPD-Fraktion bezahlt wird, gehört zu den vielen Kuriositäten, die den Fall Edathy nicht nur undurchsichtig, sondern vor allem auch frustrierend machen. Denn dass es noch zu der versprochenen umfassenden Aufklärung der Affäre kommt, ist schwer vorstellbar.
Sebastian Edathy kann das egal sein. Durch die Einstellung des Verfahrens von Verden hat er als unschuldig zu gelten und kam womöglich um eine Vorstrafe herum. Viel nützen wird es ihm nicht. Denn auch wenn er weiter auf ein sauberes polizeiliches Führungszeugnis pochen kann, wird er es schwer haben, in Zukunft einen Arbeitgeber mit Internetanschluss von sich zu überzeugen. Seine Existenz ist zerstört – auch durch sein eigenes Handeln.
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