Es ist voll und es ist heiß. Vor dem Eingang zur Behörde des Landesamtes für Gesundheit und Soziales stehen Wellenbrecher. Etliche Flüchtlinge haben sich hier angestellt, wer die Schlange verlässt, gibt seinen Platz auf. Ohne Nahrung, Trinkwasser oder einen Schlafplatz harren viele trotzdem aus. Auf den Wiesen auf dem Gelände haben sich hunderte Menschen niedergelassen, Familien und Kleingruppen mit Kleinkindern und Säuglinge. Es ist eine Szene, die man so nicht kennt aus dem bürokratischen Deutschland.
Einige der Flüchtlinge vor dem Lageso in Moabit warten bereits seit Tagen, um einen Termin für einen Abfertigungsschein zu bekommen, mit dem sie ein Anrecht auf einen Unterbringungsplatz oder einen Gutschein für eine Übernachtung erhalten. Es ist Berlins erste Anlaufstelle für Geflüchtete. Mehrere hundert Menschen kommen pro Tag in Moabit an. Für viele ist es der erste Kontakt mit deutschen Behörden und die erste Anlaufstelle im Aufenthaltsverfahren. Das Amt ist diesem Ansturm nicht gewachsen. Es gibt zu wenig Personal.
Besonders die Hitze der letzten Tage macht den Geflüchteten zu schaffen. Bei über 30 Grad wird das Warten zur Tortur. Auf dem Gelände vor der Behörde sind nur zwei Zelte aufgestellt, die Schatten vor der Sonne spenden. Lediglich ein Wasserhahn steht zur Abkühlung bereit. Zusätzlich gibt es zwei Sanitärcontainer mit Toiletten, bei weitem nicht genug. Etwas abseits auf einem schattigen Grünstreifen sitzen die Familien und warten. Viele haben nicht einmal eine Decke und schlafen auf Pappkartons.
Auch Ismail wartet auf solch einen Abfertigungsschein. Zusammen mit seinem Bruder, seiner Schwester, einem Freund und dessen kleinem Neffen ist der 20 jährige Syrer mit dem Schiff über die Türkei, den Libanon, Griechenland und Serbien nach Deutschland gekommen. Pro Person haben sie dafür ungefähr 4.000 Euro bezahlt. Das Boot teilten sie sich mit 16 weiteren Leuten. Anderthalb Tage hat die Überfahrt gedauert, insgesamt waren sie zwei Wochen unterwegs. „Wäre kein Krieg in Syrien, niemals würde ich mein Heimatland verlassen, aber die Umstände haben mich dazu gezwungen.“ sagt Ismail. In Deutschland hofft er auf eine bessere Zukunft, er will die Sprache lernen und möglichst eine Familienzusammenführung beantragen. Denn seine Eltern, eine weiterer Bruder mit Frau und vier Kindern, hat er in Syrien zurücklassen müssen.
Hilfe via Facebook
Über Social Media sind viele auf die chaotischen Umstände vor Ort aufmerksam geworden. Auf Facebook hat die Initiative „Moabit hilft“ eine Gruppe gegründet, um Hilfsleistungen zu koordinieren. Auch Dank ihnen kommen viele vorbei und wollen helfen. Mareike, 29, hat bereits gestern Wasser, Bananen und Müsliriegel vorbeigebracht. Heute unterstützt sie die Malteser bei der Ausgabe von Wasserflaschen. Erst spät abends wurden die Malteser gestern vom Staatssekretär des Sozialsenats angefragt, berichtet Einsatzleiter Matthias Neumann. „Die Situation hier ist ziemlich überlaufen und relativ unkontrolliert. Wir sind seit heute früh im Einsatz und versuchen die ankommende Hilfe, die zum Glück da ist, zu koordinieren. Heißt wir sammeln das alles ein. Gucken, was können wir annehmen, was können wir nicht annehmen und verteilen das mit den Helfern.“ Nahrung und Getränke werden von den Maltesern gerne entgegen genommen. Anders sieht es mit Bekleidung und Spielsachen aus, sie müssen von den Unterstützern selber verteilt werden.
Besonders bei der Verteilung gibt es Schwierigkeiten. Aus einem weißen Transporter verteilt eine junge Frau Wasserflaschen und Obst. Vor ihr stehen 20 bis 30 Leute. Das Gedränge ist so groß, dass eine Ausgabe der Lebensmittel schier unmöglich ist. In Zusammenarbeit mit den Maltesern ist es den freiwilligen Helfern gelungen von der Behörde einen Raum zur Annahme von Spenden zur Verfügung gestellt zu bekommen. Von dort aus soll verteilt und ein Chaos verhindert werden.
In der Facebookgruppe „Moabit hilft“ ist man von der Bereitschaft aus der Bevölkerung überwältigt, sei aber immer noch auf der Suche nach Hilfe beim Müll sammeln und verteilen der Spenden. Eine Koordinatorin bedankt sich bei den hundert Helferinnen und Helfern und teilt mit, dass immer noch Pampers, Feuchttücher, Premilch, frische Handtücher, Kinderwagen und Tragetücher gebraucht werden.
Unklar wie sich die Situation vor Ort über das Wochenende gestalten wird, die Lage könnte sich zuspitzen. Unterversorgt und obdachlos werden dann Geflüchtete in die umliegenden Parks der Städte ziehen müssen. Oder um ihren Platz in der Schlange nicht zu verlieren, vor der Behörde auf Kartons schlafen. Die Initiative ruft auf persönliche Netzwerke zu mobilisieren. Zwar sei die erste Notversorgung mit Nahrung, Wasser und Hygieneartikeln gut angelaufen, Nachschub würde aber immer weiter benötigt. Um Koordination und Kommunikation mit den Geflüchtete zu verbessern werden Sprachmittler gesucht. Besonders Frauen und Kinder können sich oft nicht bemerkbar machen und gehen bei der Vergabe der Hilfsgüter leer aus. Auch um Vertrauen und Kontakt aufzubauen werden sie benötigt. Ebenfalls ist die Initiative auf der Suche nach Ärztinnen und Ärzte beziehungsweise medizinischen Kräften, die die Lage einschätzen können und gegebenenfalls erste Hilfe leisten können.
Kommentare 8
Geld für Spitzel ist genügend vorhanden. Geld für Menschen Fehlanzeige!
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w
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Warum ?
"Es bleibt an der Zivilgesellschaft, eine erste Notversorgung zu leisten"
Wäre es nicht ein Leichtes, dass ein paar von den Sesselwärmern einen Hunderter in die Hand nehmen u. Getränke u. ähnliches liefern lassen. Sind sie es doch, diue das flüchtlingselend am lautesten beklagen u. jedes Miro u. jede Kamera dafür benutzen. sind sie vielleicht gerade unabkömmlich, weil sie den Bürgern erklären müssen, wie selbige mit Flüchtlingen um gehen müssen oder sind sie im Gegensatz zum Bürger zu geizig oder haben sie Angst, das sie das Pfandgeld nicht zurückbekommen Der Herr aus Schloß Charlottenburg hätte doch aus der Portokasse mal ein Catering organisieren lassen können oder auch seine Lebensgefährtin. Nein, dafür sind sie zu fein, wenn es an die Privatschatulle geht, das überlassen , wie gehabt gern denm Bürger.
Welch große Geste statt großer Worte ,der BuPrä fährt im Sprinter vor mit seiner Mätresse und verteilt Getränke und Lebensmittel an die Flüchtlinge.Seine Worte:Nicht nur immer Drumherum reden,sondern handeln.Er stellte in Aussicht,im Schloß Bellevue stehen Räume nutzlos leer-auch dort sollten demnächst Flüchtlinge einziehen.Er möchte sich dann vor Ort die Nöte der Flüchtlinge anhören.Jenseits des Zaunes um das Schloß spielt sich das wahre Leben ab und nicht in den Manuskripten,die Ihm zum ablesen vorgelegt werden.Der Pfarrer erinnert sich-was ihr eurem Nächstem habt angedeien lassen,das habt ihr mir getan...Epistel yxz Vers.23?
Komisch. Kein Wort über die 4000 Liter Wasser, die von der Behörde organisiert wurden. Kein Wort über die Gruppe, die versucht hat sich mit Gewalt Zutritt zur Behörde zu verschaffen. Das mit dem Recherchieren üben wir aber nochmal.
Die USA iniziieren "Bürgerkriege" gegen Machtinhaber, die ihnen, eben den USA, unbequem sind und die dadurch entstehenden Flüchtlingsströme hat Europa auszuhalten...
Das nennt man us-Logik!
Ich persönlich kenne Flüchtlinge aus dem Irak, die regelmäßig auf Verwandschaftsbesuch dorthin fahren...
Meine Eltern lebten mit mir 1945 in einer zu 80% von den Deutschen zerstörten Stadt und kam nicht auf den Gedanken, in ein anderes Land zu flüchten...Sie bauten gemeinsam mit den anderen ihre Stadt wieder auf....
Auf den überfüllten Flüchtlingsbooten Frauen mit Säuglingen und Kleinkindern...
Meine Frau erzählte mir von einer jungen Nachbarin, die in den 60igern mit ihrem Säugling über die Mauer flüchten wollte...
Für uns im Krieg Geborene sind solche Mütter einfach verantwortungslos.
Die Kommunen haben kein Geld, um Erzieherinnen der Kitas vernüftig zu bezahlen oder um Schulen zu renovieren oder um ausreichend Arbeitskräfte für die Behören wie Bürgerämter einzustellen.
Aber für die Flüchtlinge müssen sie Geld bereit stellen.
Eine irrwitzige Welt.
Ich habe gerade mit einer befreundeten Familie in Makeewka bei Donezk geskypt.
Ständiger Beschuss durch die von der EU finanzierten ukrainischen Streitkräfte, oft kein Wasser, kein Strom...Aber die Menschen bleiben und verteidigen (!) sich.
Ja, die "erste" Welt hat jahrzentlang die "dritte" Welt kolonialisert und ausgebeutet. Jetzt müssten die Menschen vor Ort selbst ihr Schicksal in die Hand nehmen anstatt zu fliehen...
Auch im "Normalo"-Alltag ist die Flucht vor Problemen auf den ersten Blick immer die einfachste Lösung, aber eben nur auf den ersten Blick.
Offene Grenzen für alle...Klingt gut. Ist aber eindeutig nicht realisierbar. Und das ist nicht eine Frage der rassisstischen oder einfach ausländerfeindlichen Einstellung von Menschen oder gar Staaten...