Der Kampf gegen die Studiengebühren war schon gewonnen. Schritt für Schritt hatten zunächst die rot-grün regierten Länder, dann auch das schwarze Bayern das seit dem Jahr 2007 eingeführte Bezahlstudium wieder abgeschafft. Zu Recht, denn die Campusmaut war – und ist - eine Gefahr für die Chancengleichheit. Da kann auch die neueste Studie des ifo-Instituts über die Zustimmung zu Gebühren nichts daran ändern.
Mit einem Universitätsabschluss geht das Versprechen nach einem höheren Einkommen einher. Akademiker verdienen im Schnitt ein Drittel mehr. Genau an diesem Punkt setzt das ifo-Bildungsbarometer an. Der leitende Forscher Ludger Wößmann befragte über 4.000 Menschen zu ihrer Einstellung zu Studiengebühren. Die Besonderheit an Wößmanns Methode ist, dass er einen Teil der Befragten mit einer sachlichen Information über Gebühren konfrontierte – und dann Meinungswandel maß. Der Bildungsökonom verriet den Befragten etwas über den Mehrverdienst, der durch einen Studienabschluss im Durchschnitt entsteht. Akademiker mit Abschluss verdienen im Schnitt netto 2.450 Euro, Gesellen mit abgeschlossener Lehre hingegen nur 1.800 Euro.
Neue Info, anderes Ergebnis
Diese Information drehte das Ergebnis der ifo-Untersuchung. In der ersten Befragung sprachen sich 44 Prozent der Teilnehmer für Studiengebühren aus, 46 waren dagegen. Informiert man die Probanden aber über die bessere ökonomische Lage von Hochschulabsolventen, dann wächst die Anzahl an Befürwortern auf 50 Prozent. Bei Personen ohne Hochschulreife sind dann sogar 56 Prozent für Studiengebühren – eine absolute Mehrheit.
Die Bereitstellung von Information hatte einen signifikanten Effekt auf das Ergebnis, keine Frage. Doch deswegen von einer gesamtgesellschaftlichen Veränderungsbereitschaft zu sprechen, ist übertrieben. Die Ergebnisse zeigen, dass sich eine absolute Mehrheit für Gebühren eben nur bei denjenigen ergibt, denen es verwehrt ist, selbst ein Studium aufzunehmen. Gerade sie werden sich in Zukunft nicht mit der Last von abzuzahlenden Studienkrediten konfrontiert sehen. Die These von den besserverdienenden Studienabsolventen gilt es ohnehin zu relativieren: Die Zahl der Arbeitslosen mit Universitätsabschluss wächst, nicht zuletzt auch, weil immer mehr junge Leute studieren.
Studiengebühren, selbst wenn sie nur 500 Euro pro Semester betragen, stellen für viele Studierenden ein Hindernis beim sozialen Aufstieg dar – real oder gefühlt. Das gilt besonders für Familien, in denen das Kind das erste ist, das eine Hochschule besucht. Dort sind Studiengebühren eine finanzielle Belastung, die kaum zu stemmen ist. Anstatt wie ihre Kommilitonen nach der Vorlesung in der Bibliothek den Stoff zu pauken, mussten sie kellnern um sich über Wasser halten zu können. An diesen Fakten kann das ifo-Institut nicht rütteln – auch wenn die Fragetechnik noch so geschickt ist.
Kommentare 9
Über die "kaum zu stemmende Belastung", für den Kindergartenplatz meiner Tochter 300 EURpro Monatbezahlen zu müssen, spricht mal wieder keiner. Aber ich schicke sie trotzdem nicht zum kellnern... Tut mir leid, aber an 500 EUR pro Semester wird kein ernsthaft betriebenes Studium scheitern - die Diskussion ist für mich typisch deutsches Mimimi...
Falsche Interpretation meines Kommentars. Ich zahle diese 300 EUR "gerne", weil ich die Leistung die dafür bekomme, nämlich die qualifizierte Betreuung und Förderung meines Kindes, durchaus zu schätzen weiß. Dies ist an einer Universität nicht anders. Genau wie ein Kindergarten ist auch eine Universität auf Finanzmittel angewiesen und ein "Der-Staat-muss-es-richten" ist mir einfach zu billig. Der Unterschied zwischen Kindergarten und Uni ist vielleicht der, dass es im Kindergarten keine Kinder im 40. Semester gibt...
Soldarisch anpacken finde ich prima. Einzig scheint mir ihr Konzept bestenfalls in einem Universiäts-Betriebskindergarten realistisch. Ich lasse mich aber gerne eines Besseren belehren.
"Der-Staat-muss-es-richten" ist mir einfach zu billig
Und Sie fragen sich gar nicht, wieso eines der reichsten Länder der Erde es nicht schaffen sollte, seine Unis (und Schulen, und Kindergärten ...) zu finanzieren, obwohl Sie ordentlich Steuern abdrücken? Und dann für die benannten Institutionen selbst in die Tasche greifen sollen?
Nun ja, auch wir, als eines der reichsten Länder der Erde, schieben einen gigantischen Schuldenberg vor uns her, der dazu führt, dass ein erheblicher Teil des Steueraufkommens in die Zinszahlungen fließt.
Natürlich ist auch klar, dass jede Menge Steuergeld für Unsinnigkeiten verfeuert wird, dass in Bildung besser angelegt wäre (wobei die Frage, was eine Unsinnigkeit ist, in einer Demokratie wieder im Auge des Betrachters liegt).
Was ich halt nicht mag ist diese "Ich-habe-Anspruch-auf"- Attitüde. Ich bin mit dem Ansatz aufgewachsen, dass für eine Leistung eine Gegenleistung erbracht wird und dass ein Euro, der ausgegeben wird, auch irgendwo erwirtschaftet werden muss. Und wenn die Autorin von einem "realen oder gefühlten Hindernis" für den sozialen Aufstieg spricht.... Mimimi....
Das ist jetzt wahrscheinlich entsetzlich kapitalistisch...
Und noch eine Anmerkung: Pro Monat zahlt der Steuerzahler ein Kindergeld von jetzt 190 EUR, ich meine bis zum 25. Lebensjahr, solange sich das "Kind" in Ausbildung oder Studium befindet; Ausbildungskosten sind steuerlich absetzbar.
Ich bin ein etwas einfach strukturierter Prä-Bologna Betriebswirt und hänge gerne mal an jede Forderung ein Preisschild. Und ja, ich sehe das sehr praxisorientiert, weil sich jede ideelle Forderung auch mal einem Realitäts-Check unterwerfen muss. Ich sehe, wie Bildungseinrichtungen unterhalb der Ebene Universität mit mehr und mehr Aufgaben belastet werden, ohne dass ausreichende Finanzmittel bereitgestellt werden. Ich sehe ausfallende Unterrichtsstunden, zu wenige Lehrer, schlecht bezahlte Erzieherinnen / Erzieher, marode Schul- und KiGa Gebäude und so weiter und so fort. Und da schwillt mir ein wenig der Kamm bei dem Statement, dass 500 EUR pro Semester ein "reales oder gefühltes" Hindernis beim sozialen Aufstieg darstellen...
Ich hatte übrigens nicht den Eindruck, dass die Erzieherinnen und Erzieher alleine bei ihrem Arbeitskampf standen. Gerade auch bei den betroffenen Eltern war das Verständnis für die aus meiner Sicht berechtigten Forderungen sehr groß.
an 500 EUR pro Semester wird kein ernsthaft betriebenes Studium scheitern
Bei 83 Euro pro Monat ist das sicher so, insbesondere wenn man es mit den Kostem für Ausbildungsschulen vergleicht (bei einer PTA-Schule muss man z.B. in der Regel ca. 200 Euro pro Moant bezahlen).
Die Frage ist allerdings, ob das nur der Einstieg ist. Die Studiengebühren für ein Studium in GB belaufen sich z.B. auf 9000 GBP pro Jahr (ca. 1000 Euro pro Monat), was wohl auch für eine Mittelklassefamilie nicht mehr zu stemmen ist.
Das wäre natürlich eine ganz andere Hausnummer. Wenn es da keinen sozialen Ausgleich gibt , z.B. in Form von Stipendien oder Zuschüssen, ist das nicht in Ordnung.