– der Übergang von Frau zur Mutter ist begleitet von körperlichen Erlebnisse, die der Frau zweifelsfrei vor Augen führen: „In deinem Leben verändert sich etwas. Du erwartest ein Kind, du wirst Mutter.“ Höhepunkt dieser körperlichen Reise ist das Feuerwerk aus Schmerzen, Emotionen und Hormonen während der Geburt des Kindes. Für Frauen, die stillen, bleibt auch nach der Geburt eine starke körperlicher Anteil in der Beziehung zum Neugeboren. Für sie ist weiterhin ein Großteil ihrer Mutterschaft von körperlichen Empfindungen geprägt.
Den Männern fehlt so ein körperlicher Bezug. Die gesamte Schwangerschaft und in der Regel auch während der Geburt, sind sie Zuschauer. Neun Monate lang beobachten sie teils fasziniert, teils schockiert, was da vor sich geht, wer dieses unbekannte Wesen im Körper der geliebten Frau ist.
Selbst am Tag der Geburt sind viele Männer noch nicht in der neuen Rollen angekommen. Die Frauen haben ihren Männern also mindestens einen neun-monatigen Reifungsprozess voraus. Sie fühlen und denken seit neun Monaten als Mutter. Sie haben während der Schwangerschaft auf ihre Ernährung geachtet, haben nicht geraucht, keinen Alkohol getrunken, sie haben erfahren, was es heißt, die Verantwortung für ein hilfloses, vollkommen abhängiges Leben zu übernehmen.
Gelingt es nicht, die werdenden Väter in die Schwangerschaft einzubeziehen, haben sie sich mit dem „Kind im Kopf“ nicht auseinandergesetzt, besteht die Gefahr, dass sie den Abstand zu ihrer Partnerin nicht mehr aufholen. Es entsteht ein Machtgefälle, eine Asymmetrie in der Familie. Die Folgen können, so Egon Garstick, die innere und äußere Migration des Mannes sein. Äußere Migration wären beispielsweise eine Konzentration auf die Arbeit, inklusive ausufernder Überstunden, eine Affäre oder auch ein zeitintensives Hobby, das außerhalb der eigenen vier Wände stattfinden muss. Innere Migration wäre geistige Abwesenheit, die Unfähigkeit, die Frau mit bei der Kinderpflege zu unterstützen, der Frau kein Gesprächspartner auf Augenhöhe sein usw.
Auf seiten der Frauen besteht die Gefahr einer übersteigerten Liebe zu den Kindern, die gewissermaßen den abwesenden Partner ersetzen sollen. Das besonders Fatale ist, dass die genannten Folgen der Asymmetrie häufig den gängigen Vorstellungen und Rollenklischees in unserer Gesellschaft, wie Väter und Mütter zu sein haben, entspricht, und sie deswegen häufig nicht thematisiert werden. Sie werden ausgeblendet, ignoriert oder als zwangsläufige Probleme, die in anderen Familien ebenso auftreten, bagatellisiert.
Natürlich kann eine Familie so leben. Auch überleben. Aber sind die Familienmitglieder glücklich? Sind die Frauen in diesen Beziehungen glücklich? Wärst du so glücklich?
Vor dem Weiterlesen, bevor wir uns der Frage zuwenden, wie wir, als werdende Mütter, unsere Männer dabei unterstützen können, Väter zu werden, sollten wir uns bewusst sein, uns zweifelsfrei darüber im Klaren sein, dass wir so nicht glücklich werden, dass unsere Kinder nicht glücklich werden, dass keiner der von uns mehr als alles andere geliebten Menschen das Maß an Glück erreicht, das möglich wäre. Denn wenn wir uns dessen nicht zweifelsfrei bewusst sind, wird schnell die Abwehrreaktion einsetzen „Warum soll ich ihm dabei helfen, ein verantwortungsvoller Vater zu werden?“, „Der ist doch genau so erwachsen wie ich, das wird er ja wohl auch genauso wie ich alleine hin kriegen!“ – Ja, mag alles richtig sein, aber was bringt das? Er ist nicht glücklich, sie ist nicht glücklich, die Kinder sind nicht glücklich. Wollen wir als Familie glücklich zusammen leben, müssen wir uns gegenseitig helfen, die Schwächen des Anderen ausgleichen helfen, uns gegenseitig dabei unterstützen, unsere Schwächen in Stärken zu verwandeln. Alles andere bringt uns nicht weiter!
Ich gehe davon aus, und die meisten Studien bestätigen das auch, dass die meisten Männer heutzutage gute, aktive Väter sein wollen. Sie wollen präsenter sein als ihre eigenen Väter, sie wollen eine Rolle im Leben ihrer Kinder spielen, sie wollen eine Bezugsperson sein und nicht der Störenfried am Wochenende, der das Sofa belegt, den Fernseher blockiert und im schlimmsten Fall Mama das ganze Wochenende die gute Laune verdirbt.
Das Problem ist, die Männer wissen häufig nicht, wie es geht. Sie können auf keinerlei Erfahrungswerte zurückgreifen. Sofern man nicht ein extrem empathisches, einfühlsames und reflektiertes Exemplar an seiner Seite hat, brauchen sie Hilfe. Deswegen mein Appell: Macht eurem Mann klar, dass er Vater wird, dass ihr schwanger seid. Auch Frauenärzte und Hebammen sind häufig auf diese neue Situation nicht vorbereitet, wissen mit den Vätern nichts anzufangen, aber davon sollten wir uns nicht verunsichern lassen.
Was kann man tun? Hier nur ein paar ganz wenige Punkte:
1.) Den Mann mit zur Vorsorge nehmen. Nicht zu jeder, so spannend ist das ja auch nicht. Aber er sollte doch zumindest alles einmal mitgemacht haben. Die drei großen Ultraschalluntersuchungen sind ja in der Regel Standard, da hat mich damals auch die Frauenärztin drauf angesprochen, wie wir die Termine legen wollen, damit mein Mann auch dabei sein kann. Als er einmal einfach so mit kam, war die Frauenärztin erstaunt. „Aber was wollen Sie denn hier? Wir machen doch heute gar keinen Ultraschall!“ „Naja“, war mein Gedanke „ich bin ja auch hier, und ich kriege ja nicht als einzige ein Kind!“ Mein Mann fand den Termin übriges sehr schön, einfach auch mal die Routine einer Schwangerschaft mitzuerleben, und nicht nur die Rosinen raus zu picken. Sich 30 Minuten beim CTG zu langweilen, das vermittelt eine Demut, die man im gleichförmigen Alltag mit Baby noch öfters an den Tag legen muss, in dem auch nicht alles aufregend und spannend ist, man aber, sofern man das kann, im Herzen die Dankbarkeit spürt für das Großartige, was gerade passiert, wo doch oberflächlich betrachtet gar nichts passiert.
2.) Schwangerschaft bedeutet auch, den mehr oder weniger schweren Verzicht auf lieb gewonnenen Genussmittel. Im Gespräch kamen mein Mann und ich auf die Idee, was ich nicht darf, darauf verzichtet er auch. Aus Solidarität! Mir hat das sehr viel bedeutet, dass er für die Zeit der Schwangerschaft, selbst wenn er ohne mich unterwegs war, auf Alkohol verzichtet hat. Nicht nur, weil ich mich gewertschätzt gefühlt habe, das Gefühl hatte, dass er meinen Verzicht auf diese Weise sieht und anerkennt. Mir hat es als Wein- und Cocktail-Liebhaberin nämlich durchaus leid getan, keinen Alkohol trinken zu dürfen. Dadurch, dass er keine Ausnahmen gemacht hat, so wie ich auch keine Ausnahmen machen konnte, hatte ich die Sicherheit, dass er die werdende Vaterschaft als etwas permanentes erkennt, und nicht etwas, was er als Vater, anders als ich als Mutter, an und aus schalten kann.
3.) Irgendwann fing es an, dass ich nachts wach lag. Pinkeln gehen, Durst, wieder pinkeln, Baby tritt und schlägt freudig Purzelbäume, Sorgen und Ängste, die mich quälten… Egal, auf jeden Fall lag ich wach. Manchmal habe ich meinen Mann dann geweckt. Einfach nur, um ihm zu sagen, dass ich wach bin, dass das Baby wach ist. Wir haben dann ein bisschen geredet, vielleicht ein paar Kekse gegessen und dann hat er weiter geschlafen, mit dem glücklichen Gefühl, etwas von seinem Baby mitbekommen zu haben, Teil dieses intimen Momentes gewesen zu sein.
4.) Wir haben viel miteinander geredet. Wie wird es wohl werden? Was könnte schwer werden? Welche Probleme könnten auf uns zukommen? Wie könnte er dann helfen?
Und vor allem über das Stillen haben wir viel geredet. Was seine Aufgabe sein könnte, wie er dabei helfen kann. Ich habe gelesen, dass viele Männer auf das Stillen eifersüchtig sind, sich ausgeschlossen fühlen, ich habe selbst beobachtet, wie Männer durch das Stillen auf einen Platz abseits der Familie verwiesen wurden oder sich zumindest so fühlten. Dabei gibt es gerade beim Stillen so viel, was der Mann tun kann. Kissen in den Rücken der Frau legen, Wasser einschenken, Apfel aufschneiden, Kekse reichen, zwischendurch wickeln und letztlich das Baby übernehmen, während sie sich, dank Bäuerchen von oben bis unten voll gespuckt, umzieht.
Mein Mann hat all diese Aufgaben zu Anfang nicht gesehen. Er stand orientierungslos daneben, man sah die Einsamkeit hoch kriechen. Dann der erlösende Satz: „Schatz, ich brauche deine Hilfe!“ Aufatmen! Er war wieder Teil des Ganzen, er spürte „Ja, es ist ein intimer Moment zwischen Mutter und Kind. Aber, er bereitet den Rahmen. Ihm ist es zu verdanken, dass diese Intimität entstehen kann. Er ist in gewisser Weise mit seiner zurückhaltenden, uneigennützigen Hintergrundarbeit die wichtigste Person im Raum.“
Und, spätestens nach der nächsten Spuck-Attacke wandert Baby eh wieder von Mamis Arm zu ihm! Vorausgesetzt, er ist dann auch da…
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