Pkw-Maut ist gekippt

Innenpolitik Folgen für Bundesregierung und deutsche Autofahrer

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Pkw-Maut ist gekippt

Foto: Sean Gallup/Getty Images

Die österreichische Regierung hat vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen die von der deutschen Bundesregierung geplante Pkw-Maut geklagt und Recht bekommen. Der EuGH hat entschieden, dass die geplante Gebühr für Pkw für die Nutzung deutscher Autobahnen gegen Unionsrecht verstößt. Damit ist das Lieblingsprojekt der Christlich Sozialen Union (CSU) geplatzt. Verkehrsminister Andreas Scheuer hatte geplant, dass es mit der Maut für Autos 2020 losgehen soll.

Das war der Plan von Bundesverkehrsminister Scheuer

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte den Start für die Pkw-Maut für Oktober 2020 geplant. Für die Autobesitzer in Deutschland war vorgesehen, dass sie für die Nutzung von Autobahnen und Bundesstraßen jährlich maximal 130 Euro zahlen sollten. Im Gegenzug sah der Gesetzentwurf eine Entlastung bei der Kfz-Steuer vor, damit die deutschen Autofahrer nicht mehr zahlen müssten als vorher. Diese Entlastung war von Anfang an ein heikler Punkt. Der Grund: Ausländische Autofahrer sollten zahlen, wenn sie die deutschen Autobahnen benutzen wollten. Eine Entlastung war nicht vorgesehen.

Die Gründe für die Entscheidung der Richter

Die fehlende Entlastung für die ausländischen Autofahrer wertete der EuGH als diskriminierend gegenüber den ausländischen Autofahrern. Die Richter sahen einen Verstoß gegen die „Grundsätze des freien Warenverkehrs“. Der freie Warenverkehr ist eine der Grundfreiheiten des Binnenmarktes.

Der Gesetzentwurf sah vor, die deutschen Autofahrer vollständig zu entlasten, während ausländische Autofahrer zahlen mussten, ohne eine Entlastungsmöglichkeit. In der Begründung hieß es wörtlich: „Die wirtschaftliche Last dieser Abgabe liegt tatsächlich allein auf den Haltern und Fahrern von in anderen Mitgliedstaaten zugelassenen Fahrzeugen.“ Der vorgesehene Systemwechsel bei der Finanzierung auf das Benutzerprinzip hätte sich ausschließlich auf die ausländischen Halter ausgewirkt. Für deutsche Kfz-Halter war weiterhin das Steuerfinanzierungsprinzip vorgesehen, sie würden am Ende für die Pkw-Maut kein zusätzliches Geld ausgeben müssen.

So ist der Versuch, eine Pkw-Maut einzuführen letztendlich genauso gescheitert wie vor einigen Jahr der Versuch, das System der Schadenfreiheitsklassen gesetzlich zu reglementieren. Das Urteil zur Pkw-Maut kam für die Bundesregierung sehr überraschend. Noch im Februar hatte sich der Generalanwalt in seinem Schlussantrag für die Abweisung der österreichischen Klage ausgesprochen. Dieses Mal folgten die Richter nicht – wie sonst in vielen anderen Verfahren – dem Schlussantrag des Generalanwalts, und gaben den klagenden Österreichern Recht.

Welchen Schaden hat die Maut-Pleite verursacht?

Der wirtschaftliche Schaden durch die Maut-Pleite ist enorm hoch. Die Bundesregierung hatte bereits einige Millionen Euro in die Vorbereitungen für die Pkw-Maut investiert. Der Zeitdruck bei diesem Projekt war zum Ende hin sehr hoch, denn die Einführung der Pkw-Maut hatte Minister Scheuer schon für Anfang 2016 geplant aber immer wieder verschoben. Es sollen mehr als 40 Millionen Euro gewesen sein, die die Bundesregierung in Gutachten und Beratung investiert hat. Den Grünen zufolge sollen es sogar 128 Millionen Euro gewesen sein.

Außerdem drohen dem Bund jetzt noch Entschädigungsansprüche durch ein deutsch-österreichisches Konsortium, das mit dem Systemaufbau beauftragt war. Darüber hinaus hatte die Bundesregierung schon fest mit den Einnahmen gerechnet und sie in den Bundeshaushalt 2020 eingeplant. Beim Kraftfahrtbundesamt gibt es schon neue Stellen extra für dieses Projekt.

Mindestens genauso groß ist der politische Schaden.

Seit Jahren ist die Pkw-Maut ein zentrales politisches Thema der CSU, denn die bayerischen Wähler stoßen sich teilweise sehr an den Autobahngebühren im Nachbarland Österreich. Die Pkw-Maut wurde für die CSU zum Wahlkampfhit, weil sie damit ein klares Versprechen verbanden: Unterm Strich sollten die deutschen Autofahrer mit der Maut nicht belastet werden. Die Gebühr war ausdrücklich nur für die ausländischen Autofahrer. Doch genau diese Tatsache hat letztendlich dazu geführt, dass das EU-Gericht das Projekt jetzt gekippt hat.

Das Urteil ist zunächst eine Ohrfeige für den Verkehrsminister. Andererseits ersparen sie ihm eine spätere Blamage. Kritiker sagen schon lange, dass das Projekt nicht gut durchdacht und unrealistisch kalkuliert war. Am Ende wären keine Mehreinnahmen in Höhe von netto 500 Millionen Euro entstanden. Es war vielmehr damit zu rechnen, dass die Pkw-Maut ein dauerhaftes Verlustgeschäft geworden wäre. Davor warnte der ADAC im Übrigen schon seit Jahren.

Wird es jetzt eine geänderte Pkw-Maut geben?

Theoretisch könnte die Bundesregierung jetzt einen geänderten Gesetzentwurf für die Pkw-Maut vorlegen. Aber politisch scheint das nicht durchsetzbar. Verkehrsexperten von SPD und Grünen fordern, die Idee endgültig zu begraben und eine „verkehrspolitische Wende“ einzuleiten.

Michael Cramer, Verkehrsexperte der Grünen im EU-Parlament verlangte: „Wir brauchen eine EU-weite streckenabhängige Gebühr, denn die Vignette ist unökologisch und unsozial, weil diejenigen, die 20.000 Kilometer im Jahr fahren, genauso viel bezahlen müssen wie diejenigen, die 200.000 Kilometer fahren.“

In der EU ist insgesamt ein Trend zu erkennen, die Straßen-Infrastruktur anders zu finanzieren. Der Trend geht demnach zu einer Nutzungsgebühr, die streckenbezogen ist. Sie gilt als Alternative zur zeitbezogenen Vignette. Es gibt schon dahingehende Pläne im EU-Parlament und in der EU-Kommission. In einigen Ländern, wie beispielsweise in Frankreich auf den Autobahnen, gibt es solche Systeme schon.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Juliane von Hopfgarten

Meine Themenbereiche umfassen internationale Politik, Wirtschaft sowie Frauenrechte. Unten ein Link zu meinen Beiträgen auf EditionF.

Juliane von Hopfgarten

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