Sinkende Löhne in Deutschland

Arbeitsmarkt In Deutschland sind die Nominallöhne aufgrund der Covid-19-Krise erstmals seit dem Jahr 2007 deutlich gesunken

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Sinkende Löhne in Deutschland

Foto: Carsten Koall/Getty Images

Im Vergleich zu den steigenden Gehältern in der Finanzkrise ist dieser Einbruch enorm. Die Kurzarbeit und der Lockdown schlagen sich bei allen Arbeitnehmenden auf die Finanzen nieder. Im Jahr 2020 haben selbst nicht indirekt oder direkt Betroffene praktisch keine Gehaltssteigerungen erhalten. Die Nominallöhne sind, gemäß Angaben des Statistischen Bundesamts, seit der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 erstmals gesunken, gegenüber dem Vorjahr um durchschnittlich 1,0 Prozent. In Deutschland sind die monatlichen Bruttoverdienste der abhängig Beschäftigten um gut 0,6 Prozent gesunken. Hierbei sind Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie Sonderzahlungen, beispielsweise Covid-19-Bonus für Mitarbeitende in verschiedenen Branchen, berücksichtigt. Damit ist der Rückgang der Gehälter und Löhne stärker als in der Finanzkrise im Jahr 2009 ausgefallen. Trotz des großen Ausmaßes der Krise kam es bei den Löhnen zu keinem Rückgang und die Verdienste sind damals um 0,2 Prozent gestiegen.

Werden die Reallöhne berücksichtigt, sind die Einbußen in finanzieller Hinsicht noch heftiger. Dabei erfolgt die Analyse der Auswirkung durch die Entwicklung der Verbraucherpreise. Während die Reallöhne im Vergleich zum Jahr 2019 im Schnitt um 1,0 Prozent gesunken sind, gab es bei den Verbraucherpreisen mit knapp 0,5 Prozent einen Anstieg. Laut den Statistikern mussten Arbeitnehmende in Deutschland damit im Jahr 2020, im Gegensatz zu der damaligen Finanz- und Wirtschaftskrise, Einbußen beim Verdienst verzeichnen. Dabei gilt es zu beachten, wäre die Mehrwertsteuer im Jahr 2020 nicht für den Zeitraum von einem halben Jahr gesenkt worden, wären die Preise noch stärker angestiegen. Unter anderem verantwortlich dafür waren verteuerte Produkte sowie höhere Energiekosten.

In Deutschland sind die Reallöhne vor Covid-19 stark gestiegen. Während sechs aufeinanderfolgen Jahre hat es ein Wachstum gegeben, 1,3 Prozent im Jahr 2018 und um 1,2 Prozent zuletzt im Jahr 2019. Vor allem die Bereiche Industrie, Automobil, Transport & Logistik sowie deren Zulieferer wie beispielsweise Kamag haben überproportional von den Steigerungen profitiert. Lediglich im Jahr 2013 sind die Reallöhne um 0,1 Prozent zurückgegangen. Faktoren, die zum Rückgang geführt haben, waren unter anderem die massive Kurzarbeit in 2020. Über sechs Millionen Beschäftigte waren es im April 2020. Zum Jahresende sowie dem zweiten Lockdown ist die Zahl erneut gestiegen. Die Statistik zeigt lediglich die insgesamt kumulierten Einkommensverluste ohne Berücksichtigung des Kurzarbeitergelds.

Die immensen Einkommensverluste sind effektiv durch das Kurzarbeitergeld stark abgemildert worden. Dass in vielen Branchen zwischen den Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden praktisch keine erwähnenswerten Tarifabschlüsse ausgehandelt worden sind, ist ein weiterer Faktor. Im Jahr 2020 ist es bezüglich der Tarifbewegungen oft nicht um den Lohnzuwachs, sondern um die Beschäftigungssicherung gegangen. Als einzige Ausnahme sind im Oktober 2020 im öffentlichen Dienst für rund 2,3 Millionen Beschäftige beim Bund und in den Kommunen bis zu 4,5 Prozent Lohnzuwachs vereinbart worden. Durch die vermehrte Kurzarbeit ist die Lohnentwicklung in 2020 laut den Statistikern stark beeinflusst worden, was zu einem nominalen Verdienstrückgang geführt hat.

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Geschrieben von

Juliane von Hopfgarten

Meine Themenbereiche umfassen internationale Politik, Wirtschaft sowie Frauenrechte. Unten ein Link zu meinen Beiträgen auf EditionF.

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