Grenzschließungen, die CSU und gute Vorsätze

Asylpolitik Zum Start ins neue Jahr manifestierst sich die Renationalisierungs- und Abschottungspolitik der EU-Staaten. Dies äußert sich z.B. in Schwedens Grenzschließung

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Erste provisorische Grenzen zwischen Dänemark und Schweden
Erste provisorische Grenzen zwischen Dänemark und Schweden

Bild: JOHAN NILSSON/TT/AFP/Getty Images

Schweden galt immer als liberales Vorzeigeland in Fragen der Flüchtlingspolitik. Es stach heraus aus dem Abschottungskurs der EU, der über Jahre hinweg betrieben wurde, noch bevor er der großen öffentlichen Empörung ausgesetzt war. Aber auch an Schweden gehen der Entsolidarisierungs- und Enthumanisierungsprozess im institutionellen Gebilde Europas und die Renationalisierung politischen Handelns nicht vorüber.

Im letzten Jahr erreichten offenbar um die 150.000 Asylsuchenden Schweden, das ist relational eine große Zahl. So soll es nicht weitergehen. Nein, mittlerweile hat man sich in der schwedischen Regierung von der sozialen Vorreiterrolle verabschiedet. Stattdessen will man wohl viel lieber im nationalistischen Ignoranzkonzert mitspielen, und zwar in erster Reihe. Denn Schweden macht die Grenze nach Dänemark dicht, mehr noch: Der Kopenhagener Bahnhof Kastrop wird durch einen Zaun geteilt, die Kontrollen beginnen also in Dänemark.

Damit setzt Schweden das um, was Horst Seehofer und seine xenophoben FreundInnen auch gerne wollen: Flüchtende Menschen ohne Papiere gnadenlos abweisen. Ohne Rücksicht auf geltende Abkommen, Vereinbarungen, Schutzmechanismen oder sonst was.

Und Dänemark weiß sich sogleich zu wehren: Sie führen – in abgeschwächter Form – Ausweiskontrollen an den deutschen Grenzen wieder ein, um illegalisierte Menschen abzublocken. Vielleicht ist genau das der Weg, auf dem Deutschlands WohlstandsnationalistInnen ihren Willen doch durchgesetzt bekommen. Wenn sogar die da in Skandinavien das dürfen, kriegen wir auch unsere Zäune und Mauern. Dublin-Abkommen und Schengen-Abkommen sind faktisch außer Kraft, physisch sichtbare Grenzen nun in eifrigem Aufbau.

Und Horst Seehofer erklärt, weshalb Deutschland eine Obergrenze von MAXIMAL 200.000 Flüchtenden pro Jahr brauche. Natürlich um gute Integration zu ermöglichen … gute Integration, die von ihm und seinen UnionskollegInnen seit Anbeginn der Zeitrechnung sowieso verhindert wird. Und so schaukelt es sich auch in Deutschland hoch von unmenschlicher Entscheidung zu unmenschlicher Entscheidung in einem katastrophalen Diskurs, bei dessen Beobachtung nur Resignation hilft. CSU, AfD und andere rechte Schreihälse fordern Dinge wie Obergrenzen, Zäune und geschlossene Grenzen, Massenausweisungen etc., Heuchler aus der SPD bezeichnen die Vorschläge als fremdenfeindlich (außer Herr Oppermann, der die CSU rechts überholen will) und am Ende einigt man sich auch irgendwas dazwischen; in jedem Fall ist es gegen eine humane und soziale Flüchtlingspolitik gerichtet; gegen jeden emanzipatorischen Grundsatz.

Angesichts dessen mal wieder aufzutischen, dass es eine dringende Orientierung zu kluger Aufnahme- und Integrationspolitik bräuchte, erscheint so aussichtslos … viel zu hetzerisch ist der Hauptdiskurs schon abgedriftet zur Forcierung von Abschottung und Ausgrenzung.

So kurz nach dem Jahreswechsel fehlt mir dann auch die Motivation, diese fortschreitende Selbstdemontage der EU-Staaten mit positiven, hoffnungsvollen Aussichten zu konfrontieren. Aber so baut sich dann wenigstens doch noch ein guter Vorsatz für dieses Jahr in mir auf: Dem politischen Geschehen – auf globaler, europäischer und nationaler Ebene – konsequenter und unversöhnlicher entgegentreten als bisher.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Julius Wolf

Über Politik, Gesellschaft, Emanzipation und Antiemanzipatorisches.

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