Eine erfreuliche Aktion?

Netzfrauen-Kür Die Kampagne „25 Frauen für die digitale Zukunft“ fördert Feminismus nach den alten Mechanismen der Boys-Clubs. Schade, denn eigentlich würde man die Aktion gerne loben
Ausgabe 47/2014
Eine erfreuliche Aktion?

Foto: Screenshot, Edition F

Mit der Kritik in den eigenen Reihen ist es immer so eine Sache – besonders wenn es um den Feminismus geht und dabei, konkret, um Beruf und Karriere. Einerseits möchte man nicht die eigene Seilschaft schwächen, sondern lieber ein bestimmtes, nämlich solidarisches Bild nach außen aufrechterhalten. Andererseits möchte man als kritischer Mensch seine Meinung nicht verstecken müssen – auch wenn man sich damit selbst schaden könnte. Es ist das alte Diskursdilemma jeder politischen Bewegung, nicht nur des Feminismus. Erst vor wenigen Tagen hat es das Dilemma in eine Spiegel-Online-Kolumne geschafft: Jan Fleischhauer amüsierte sich dort über eine missglückte Twitterkampagne von Emma und ließ sich über die Konflikte zwischen jungen Netzfeministinnen und alten Printfeministinnen aus. Kritik, die von innen, aus der Bewegung heraus kommt, ist leider allzu oft Wasser auf die Mühlen der Falschen.

Diesen Widerspruch empfand ich jetzt wieder, als ich über die Kampagne für „25 Frauen für die digitale Zukunft“ las. Das Business- und Lifestyle-Blog Edition F hat zusammen mit D64, dem Zentrum für Digitalen Fortschritt e. V., nach Vordenkerinnen für Deutschland gesucht, mit hochkarätig bis prominent besetzter Jury (Springer-Chef Mathias Döpfner zählte dazu), Publikumsbeteiligung, 50 Nominierten. Mehr Aufmerksamkeit für Frauen, die einen tollen Job machen, mehr Feminismus und Karriere(n), gerade auch im Internet. Eigentlich sollte man die Kampagne feiern.

Doch je weiter ich die Nominiertenliste nach unten scrollte, umso mehr beschlichen mich unsolidarische Gefühle: Zweifel, Ärger – und ein unangenehmer Neid. Wer hatte die Nominierten nach welchen Kriterien ausgewählt? Wieso erkannte ich hier so viele Gesichter aus Netzwerken wieder, in denen die Frauen sowieso schon miteinander verbunden sind? Die Auswahl erschien mir zu willkürlich, um nicht sofort an das Buddyprinzip denken zu müssen, an die typischen Mechanismen der Boys-Clubs, wie Alice Schwarzer es einmal nannte.

Dass über gesellschaftliche Macht in Hinterzimmern entschieden wird, ist ein alter Trick des Patriarchats. Wenn dieser Mechanismus jetzt mit einer Kampagne durchbrochen werden soll, die ein hart umkämpftes Berufsumfeld für Frauen stärken will, ist die Absicht ehrenwert. Aber eines sollte doch vermieden werden: den altbekannten Hinterzimmermechanismus zu wiederholen.

Ich bin diese Woche trotzdem zum Abschlussevent der Kampagne gegangen. Ich habe ignoriert, dass dabei eine gehörige Portion Selbstmarketing für das Edition-F-Blog mitschwingt. Ich habe geklatscht, als die Nominierten verkündet wurden. Und während die CSU gerade wieder einmal versucht, die Frauenquote im Kabinett zu verhindern, bin ich gleichzeitig froh und ärgere mich, dass ich diesen Text geschrieben habe.

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Geschrieben von

Juliane Löffler

Onlinerin beim Freitag. Quelle: Papier

Juliane Löffler

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