Hinter dem Mond liegt Deutschland

Gleichstellung Von dem Referendum in Irland werden alle Homosexuellen profitieren, egal welches Partnerschaftsmodell sie leben. Unsere Regierung sollte sich daran ein Beispiel nehmen
Ausgabe 22/2015
Die irische Senatorin Katherine Zappone küsst ihre Partnerin Gilligan nach der Volksabstimmung
Die irische Senatorin Katherine Zappone küsst ihre Partnerin Gilligan nach der Volksabstimmung

Foto: Paul Faith/AFP/Getty Images

Die Iren haben mit deutlicher Mehrheit für die Einführung von gleichgeschlechtlichen Ehen gestimmt. Das ist nicht nur ein Grund zur Freude, weil die Beteiligung an der Volksabstimmung ungewöhnlich hoch ausfiel. Fast zwei Drittel der Wähler haben die Yes-Kampagne unterstützt. Das ist auch eine deutliche Ansage für das übrige Europa: Irland ist das erste Land, das sich für eine Verfassungsänderung entschieden hat. Die EU ist ein Stück liberaler geworden.

Unisono hatten irische Regierung und Opposition im Vorfeld für ein Ja bei dem Referendum geworben. Der Klerus hingegen, der sich gegen die Ehe für Homosexuelle ausgesprochen hatte, wurde abgestraft. Das ist nicht zuletzt auch dem großen Vertrauensverlust der Kirche durch zahlreiche Missbrauchsskandale in dem tief katholischen Land geschuldet. Das Ergebnis zeigt aber vor allem eines: Diskriminierung auf Grund der sexuellen Orientierung ist ein Auslaufmodell.

Wie wichtig diese Entscheidung für die Stimmung in ganz Europa ist, hat sich bereits erwiesen: In Deutschland ist die Debatte über die Gleichstellung der Homo-Ehe ebenfalls voll entbrannt. Das Bundeskabinett verabschiedet am Mittwoch einen Gesetzentwurf von SPD-Justizminister Heiko Maas, der die Eingetragene Partnerschaft rechtlich weiter stärken soll. Die Opposition fordert bereits, wesentlich weiter zu gehen und sich Irland zum Vorbild zu nehmen.

Wie haltlos die Gründe gegen die volle rechtliche Gleichstellung von Homosexuellen sind, hat die Kanzlerin Angela Merkel bereits 2013 vorgeführt. Sichtlich unangenehm berührt versuchte sie während des Wahlkampfs einem Bürger zu erklären, warum sie die Homo-Ehe ablehne und stattdessen weiter an dem Lebenspartnerschaftsgesetz festhalten wolle, dass schwulen und lesbischen Paaren ein gemeinsames Adoptionsrecht verwehrt. Über ein diffuses Unbehagen gehen Merkels Argumente bis heute nicht hinaus.

Eine andere Frage ist hingegen, ob es überhaupt sinnvoll ist, das Modell Ehe steuerlich zu fördern. Zu einer homosexuellen Partnerschaft gehört oft auch der Wunsch, das Mann-Frau-Machtverhältnis aufzulösen und eine gleichberechtigtere Partnerschaft zu führen. Solange jedoch Gesetze wie das Ehegattensplitting die Ungleichheit in einer Partnerschaft auch noch steuerlich belohnen, wird dieses Ziel nur schwer zu erreichen sein. Dass das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe diese Regelung auf Eingetragene Partnerschaften ausgeweitet hat, macht die Sache nicht besser.

Trotzdem ist das Votum in Irland für Homosexuelle ein wichtiger Sieg, weil er nicht nur rechtliche, sondern auch emotionale Gleichstellung bedeutet. Der Wunsch nach Stabilität, Fürsorge und die Idee, dauerhaft Verantwortung füreinander zu nehmen, hat für Homosexuelle dieselbe Berechtigung wie für Heterosexuelle. Es ist überfällig, dass konservative Werte auch von gleichgeschlechtlichen Paaren gleichberechtigt gelebt werden können. Realität ist es ohnehin schon lange.

Zu argumentieren, dass Ehe-Privilegien generell abgeschafft gehören mag richtig sein – für die Gleichberechtigung von Schwulen und Lesben würde es vor allem eines bedeuten: Warten. Ganz pragmatisch ist es deshalb richtig, zunächst homosexuelle Partnerschaften zu stärken, bevor man darüber diskutiert, heterosexuellen Ehen ihre Privilegien zu entziehen. Wie weit der Weg zur Gleichberechtigung noch ist, erkennt man an den jüngsten Äußerungen des Vatikans. Er nannte das Referendum eine "Niederlage für die Menschheit". Umso wichtiger ist es, dieser menschenfeindlichen Haltung etwas entgegenzustellen.

Das Recht auf Ehe für Homosexuelle in einer Verfassung zu verankern, fördert die soziale Akzeptanz von Schwulen, Lesben und Transpärchen. Je mehr homosexuelle Ehen es geben wird, umso mehr wird sich auch die gesellschaftliche Realität wandeln. Davon werden alle Homosexuellen profitieren, ganz gleich für welches Partnerschaftsmodell sie sich entscheiden. Vielleicht dauert es nicht mehr lange, bis auch Merkel das endlich anerkennt.

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Geschrieben von

Juliane Löffler

Onlinerin beim Freitag. Quelle: Papier

Juliane Löffler

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