Jeanne d’Arc als Covergirl

ZDF Eine Filmreihe zeigt "Frauen, die Geschichte machten" im Hochglanzcoverstil. Das soll modern wirken, ist aber ein veralteter Blick auf das Bild der Frau
Ausgabe 48/2013

Natürlich, man sollte eigentlich nichts kritisieren, was man noch nicht kennt. Aber wenn das ZDF eine Filmreihe über „Frauen, die Geschichte machten“ bewirbt, wird man schon aufgrund der Kampagne hellhörig. Und wenn die Werbung dazu gestaltet ist wie das Cover einer Frauenzeitschrift, auf dem Jeanne d’Arc zu sehen ist mit dem Slogan „Der neueste Trend: Kettenhemd“, darf man doch die Stirn runzeln. Und wenn der Trailer gespickt ist mit Dialogen im Vorabendserienstyle, muss man fragen: Euer Ernst? Octavian sagt da zu Marcus Antonius: „Ich habe dir meine Schwester zur Frau gegeben. Und du wagst es, sie mit Kleopatra zu betrügen?“ Und Antonius antwortet: „Hast du keine Geliebte?“ Die ägyptische Königin und der römische Feldherr werfen sich im Halbdunkel heiße Blicke zu, während die Kamera um sie kreist – und dann so: Krieg.

Das Gruppenfoto für die Serie erzählt einiges über die Vorstellung von Geschichtsfernsehen, die man in Mainz verfolgt. Darauf schauen sechs Frauen mit festem Blick und opulenten Kostümen in die Kamera, Schmollmund inklusive. Fast hört man Heidi Klum aus dem Off rufen: „Seid stark und sexy, Mädels!“ Die Mädels, das sind: Kleopatra, Jeanne d’Arc, Elisabeth I., Katharina die Große, Luise von Preußen und Sophie Scholl, die ab Dezember im ZDF ihre Lebensgeschichten aus der Ich-Perspektive erzählen werden. The personal is political – dieser Kampfspruch der Sechziger dient auch heute als beliebte Erzählperspektive für Vorzeigefrauen.

Es ist natürlich schön, dass auch bei den Öffentlich-Rechtlichen angekommen ist, dass Geschichtsschreibung traditionell eher männlich dominiert ist. Weniger schön ist es aber, wenn dann die Chance, unbekanntere Frauen sichtbar zu machen, völlig vertan wird. Stattdessen werden jene Figuren aus dem Fundus geholt, die immer das Bild von der starken, mächtigen, schönen Frau bedienen. Also Biografien, die als Erfolgsgeschichten verkauft werden. Die Brüche werden dafür wie auf Hochglanzcovern wegretuschiert. Das ist Sex in the City-Feminismus, an dem aktuelle Debatten schon längst vorbeigezogen sind. In denen wird für Frauen Gleichberechtigung verlangt, auch ohne dass sie besonders klug oder besonders schön oder besonders mutig sind. Da hilft es dann herzlich wenig, wenn genau das wieder von einer Geschichtsdoku herausgestellt wird. Im Gegenteil: Es ist entmutigend. Elisabeth I. schuf sich für den staatsmännischen Respekt etwa ein entbehrungsreiches Selbstbild. Sie presste ihre Brüste hinter Bleiplatten und ließ sich eine Paste aus Essig und giftigem Bleiweiß auf Gesicht und Dekolleté auftragen. Das zu zeigen, sähe zwar nicht so schön aus, wie sie am Strand auf einem Pferd dahinreiten zu lassen. Aber es würde den Umgang mit dem Bild der Frauen thematisieren. Also, liebes ZDF, ein bisschen weniger Gala und ein bisschen mehr Autsch bitte!

Die erste Folge mit Jeanne d’Arc lief bereits am 23. September auf ARTE (Koproduzent der Reihe).

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Geschrieben von

Juliane Löffler

Onlinerin beim Freitag. Quelle: Papier

Juliane Löffler

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