Wenn es sich jemand erlauben kann, dann die taz. Nach 16 Jahren mit einer weiblichen Chefredaktion kommt ein Mann an die Spitze der Zeitung. Das ist erst mal schön für die taz, weil Georg Löwisch, so munkelt es durch die Flure, bestens qualifiziert für den Job zu sein scheint. Er kennt die Zeitung als Volontär, Redakteur, Ressortleiter und kehrt nach einigen Jahren bei Cicero dorthin zurück. Weniger schön ist es hingegen für die deutsche Presselandschaft. Weil es bedeutet, dass es außer der Frankfurter Rundschau nun wieder keine einzige überregionale Tageszeitung gibt, der eine Frau vorsteht. Weil damit wieder die Wahrscheinlichkeit steigt, dass jene Stimmen mehr Gehör finden, die ohnehin überproportional viel Raum in den Medien einnehmen: die privilegierter Männer. Und weil in den allermeisten Fällen mit den Leitungsfiguren die gleichgesinnten Netzwerke mit in die Redaktionen einziehen. Dann ist der neue Aushilfsredakteur zufällig auch weiß, männlich, heterosexuell, oder die Urlaubsvertretung. Das ist ärgerlich, gerade bei einer linken Zeitung, die schon lange dafür steht, auf Diversität und Quote zu achten.
Gerade weil die taz in diesen Fragen ganz weit vorne ist, etwa als einzige große Tageszeitung das Binnen-I zulässt, mag man ihr die Wahl Löwischs verzeihen. Mehr noch: Man kann sie als Zeichen von Postideologie werten. So sehr verinnerlicht ist der Grundsatz, dass Frauen wie Männer Leitungsfunktionen übernehmen können, dass die taz sich trauen kann, die Quotenfrage links liegen zu lassen. Anders gesagt: Die Gleichberechtigung ist so selbstverständlich, dass sie nicht erzwungen werden muss. Rund 50 Prozent Frauen arbeiten bei der taz. Über die wesentlich interessantere Machtverteilung in der Redaktion, also den Anteil der Frauen in Führungspositionen, gibt es derzeit keine Zahlen.
Allein: Die schöne Idee der postideellen Gleichberechtigung bleibt in der redaktionellen Blase verhaftet. Die gesellschaftliche Realität ist eine andere. Schlimmer noch öffnet die Entscheidung reaktionären Stimmen die Tür. Die taz habe ihren Posten eben nach Kompetenz besetzt, tönt es von den Kollegen und Kolleginnen. Merkwürdig nur, dass bei diesen Kompetenzentscheidungen am Ende immer ein Mann im Chefsessel sitzt. Die Wahrheit ist: Wer einen Posten mit einer Frau besetzen möchte, schafft es auch. Das ist keine Frage von Kapazitäten, sondern von Politik. Der Guardian und die New York Times haben es kürzlich vorgemacht und Frauen an ihre Spitzen geholt. Deutschland hängt indes, wie in so vielen Gleichstellungsfragen, im vorletzten Jahrzehnt fest.
Die Außenwirkung ist ein mächtiges Signal. Keinem der zehn großen Leitmedien, welche Pro Quote angibt, steht derzeit eine Frau vor. Der Verein für die Förderung der Gleichstellung in Medienberufen hat einen Machtquotienten ermittelt – eine geschickte Art, Quoten und Führungspositionen so zu verrechnen, dass der tatsächliche Einfluss von Frauen in den Medien ermittelt werden kann. Eine Chefredaktion wird in dieser Berechnung stärker gewichtet als eine stellvertretende Ressortleitung. 2012 lag das beste Ergebnis bei 22 Prozent. Dieses Jahr gibt es immerhin einen Spitzenreiter mit 38 Prozent. Die taz hat ihren Machtquotienten gerade kräftig nach unten korrigiert. Es liegt nun an Georg Löwisch, inhaltlich dagegenzuhalten und dafür zu sorgen, dass die Stimme der Zeitung so diskriminierungsfrei bleibt, wie wir sie kennen. Mindestens.
Kommentare 23
Ich halte es für ziemlich am Thema vorbeigehend, das durch den Weggang von Ines Pohl verursachte Stühlerücken in der taz-Chefredaktion ausschließlich durch die Brille des Gender-Mainstreaming zu bewerten. Zunächst einmal kommt Georg Löwitsch vom Cicero. Der Cicero ist ein Debattenmagazin, dass sich – trotz gepflegter Debattenkultur und demonstrativ ausgelegter Heterogenität – klar in der konservativ-wohlstandschauvinistischen bis (leicht) rechtspopulistischen Ecke verorten lässt (hier eine Positionsverortung der Jungle World von 2010, hier – gleiches Jahr – ein Beitrag im Freitag von Ihren Kollegen Michael Angele).
Der Personalie Ines Pohl muß man ebenfalls nicht unbedingt Loblieder hinterhersingen. Sicher hat sie den ein oder anderen Kommentar geschrieben, der ohne Pohl vermutlich schlimmer ausgefallen wäre. Allerdings: Selbst ihre – in der Beschreibung durchaus zutreffende – Kritik an Joachim Gauck beschränkte sich auf Oberflächlichkeiten und Stilfragen. Fazit: Um dezidiert linke (oder explizit sozialkritische) Akzente zu finden in ihrer Vita, muß man schon lange nachgrübeln. Nun geht sie den Weg, den schon so viele taz-Alphatiere vor ihr gegangen sind: in die wohldotierten Gefilde der Mainstreammedien – im konkreten Fall den Korrespondentensitz der DW in Washington. Frage: Welche Berichterstattung wird die nunmehrige DW-Korrespondentin wohl liefern im Hinblick auf das US-Engagement in … (einzusetzen, was beliebt)?
Fazit: Positiv wertbar wäre die taz-Personalie allein in dem Fall, wenn mit dem Chefredaktions-Wechsel ein dezidierter Wechsel vollzogen worden wäre hin zu einer grün-unabhängigeren und link(er)en Ausrichtung des Gesamtblatts. Davon kann keine Rede sein; im Gegenteil. Die Gendermainstreaming-Frage am Beispiel taz aufzurollen erscheint mir so ungefähr so sinnvoll wie die Bewertung des Führungswechsels in der AfD unter dem gleichen Aspekt. Frauke Petry ist eine Frau, Bernhard Lucke ein Mann. Ungeachtet dieser Tatsache wird wohl kaum jemand in Zweifel stellen, dass die Ausrichtung der Partei unter Frau Petry noch rechter, noch ressentimentgeladener und letztlich noch emanzipationsfeindlicher ist.
P. s.: Das spricht nicht gegen Gender-Mainstreaming. Allerdings ist Gender-Mainstreaming kein Ersatz für eine vernünftige politische Positionierung.
Na nana, Meister, da wird aber Dr. Christine Düts in der Freitags-Geschäftsführung ebenso unterschlagen, wie Nina Mayrhofer als Verlagsleiterin oder Jana Schnell als Art Direktorin. Ganz so unausgewogen ist das Verhältnis beim Freitag nicht, wie Du schreibst. Abgesehen davon ist die Redaktion 50:50 besetzt. Also, was ist jetzt genau Dein Punkt, mate ???
Interessant fand ich Pohls Wechsel zur DW. Mich überrschte das, da ich sie eigentlich als risikofreudig eingeschätzt hatte. Da sieht man mal was ich weiss. Und Georg Löwisch vom Cicero zur Taz passt gut finde ich, die politische Linie der Taz ist ja nicht mehr wirklich links, nicht mal kontrovers, sondern eher gemäßigt, soft. So Jakeinemwehtunjournalismus. :)
Und was sagst Du zur Taz? :P
Hm. Weiss nicht ob das so funktioniert. Man muss unterscheiden zwischen öffentlichen Stellen in Forschung und Lehre beispielsweise – dazu zähle ich jetzt einfach auch mal die Presse – und den privaten, Ergebnisorientierten Unternehmungen.
Lange die einzige Frau in einer "all male" Redaktion kann ich aus Erfahrung sagen, Männer geben nicht automatisch den Ton an wenn sie in der Überzahl sind. Im Gegenteil, ich hatte selten mehrv Autorität und Kontrolle – Macht – als in meinem kleinen Männerteam. Menno ich vermisse sie, alle, schluchz.
Ich weiss jetzt nicht wie es in Deinem Job gehandhabt wird, aber wenn ich hier Projekte organisiere – Grafiker, Autoren oder Künstler ... dann denke ich nicht an die Quote. Ginge gar nicht. Denn es geht ja eher um sowas wie die Passung der unterschiedlichen Fähigkeiten und die Chemie im Team; wer kann was am besten und wie funktionieren die zusammen; wer kann was aus wem am besten rauskitzeln; in der Kunst, bei Ausstellungen gehts dann um die kuratorischen Themenschwerpunkte und die Außenwirkung. Kurz: Wie bekomme ich das Ergebnis, das ich benötige ... Quote? Schwierig.
Und manchmal sind Frauen eben auch die besseren Männer, hihi. Es ist eben nicht immer so wie es aussieht. Was aber gar nicht geht ist unterschiedliche Bezahlung für gleiche Arbeit. Quote, schwierig. Aber ich bin schon dafür. Ist in der Praxis aber nicht immer so eins zu eins umsetzbar.
Ja, das berühmte Glashaus. Kritisieren muss man trotzdem dürfen ...
Vielleicht ist dies ein gutes Zeichen für einen Weg wieder hin zu mehr Normalität und weg von der - auch thematisch - verkrampften Quotenhuberei - schaun mer mal. Wollen wir mal hoffen, dass der Löffler den Job wegen seiner Qualifikation und nicht ob seiner Geschlachtszugehörigkeit bekommen hat. Höhö. A pro pos Quotenhuberei: Ich finde das Verhältnis beim freitag sehr ausgewogen - Baureithel, Löffler & Co. machen doch mit ihrem feministischen Gekläffe Wind für vier. Dann passt's doch wieder.
Sie unterschlagen in ihrer Rechnung dass Frauen nun mal die besseren Menschen sind.
Und wenn nach 16 Jahren Häuptlingin wieder ein Mann ran darf ist das selbstverständlich ein schwerer Schlag gegen die Gleichberechtigung.
//Ironie ende
Wer liest eigentlich noch taz?
Ach komm, das geht unter die Gürtellinie. Ich mag Löfflers Beiträge. Wenn man sich nur mit Krieg, Griechenland und Sozialabbau beschäftigt kommt man in einen permanenten Ragemodus, der tut meinem Herz nicht gut.
Wenn dann jemand über die wirklich wichtigen Geschehnisse der Welt schreibt zaubert es einem das Lächeln zurück ins Gesicht.
:-)
"Wer liest eigentlich noch taz?"
Seitdem die den täglichen TOM nicht mehr updaten, schau ich da nur noch sporadisch rein. Und wenn, dann stolper ich garantiert wieder über so eine Hasstirade gegen DIE LINKE. Nee, iss nich mehr meine Welt.
🗿*****
yupp. Hey und ich hab' noch einen ... Zu Griechenland : Is "a temporary exit from the Eurozone" the new "a little bit pregnant"? (@evgenymorozov) ist doch genau die Frage, O_o
Die Frage, oben - ob ein positives Signal -, die könnte vielleicht eingeschränkt mit "ja" beantwortet werden. "Ja", solange es eben auch gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit gibt, solange Männer sich auch an Kindererziehung und Hausarbeit beteiligen, solange Frauen beruflich auch die gleichen Aufstiegschancen haben. Wäre all das selbstverständlich, dann wäre es egal, ob ein Mann oder eine Frau den Chefredakteurposten besetzt.
Oder. Wäre Löwich für kritische, linke, intellektuelle Positionen bekannt, dann könnte argumentiert werden: die Entwicklung gehe zumindest politisch in eine freiheitlich-emanzipatorische Richtung. Die dann wiederum auch positive Auswirkungen auf die Anzahl der weiblichen Mitarbeiterinnen haben könnte. Gut. Ist er aber wohl eher nicht, links (siehe Cicero).
In ihrem sehr lesenswerten Artikel zum gesellschaftlichen Anti-Feminismus Backlash sagt auch Catherine Newmark, dass es beunruhigende neue Tendenzen gibt.
"Der neuste und mittlerweile beunruhigendste Trend ist aber die aggressive Polemik, die sich unter den Stichworten "Genderwahn", "Gender-Ideologie" oder "Genderismus" sammelt und gegen alles Mögliche richtet: Gegen die mittlerweile selbst in den in weiten Teilen bibeltreuen USA durchgesetzte Homo-Ehe, gegen progressiven Sexualkundeunterricht, gegen feministische Anliegen aller Art und gegen die zarten Ansätze von akademischer Etablierung der sozial- und geisteswissenschaftlichen Gender Studies. Letztlich also gegen jede Vermutung, nicht alle gesellschaftlich etablierten Rollenzuschreibungen und Normen seien naturgegeben, gottgewollt oder evolutionsbiologisch begründet. (Hier, der ganze Text ist echt super http://www.zeit.de/kultur/2015-07/gender-studies-feminismus-10nach8/komplettansicht
Kurz: Für leitende Positionen meiner Meinung nach nicht ganz unwichtig ist, wie die Leute ticken, was sie antreibt, auch politisch. Denn hier entscheidet sich nicht zuletzt die Ausrichtung. Wäre ich beispielsweise Taz-Gesellschafter, ich hätte mit der Entscheidung einfach Probleme, und nicht wegen der Quote.
Sehr interessanter und wichtiger Artikel. Er macht aber auch nachdenklich. So ein qualifizierter analytischer Blick verrät doch Einiges über die noch immer immer praktizierte Bevorzugung der Männer in vielen Medien. Solche Kritik muss einfach ausgeübt werden. Danke.
Mit Verlaub, wer lesen kann ist klar im Vorteil.
Juliane Löffler: "Merkwürdig nur, dass bei diesen Kompetenzentscheidungen am Ende immer ein Mann im Chefsessel sitzt."
Die eigentlich bedeutende Frage, die in dem Artikel allerdings nicht beantwortet wurde, ist doch die: Wer hat die Entscheidung getroffen, dass Löwisch neuer Chefredakteur der taz wird? Er hat sich wohl nicht selbst installiert. Gab es mehrere Bewerbungen? Waren darunter auch Frauen?
Erst mit diesem Wissen könnte eventuell ein Urteil über die vermeintliche geschlechtlich bedingte Falschbesetzung abgegeben werden.
"Weil es bedeutet, dass es außer der Frankfurter Rundschau nun wieder keine einzige überregionale Tageszeitung gibt, der eine Frau vorsteht."
Gänzlich stimmt diese Aussage nicht. Die Chefredaktion-Papier der Rundschau besteht aus einer Frau und einem Mann, einer klassischen Doppelspitze.
Wer einen Posten mit einer Frau besetzen möchte, schafft es auch. - Da hat Juliane Löffler natürlich Recht! Aber wer ist "wer"? Warum benennt sie die Entscheider - den taz-Vorstand - und ihre Hintergründe nicht?
Die taz ist auf vielen Politikfeldern keine linke Zeitung mehr, sondern weitgehend austauschbar geworden. Dass dieser Richtungswechsel - Polit-Mainstreaming - mit Ines Pohl vollendet wurde und mit dem künftigen schwarz-grünen Chef beibehalten wird, das war dem Vorstand offensichtlich wichtiger als Gender-Mainstreaming.
Warum?
Zu hören ist von einem Einbruch der Abo- und Verkaufszahlen, die den taz-Vorstand alarmiert haben muss:
https://twitter.com/LupusLotarius/status/618867775923187712/photo/1
Der künftige Chef Georg Löwisch steht nicht nur für schwarz-grün: das Blatt Cicero, in dem er "Textchef" war, richtet sich an Parteikader von CDU und AfD. Sondern er steht auch für die "sonntaz", das Vorstands-Lieblingsprojekt. Als deren Leiter bis 2012 führte er nette Interviews mit Promis, darunter - erstaunlich - sogar solche der Linkspartei.
Auf die linken Stamm-Abonnenten und -Käufer der Zeitung kommt es in der Vorstandsstrategie nicht mehr so an. Sie sind die wirtschaftliche Basis, aber schon älter und deshalb nicht die Zukunft. Mit dieser fragwürdigen Strategie hat die taz ihre Ausrichtung, Identität und an Qualität verloren.
Georg soll nun die verschiedenen Vorstandsziele einfühlsamer und versierter miteinander verbinden. Natürlich gäbe es dafür auch Frauen, aber welche von denen, die in der taz-Redaktion gut profiliert sind, wollte sich diese blöde Aufgabe antun?
-----------
Zum anderen vermisse ich in Julianes Artikel ein Resümee der Arbeit von Ines Pohl. Falls Ines als Jugendliche mal links angehaucht war (sie spricht gern über ihre Sympathien für die friedensbewegten Blockaden in ihrem Heimatstädtchen Mutlangen bei Stuttgart), so agierte sie als Chefredakteurin nicht als Linke. Teilweise fehlten ihr wohl schlicht die Erfahrungen, die sie zuvor in den Regionalzeitungen Hessisch-Sibiriens gar nicht machen konnte. - Hat Ines wenigstens für das Gender-Mainstreaming bei der taz etwas erreicht?
Ansonsten siehe ihre "Leitartikel" als taz-Herausgeberin: Darunter gibt es einen mit einer etwas bleibenden Bedeutung (zu Gauck, siehe oben). - Mir fällt ein Haufen unsäglicher Blödsinn ein, den Ines im Einklang mit der übrigen Lügenpresse zum Krieg gegen die Ost-Ukraine geschrieben hat. Dazu passt nun ihr neuer Job in Washington beim außenpolitischen Staatssender Deutschlands. Sie freue sich, "wieder als Korrespondentin zu arbeiten".
Etwas Positives bleibt: die KONTEXT:Wochenzeitung - da spricht eine schwäbische Linke, die frecher und klüger ist, als es Kretschmann gern hätte, und die leider in der taz nicht zu Wort kommt.
http://www.kontextwochenzeitung.de/editorial/223/eine-letzte-brezel-fuer-frau-pohl-3005.html
http://www.berliner-zeitung.de/medien/taz---die-tageszeitung-suche-nach-neuem-profil,10809188,16808990.html
http://blogs.taz.de/hausblog/2015/07/03/taz-intern-ines-pohl-verlaesst-die-taz/
Wer einen Posten mit einer Frau besetzen möchte, schafft es auch. - Da hat Juliane Löffler natürlich Recht! Aber wer ist "wer"? Warum benennt sie die Entscheider - den taz-Vorstand - und ihre Hintergründe nicht?
Die taz ist auf vielen Politikfeldern keine linke Zeitung mehr, sondern weitgehend austauschbar geworden. Dass dieser Richtungswechsel - Polit-Mainstreaming - mit Ines Pohl vollendet wurde und mit dem künftigen schwarz-grünen Chef beibehalten wird, das war dem Vorstand offensichtlich wichtiger als Gender-Mainstreaming.
Warum?
Zu hören ist von einem Einbruch der Abo- und Verkaufszahlen, die den taz-Vorstand alarmiert haben muss:
https://twitter.com/LupusLotarius/status/618867775923187712/photo/1
Der künftige Chef Georg Löwisch steht nicht nur für schwarz-grün: das Blatt Cicero, in dem er "Textchef" war, richtet sich an Parteikader von CDU und AfD. Sondern er steht auch für die "sonntaz", das Vorstands-Lieblingsprojekt. Als deren Leiter bis 2012 führte er nette Interviews mit Promis, darunter - erstaunlich - sogar solche der Linkspartei.
Auf die linken Stamm-Abonnenten und -Käufer der Zeitung kommt es in der Vorstandsstrategie nicht mehr so an. Sie sind die wirtschaftliche Basis, aber schon älter und deshalb nicht die Zukunft. Mit dieser fragwürdigen Strategie hat die taz ihre Ausrichtung, Identität und an Qualität verloren.
Georg soll nun die verschiedenen Vorstandsziele einfühlsamer und versierter miteinander verbinden. Natürlich gäbe es dafür auch Frauen, aber welche von denen, die in der taz-Redaktion gut profiliert sind, wollte sich diese blöde Aufgabe antun?
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Zum anderen vermisse ich in Julianes Artikel ein Resümee der Arbeit von Ines Pohl. Falls Ines als Jugendliche mal links angehaucht war (sie spricht gern über ihre Sympathien für die friedensbewegten Blockaden in ihrem Heimatstädtchen Mutlangen bei Stuttgart), so agierte sie als Chefredakteurin nicht als Linke. Teilweise fehlten ihr wohl schlicht die Erfahrungen, die sie zuvor in den Regionalzeitungen Hessisch-Sibiriens gar nicht machen konnte. - Hat Ines wenigstens für das Gender-Mainstreaming bei der taz etwas erreicht?
Ansonsten siehe ihre "Leitartikel" als taz-Herausgeberin: Darunter gibt es einen mit einer etwas bleibenden Bedeutung (zu Gauck, siehe oben). - Mir fällt ein Haufen unsäglicher Blödsinn ein, den Ines im Einklang mit der übrigen Lügenpresse zum Krieg gegen die Ost-Ukraine geschrieben hat. Dazu passt nun ihr neuer Job in Washington beim außenpolitischen Staatssender Deutschlands. Sie freue sich, "wieder als Korrespondentin zu arbeiten".
Etwas Positives bleibt: die KONTEXT:Wochenzeitung - da spricht eine schwäbische Linke, die frecher und klüger ist, als es Kretschmann gern hätte, und die leider in der taz nicht zu Wort kommt.
http://www.kontextwochenzeitung.de/editorial/223/eine-letzte-brezel-fuer-frau-pohl-3005.html
http://www.berliner-zeitung.de/medien/taz---die-tageszeitung-suche-nach-neuem-profil,10809188,16808990.html
http://blogs.taz.de/hausblog/2015/07/03/taz-intern-ines-pohl-verlaesst-die-taz/
»Wenn man auf Gejammer und Unterstellungen steht ...«
Merke: Macho im Unimog »ist kein Ausbildungsberuf.« :-)
»Aber ich werde meinen Vorteil Ihnen gegenüber nicht ausspielen.«
Merke: Konfrontationsscheuer Kulturschleimer »ist auch kein Ausbildungsberuf.« :-)
Klar. Noch besser als ich kann das dieses Video:
https://www.youtube.com/embed/ghIU4K5kZVo
Ich glaube, dass alle drei: Katherine Viner beim Guardian, Jill Abramson bei der Times oder Zanny Minton Beddoes beim Economist einen verdammt guten Job machen. Nicht besser oder schlechter als ihre männlichen Kollegen. Trotzdem haben sie weniger Chancen das zu zeigen, weil die Netzwerke sind eben männlich dominiert sind. Wer das nicht sieht ... Nein ich kann mir eigentlich gar nicht vorstellen, wie man das nicht sehen kann
Eine interessante Frage. Auch, weil ich diese Woche im Nachklapp der Recherche noch mitgeteilt bekam, dass nun der Redaktionsrat aufgefordert wurde, eine Quote der CR von 50% einzuführen und das in den Redaktionsstatut aufzunehmen. Insofern scheint es da durchaus Ambivalenzen zu geben ...