Woran denken Sie, wenn Sie ein pinkes Herz sehen? An Ihre letzte WhatsApp-Nachricht? An Ihre erste Barbie? An den Valentinstag? Woran Sie sicher nicht gedacht haben: an Feminismus. Tatsächlich handelt es sich bei dem pinken Herz aber um ein beliebtes Symbol jungfeministischer Gesinnung. Pink ist sozusagen das neue Lila.
Am 8. März ist Internationaler Frauentag, und wie jedes Jahr rufen im Vorfeld verschiedene Bündnisse dazu auf, sich für die Rechte der Frauen einzusetzen. Eines von ihnen heißt „Frauen*kampftag“ und trägt den Slogan „Still lovin’ feminism“, abgebildet in pink, zusammen mit einem Herz. Das ist nicht verniedlichend gemeint, sondern vereinnahmend. Es zeigt sich darin eine Art subversiver Überlegenheit, gewissermaßen die moderne Zurückeroberung der weiblichen Farbsymbolik.
Zu kompliziert? Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass es früher zwar nicht besser um die Frauenrechte bestellt war, aber dafür die Grenzen klarer waren. Lila im Westen: Dort gab es die purpurnen Frauenkalender und natürlich die auberginefarbenen Latzhosen, von Hand eingefärbt. Im Osten hingegen war der 8. März ein Ehrentag, an dem die Frauen rote Nelken und Schnaps bekamen. Verdiente Aktivistinnen erhielten Auszeichnungen in Form eines Umschlags mit einem „Blauen“, einem 100-Mark-Schein, auf dem das Konterfei von Karl Marx prangte. Manche Männer banden sich weiße Schürzen um und blieben zu Hause, während Frauen fröhlich und alkoholisiert durch die Straßen zogen.
Diese einfache Dichotomie – Frauen gegen Männer – lässt sich heute so nicht mehr aufrechterhalten. Bei Facebook kann man jetzt zwischen 58 Optionen bei der Angabe des Geschlechts wählen. Und „der Feminismus“, was soll das in Zeiten der allumfassenden Genderdebatte sein? An Stelle einer einheitlichen, klar erkennbaren Bewegung – auch wenn es innerhalb dieser auch früher schon Unterschiede gab – ist eine große Vielfalt post- und popfeministischer Ausformungen getreten, die auch immer wieder in Grabenkämpfen feststecken. Dass die Genderdebatte es schafft, traditionelle (und biologisch determininierte) Geschlechterrollen in Frage zu stellen, ist gut. Aber einfacher ist es dadurch wirklich nicht geworden.
Die Frauenbewegung muss, will sie als zeitgenössisches Phänomen ernst genommen werden, darauf reagieren. Das Bündnis Frauen*kampftag macht das mit einem Sternchen, auch beim Frauensymbol, also ♀*. Das Sternchen soll laut Website Trans-Frauen und Inter-Menschen mit einbeziehen und all jene, die im Alltag als Frauen angesehen werden – unabhängig davon, wie sie aussehen oder bei der Geburt eingeordnet wurden. Ganz lösen kann man sich von der klassischen feministischen Ästhetik aber nicht. Wie auch, wenn etwa in Spanien erneut gegen die Wiedereinführung eines Abtreibungsverbots gekämpft werden muss?
Das Frauenzeichen mit Sternchen zeigt den Spagat, an alte Traditionen anzuknüpfen und zugleich neue Debatten aufzunehmen. Das kann man absurd nennen. Oder progressiv. Teil einer feministischen Bewegung zu sein heißt für viele eben auch heute, global zu denken, und gegen Rassismus und jede Form der Diskriminierung zu sein. So begrüßenswert die Erweiterung der Kampfzone auch ist – sie birgt die Gefahr, an Schlagkraft zu verlieren. Der Versuch, gesellschaftfähig zu werden (gewissermaßen die Abkehr von der immer wieder heraufbeschworenen "Kampfemanze"), öffnet die Tür für die einen – verschließt sie für die anderen.
Bei der angekündigten Party „Nightingrrrls“ des Bündnisses soll am Frauentag mit Berliner DJs gefeiert werden. Und es soll gekämpft werden: „Wir werden eine neue feministische Offensive sein“, heißt es in dem Mobilisierungsvideo. Was Clara Zetkin, die 1910 den Internationalen Frauentag vorschlug, davon gehalten hätte? Vielleicht hätte sie gesagt: „Nicht herunterschrauben sollten wir unsere Ansprüche, sondern umgekehrt, wir* müssen sie immer höher und höher steigern.“
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