So unsexy

(Anti)feminismus Wer mit Stimmen von rechts liebäugelt, kann sich nicht feministisch nennen. Oder waren 2015 einfach die falschen Figuren am Mikrofon? Eine Bilanz zum Jahresende
Ausgabe 51/2015
Vor den Weihnachtsferien muss gemeckert werden
Vor den Weihnachtsferien muss gemeckert werden

Foto: Paul Ellis/AFP/Getty Images

Natürlich muss jetzt Bilanz gezogen werden zu den Frauen- und Männer-Themen (mit Sternchen). Also eine Abrechnung. Da gibt es nur leider, leider keine schwarzen Zahlen unterm Strich. Vor den Weihnachtsferien muss also gemeckert werden. So unsexy, so sorry. Erstens: Zwar wurde in Deutschland die Quote beschlossen. Und im Nachhall der Aufschrei-Debatte scheint anzukommen, dass es ein Machtungleichgewicht zwischen Männern und Frauen gibt, dass schmieriges Von-der-Seite-Anlabern nicht geil ist, dass Gewalt gegen Frauen nach wie vor ein Thema ist. Und dass weiter über Sexismus diskutiert werden muss, auch wenn nicht alle einer Meinung sind. Das ist okay.

Aber wenn es, zweitens, in der medienwirksamsten feministischen Debatte 2015 vor allem um Antifeminismus ging, weil eine unbefleckte Jungautorin diesen für sich neu entdeckte, gibt es zwei Möglichkeiten: Es gab insgesamt nicht so viel zu sagen, oder die falschen Leute haben sich das Mikrofon gekrallt. Die Aufmerksamkeit lag aber sowieso woanders. Bei einem Thema, das so komplex, existenziell, so stark in alle Lebensbereiche hineinstrahlend war, dass alles andere dagegen in den Hintergrund geriet: die Debatte um die Geflüchteten.

Und das ist, drittens, der Grund, warum der Feminismus dieses Jahr keine gute Figur gemacht hat. Auch in diesem Kontext waren die falschen Figuren am Mikrofon. Figuren, die eine Geschichte vom bösen, gefährlichen, muslimischen Einwanderer erzählen, der Frauen und dem Feminismus schaden wird. So geschehen, um die Stimmung von rechts zu kapern (AfD, Pegida) oder um das angestaubte Schubladendenken prominent herauszukehren (Emma). „Auch unsere Gleichberechtigung ist in Gefahr, wenn jetzt Hunderttausende meist junger Männer in unser Land strömen“, schrieb die Emma. Und um das hier noch mal festzuhalten: Das! Ist! Kein! Feminismus! Das ist vorurteilsbelastet und rassistisch. Die Idee vom Feminismus ist, beides zu bekämpfen, nicht zu befeuern.

Natürlich gehört zum Zusammenleben das Aushandeln bestimmter Werte. Und natürlich sollte niemand hart erkämpfte Freiheitsrechte aufgeben müssen. Aber die Frage, ob mit den Migranten ein neuer Antifeminismus ins Land kommt, ist Quatsch. Der Antifeminismus ist längst hier. Das wiederum ist keine abstrakte Bedrohung, sondern sehr konkret. Es wäre schon ein Anfang, ihn nicht ständig vor jenen auszustellen, die derzeit neu in Deutschland ankommen.

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Geschrieben von

Juliane Löffler

Onlinerin beim Freitag. Quelle: Papier

Juliane Löffler

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