„Vieles ist fließender als bei uns“

Gender In Afghanistan ziehen Familien ohne Sohn oft eine Tochter als Jungen groß. Die Journalistin Jenny Nordberg beschreibt den Rollentausch und seine Folgen
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 16/2015

der Freitag: Frau Nordberg, Sie haben sich intensiv mit den afghanischen Bacha Posh beschäftigt. Was hat es damit auf sich?

Jenny Nordberg: Bacha Posh bedeutet übersetzt „als Junge gekleidet“. Es ist so etwas wie ein drittes Geschlecht. Dieses Phänomen hat seinen Ursprung in der extremen Segregation der afghanischen Gesellschaft. Jungen sind dort viel mehr wert als Mädchen. Familien ohne Sohn werden als schwach oder verwundbar angesehen. Ein angeblicher Sohn ist dann besser als gar keiner.

Welche Vorteile hat das?

Es wertet den Status der Familie auf. Und verschafft dem Kind mehr Freiheit, etwa Zugang zur Bildung, weil eine Bacha Posh zur Schule gehen kann. Es gibt aber auch alltagspraktische Gründe. Ein Junge kann seine weiblichen Geschwister auf der Stra