#WederFreundnochHelfer

Soziale Medien Wenn die Polizei sich zu Twitter wagt, gibt es genügend Gründe, mit Häme und Kritik zu reagieren. Reine Abwehr bringt aber auch nichts. Denn die Idee ist nicht falsch
Ausgabe 18/2014
Prototypisch: Ein New Yorker Polizist im Handgemenge mit einem Occupy-Aktivisten
Prototypisch: Ein New Yorker Polizist im Handgemenge mit einem Occupy-Aktivisten

Foto: Don Emmert/ AFP/ Getty Images

So hatte sich das die New Yorker Polizei wohl nicht vorgestellt. Unter dem Hashtag #mynypd rief das NY Police Department Bürger dazu auf, Bilder von sich mit den Ordnungshütern zu posten. Was folgte, war eine Art Archiv des Fehlverhaltens: Prügelfotos und Polizisten, deren Hände während der Festnahme an Frauenbrüsten klebten. Dass die Polizei ein Imageproblem hat, ist nicht neu. Dass sie glaubt, das über Twitter ändern zu können, schon. Das gilt von New York bis Berlin.

Die New Yorker Polizei hat nicht erst seit dem Diallo-Shooting, bei dem 1999 vier Beamte mit 42 Schüssen den Asylbewerber Amadou Diallo töteten, einen fragwürdigen Ruf. Ein Klassiker des Hip-Hop ist der 1993er-Rap von KRS-One: „Woop-woop! That‘s the sound of da police! Woop-woop! That‘s the sound of the beast!“ Er bezog sich vor allem auf rassistische Entgleisungen in der Bronx. Dass sich unter #mynypd nicht nur Gute-Laune-Bilder sammeln, hätte man vielleicht ahnen können.

Nicht viel besser ist das Feedback auf die deutsche Polizei, hierzulande nachzulesen unter dem Hashtag #dankePolizei. „Lob an die Polizei? Danke, dieses Pfefferspray wäre doch nicht nötig gewesen!“, konnte man dort etwa lesen. Die Polizei nutzt ihrerseits den Kurznachrichtendienst vor allem, um Pressemeldungen und Informationen zu Demonstrationen zu teilen. PR-Berater würden da wohl eher zum Twitter-Verzicht raten. Der Berliner Polizei folgen etwa 5.000 User – es wäre ein verschmerzbarer Verzicht gewesen. Also alles falsch gemacht? Oder anders herum gefragt: Hat die Polizei eigentlich eine Chance, etwas richtig zu machen?

Prinzipiell ist die Idee, mit Twitter einen direkten Kanal zu den Bürgern aufzubauen, nicht schlecht. Vergangenen Freitag konnten so schnell Infos über den Tod eines erstochenen Flüchtlings in der besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule in Berlin verbreitet werden. Ein Tatverdächtiger wurde festgenommen, eine Räumung der Schule sei nicht vorgesehen, las man. Dass man die Polizei-Infos auf Twitter kritisch prüfen muss, steht außer Frage. Dass viele Nutzer aber ausschließlich mit Häme antworten, macht es nicht besser.

Lässt man die (durchaus berechtigte) Schadenfreude beiseite, beschleicht einen das Gefühl, dass die Polizei online wie offline als einfaches Feindbild fungieren muss – unabhängig davon, was sie selbst dazu beiträgt. So wird es wohl auch am 1. Mai wieder sein, der wegen des geräumten Oraniencamps in Berlin krawalliger als in der vergangen Jahren werden könnte. Vielleicht gäbe es da die Möglichkeit, über Twitter zu deeskalieren – von beiden Seiten?


AUSGABE

der Freitag digital zum Vorteilspreis

6 Monate mit 25% Rabatt lesen

Geschrieben von

Juliane Löffler

Onlinerin beim Freitag. Quelle: Papier

Juliane Löffler

Der Freitag im Oster-Abo Schenken Sie mutigen Qualitätsjournalismus!

Print

Entdecken Sie unsere Osterangebote für die Printzeitung mit Wunschprämie.

Jetzt sichern

Digital

Schenken Sie einen unserer Geschenkgutscheine für ein Digital-Abo.

Jetzt sichern

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden