Fischers Fritze

BND-Affäre Die Grünen blockieren einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss

Mein Gott, was haben die Grünen nicht schon alles versprochen! In den achtziger Jahren warben sie für die Abschaffung der Bundeswehr, den Austritt aus der NATO und das Verbot des Rüstungsexports. In der Regierungsverantwortung ab 1998 sorgten sie dann für den ersten Krieg von NATO und Bundeswehr seit deren Gründung, der deutsche Rüstungsexport kletterte auf Rekordhöhen. Spötter sprachen davon, aus der einstigen Anti-Partei sei eine Öko-FDP geworden. Seit dieser Woche wissen wir, dass selbst das bloß ein weiteres Versprechen war, das gebrochen wurde: Die Liberalen dürfen sich mit Recht beleidigt fühlen, wenn sie jemand mit den Grünen vergleicht. Immerhin sind sie standhaft geblieben und fordern weiterhin, zusammen mit der Linksfraktion, einen Untersuchungsausschuss über die Verwicklung deutscher Dienststellen in den Irak-Krieg.

Die beiden Vorsitzenden der grünen Bundestagsfraktion cancelten dagegen den Antrag auf ein solches Gremium - zur Freude des Ex-Außenministers, der von Anfang an dagegen war. Ob Fischers Fritz und seine Zwillingsschwester Renate dafür die Unterstützung der übrigen Abgeordneten erhalten werden oder ob die an ihrem Beschluss pro Untersuchungsausschuss aus der Vorwoche festhalten, war bei Redaktionsschluss noch unklar. Legt man die Erfahrungen der vergangenen Jahre zugrunde, darf man den früheren Basisdemokraten jeden Kotau vor ihrer Führung zutrauen.

Bemerkenswert dabei ist, dass die Bundesregierung die Grünen ohne jedes Angebot aus der zunächst vereinigten Oppositionsfront herauskaufen konnte. Eigentlich war erwartet worden, dass Schwarz-Rot einen Deal anbietet, um einen Untersuchungsausschuss zu verhindern, Angebote etwa zur effektiveren Kontrolle der Geheimdienste oder einen Sonderermittler zu den vielen Ungereimtheiten. Nichts davon geschah. In der entscheidenden Kungelrunde mit den Fraktionsspitzen haben die Vertreter der Bundesregierung lediglich zum wiederholten Male vorgetragen, die BND-Agenten in Bagdad hätten sich korrekt verhalten. Zu allen anderen Fragen - Foltertransit über deutsche Flughäfen, die Verschleppung der deutschen Staatsbürger Khaled al Masri und Mohammed Zammar durch US-Geheimdienste, die Rolle deutscher Behörden dabei - stellten sie einen Bericht in Aussicht.

Was die Rolle der BND-Agenten während des Irak-Krieges 2003 angeht, sprachen Bundesregierung und grüne Spitzen von einer weitgehenden Aufklärung durch deren Befragung im Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG) am 18. Januar. Tatsächlich hatte das PKG danach "einstimmig" erklärt, Volker H. und Reiner M. hätten "in keiner Weise" an US-Luftangriffen mitgewirkt. Allerdings bezog sich diese Entlastung nur auf ein einziges Ereignis - die Bombardierung eines vermuteten Aufenthaltsortes von Saddam Hussein am 7. April 2003. Über die übrige Zeit ihres Einsatzes in Bagdad stellt die PKG-Erklärung lediglich fest, die BND-Mitarbeiter hätten "ausführlich berichtet". Unter anderem hätten sie gesagt, "dass zu keinem Zeitpunkt direkte Kontakte zwischen ihnen und Vertretern der Vereinigten Staaten" bestanden hätten. BND-Vertreter aus Pullach wiesen außerdem darauf hin, dass es für die Agenten "eine klare und eindeutige Auftragslage gab, keine Unterstützung für operative Kampfhandlungen zu leisten".

Wenn all das stimmt - warum haben die beiden Agenten dann nach Kriegsende die "Meritorious Service Medal" der US-Army bekommen? Der Orden wird ansonsten "an Mitglieder der Streitkräfte der Vereinigten Staaten verliehen, die sich durch herausragende Leistungen außerhalb von Kampfhandlungen Verdienste erworben" haben, heißt es auf der Website gruntsmilitary.

Logisch übrigens, dass die Grünen für eine Aufklärung dieses Rätsels keinen Untersuchungsausschuss brauchen. Sie können ja alles von ihrem Joschka erfahren: Er sprach Ende 2003 am Rande eines Besuches beim jordanischen Außenminister höchstpersönlich mit den beiden Agenten, eine knappe Stunde lang. "Die beiden reisten für das geheime Treffen eigens aus Bagdad an", schrieb Focus.


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