Befehl aus Minsk

Belarus Ein Gewerkschafter erzählt, wie er Wahlbetrug beobachtet, Protest organisiert – und dann flüchten muss
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 49/2020

Als ich 20 Jahre alt war, habe ich 2013 beim Unternehmen Azot in Grodno angefangen, einer Stadt in Weißrussland, gelegen an der Memel, nahe dem Dreiländereck mit Polen und Litauen. Grodno ist der Verwaltungssitz der umliegenden Region. Bei Azot handelt es sich um ein großes Chemiewerk mit etwa 10.000 Mitarbeiten, die mehrere Produktionsstrecken bedienen und neben vielen anderen Erzeugnissen Stickstoffverbindungen, vor allem Düngemittel, herstellen. Im Schnitt verdient man in diesem Unternehmen umgerechnet 300 Euro im Monat.

Immerhin konnte ich eine Dienstwohnung in einem Heim des Werkes beziehen, das bei landesweiten Abstimmungen als Wahllokal genutzt wurde. Das heißt, dort ließ sich teilweise direkt miterleben, wie Wahlen gefälscht wurden, und zwar nicht