Nachts, wenn Alles schläft

BBC in Ostasien Die nordkoreanische Nachrichtenagentur weiß zu differenzieren. Die BBC weiß, wann Nordkoreaner zuhören. Und litauische Geschichte in zwei Blogs.

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Westfernsehen.
Westfernsehen.

Foto: Central Press/Hulton Archive/Getty Images

Ein Raketenflug und seine Geschichte(n)

Eingebetteter Medieninhalt

Wer daran interessiert ist, hat heute privat einen besseren und direkteren globalen Zugang zu Nachrichtenquellen, als ein Journalist ihn vor dreißig Jahren beruflich hatte. Wie z. B. das nordkoreanische Regime sich selbst und die Welt sieht, darüber geben seine amtliche Nachrichtenagentur KCNA und der Auslandssender "Stimme Koreas" Auskunft. KCNA ist online zu lesen, auf Koreanisch, Englisch, Chinesisch, Russisch, Spanisch und Japanisch; "Stimme Koreas sendet auf Kurzwelle und verwendet außer den sechs KCNA-Sprachen außerdem noch Arabisch, Deutsch und Französisch.

Dabei sind die Inhalte im Wesentlichen in allen Sprachen die selben. Im Detail aber ergeben sich durchaus auch Unterschiede, je nach Zielpublikum. Als Pyongyang im Mai Beijing beschuldigte, bei der Verabschiedung von Sanktionen gegen Nordkorea aufgrund seines Atom- und Raketenprogramms "nach der amerikanischen Pfeife zu tanzen", geschah das nicht in allen Sprachen wortgleich. Gleiches gilt für das nordkoreanische Event, das es in der vergangenen Woche in die internationalen Nachrichtenwelt schaffte - der Flug einer mobilen ballistischen Mittelstreckenrakete über Japan hinweg.

Während die chinesische KCNA-Version von "inhumanen japanischen Teufeln" sprach, denen man zum 107. Jahrestag der japanischen Annektion Koreas mit der Raketenflugbahn ordentlich Angst machen wolle, beschied man sich in der englischen Version mit "grausamen japanischen Insulanern". Auch die japanischen, koreanischen und russischen KCNA-Versionen verwendeten - sofern man Google Translate glauben darf - etwas zurückhaltendere Formulierungen. Eine Besonderheit enthielt die spanische Version: hier waren die Japaner nicht nur grausam, sondern außerdem noch reaktionär.

Offenbar trägt die grundsätzliche einheitliche nordkoreanische Propaganda im Detail durchaus dem jeweiligen Zielpublikum Rechnung, oder versucht es zumindest. Dass zum Beispiel in der chinesischen Version von japanischen "Teufeln" die Rede ist, mag ein (durchaus erfolgversprechender) Versuch sein, chinesische Leser an eine gemeinsame Leidenszeit als Opfer japanischer Besatzung und japanischer Kriegsverbrechen zu erinnern, und an ein gemeinsames "anti-imperialistisches" Erbe.

Auch die Zurückhaltung im Russischen (sofern die Google-Übersetzung nicht trügt) könnte Sinn ergeben. Der Shanghaier Russlandforscher Cui Heng schrieb 2013, Russland sei zur Entwicklung beiderseits nützlicher Beziehungen mit Japan nicht nur aus geostrategischen Gründen bereit, sondern auch, weil Russen keinen großen Hass gegen ihren östlichen Nachbarn hegten. Die militärische Niederlage des seinerzeitigen Zarenreichs gegen Japan im Jahr 1905, habe keine tiefen Spuren hinterlassen und sei vor allem der russischen Regierung angelastet worden.

Und einem Großteil der englischsprachigen Leserschaft wären "japanische Teufel" ebenfalls kaum vermittelbar.

675 kHz: Noch eine Übergabe in Hong Kong

Am 11. August gab der öffentliche Hong Konger Rundfunk (RTHK) bekannt, dass man aufgrund einer Entscheidung der örtlichen Regierung das Projekt des Digital Audio Broadcasting (DAB) nicht weiterverfolgen werde und daher auch die knapper gewordenen Sendekanäle neu ordnen müsse. DAB als Sendetechnik wird laut dieser Wikipedia-Grafik zufolge insbesondere in Australien, Belgien, China, Deutschland, Griechenland, Großbritannien, Norwegen, Polen, Portugal, der Schweiz, Spanien und Schweden bereits regelmäßig verwendet. Experimentiert wird demnach in einer Reihe weiterer Länder. Kanada hat eine Entwicklung seines Rundfunks auf DAB-Basis demnach abgebrochen.

Gleiches gilt seit diesem Jahr für Hong Kong. Dabei habe sich DAB gerade für ein zu fast 70 Prozent hügeliges und dicht bebautes Territorium wie Hong Kong besonders geeignet, fand die Online-Handelszeitung "QDaily" aus Beijing.

Aber die drei kommerziellen Rundfunkanbieter, die sich erfolgreich um Sendelizenzen bemüht hatten, zogen sich - laut "South China Morning Post" auch aufgrund zu geringer Nutzerzahlen - bald wieder aus dem DAB-Projekt zurück, und die Regierung der Hong Konger Sonderverwaltungszone hielt es der gleichen Quelle zufolge für nicht realistisch, RTHK als alleinigen verbleibenden Projektbeteiligten weiterarbeiten zu lassen.

Im Zuge der Neubelegung der verbliebenen analogen Kanäle - vielfach mit zuletzt digital gesendeten Inhalten - musste auch der BBC World Service Federn lassen. Nachdem er seit 1978 ganztägig auf der Mittelwelle 675 kHz ausgestrahlt worden war, erhält er jetzt lediglich noch acht Nachtstunden auf einem der FM-Sender, während die Mittelwellenfrequenz von einem auf Hong Kong ausgerichteten Programm aus dem chinesischen Festland übernommen wird.

Das hat zumindest Symbolwert, auch wenn der World Service in Hong Kong vermutlich längst häufiger per Internet als per Mittelwellenradio genutzt wird. Aber manche Festlandchinesen in der an Hong Kong angrenzenden Provinz Guangdong, die nicht routiniert mit Proxyservern umgehen, werden das Mittelwellenprogramm vermissen.

BBC-Koreanischprogramme

Nicht nur Nordkorea, auch Großbritannien rüstet auf: neu eingerichtete Koreanischprogramme des BBC World Service sollen über Kurzwellensender unter anderem in Taiwan Nordkorea erreichen. Auch dort sollen die Programme zu nachtschlafender Zeit empfangbar sein, wenn auch aus anderen Gründen als in Hong Kong: "Auf Grundlage von Erkenntnissen darüber, unter welchen Umständen in Nordkorea heimlich ausländische Sender abgehört werden, soll diese Sendung mitten in der dortigen Nacht laufen," meldete im August RBB-Radio Eins.

Café Neringa

Um eine "sowjetfreie Zone" (mit behördlich gesetzten Grenzen) habe es sich seinerzeit bei dem nach einer mythischen Figur benannten Café oder Club in Vilnius (Wilna) gehandelt, so M. Schütz in einer Abhandlung zum doppelten Klang eines Namens. Gar nicht so weit davon liegt Kaunas, die Geburtsstadt Tomas Venclovas. Seiner Geschichte geht bei den "Weinbeeren" doimlinque nach.

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