Keine Frage: es ist Unrecht, Steuern zu hinterziehen. Falsch ist es allerdings, von getanem Unrecht auf die moralische Gültigkeit oder Unwirksamkeit der politischen Positionen eines Steuerhinterziehers – oder einer Steuerhinterzieherin – zu schließen. Die Gender-Debatte dreht sich eben nicht um die Gleichberechtigung der Einkommensgruppen. Sie dreht sich auch nicht um Tugend und Korruption. Wenn es um die Gleichberechtigung von Frauen und Männern geht, geht es nicht oder kaum um Steuerhinterziehung.
Und damit ist eigentlich – fast – alles zum "Fall Schwarzer" gesagt. Es ist richtig, Unrecht zu thematisieren. Aber so zu tun, als habe Schwarzer mit dem, was sie in der Vergangenheit sagte oder forderte, jetzt weniger Recht als zuvor, geht an der Sache vorbei.
Nun stimmt es sicherlich, dass Schwarzer im Lauf der Jahre einen immer höheren moralischen Scheinberg besetzt hielt. Aber das war eben nur ein Scheinberg. Wer behauptet, sie habe sich gerade jetzt diskreditiert, bestätigt damit just die Regeln, nach denen sie vorher in eine Art moralischen Olymp erhoben wurde (und demnächst, nach einer überschaubaren Schamfrist, vielleicht auch wieder erhoben wird).
Und bis zu einem mir nicht geläufigen Maß besteht der Respekt vor Schwarzer mit einiger Wahrscheinlichkeit zu Recht. Schwarzer hat sich um die Gleichberechtigung von Frauen verdient gemacht – für manche Zeitgenossen, auch unter ihren Gegnern, ist sie geradezu das Gesicht dieses Anliegens.
Es gibt wieder einen Grund mehr, die "Selbstanzeige" oder "tätige Reue" als Steuerinstrument in Frage zu stellen - insoweit liegt die "FR" sicher nicht falsch. Aber diese Frage stellt sich jedesmal, wenn dieses Instrument zur Anwendung kommt. Das hat viel mit sozialer Gerechtigkeit zu tun, aber nichts mit dem Feminismus.
» Erst das Konto, FR, 02.02.14
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