Deutschland blitzt ab: Fünf Augen sind genug

No-Spy-Abkommen Ein Anti-Spionageabkommen mit Washington? Womöglich glaubte die Bundesregierung sogar daran – woran man wiederum nicht glauben mag

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Weltweit fordern Menschen die USA auf, ihre Spionageprogramme einzustellen
Weltweit fordern Menschen die USA auf, ihre Spionageprogramme einzustellen

Foto: JUNG YEON-JE/AFP/Getty Images

Man möchte nicht glauben, dass die Bundesregierung ernstlich davon ausging, Berlin könne ein halbwegs verbindliches Antispionageabkommen mit Washington abschließen. Man möchte es nicht glauben, weil eine so naive Regierung ziemlich gefährlich für ihr eigenes Land wäre.

Aber es gibt mindestens ein Indiz, das genau diese Naivität befürchten lässt: die Rede war davon, Deutschland könne ja möglicherweise der Five-Eyes-Gemeinschaft beitreten, dem bisher die fünf überwiegend anglophonen Länder Amerika, Kanada, Großbritannien, Australien und Neuseeland angehören. Diese Vorstellung war dermaßen regierungslogisch, will sagen machtpolitisch orientiert, dass sich der Verdacht aufdrängt, Berlin habe keineswegs nur eine Show für eine mäßig aufgebrachte Öffentlichkeit zu Hause abgezogen, sondern tatsächlich eine gelungene Übereinkunft und damit obendrein eine politische "Aufwertung" Deutschlands im Sinne gehabt. Warum sollte Amerika daran interessiert sein?

Ein weiteres Indiz für eine Verstiegenheit Berliner Konzepte: wer ernstlich im Sinne hat, Deutschland als ständiges Mitglied im UN-Weltsicherheitsrat zu etablieren, ist vermutlich auch imstande, ernsthaft an ein die Möglichkeit eines funktionierenden Anti-Spionageabkommens mit Amerika – oder irgendeinem anderen Land – zu glauben. Man darf bezweifeln, dass das auch nur unter den existierenden fünf Augen verlässlich funktioniert.

Schon der Ansatz ist falsch. Es ist falsch zu glauben, eine Bundesbehörde oder ein Industriebetrieb habe größere Rechte auf in- oder ausländische Abhörsicherheit als jede und jeder andere Deutsche. Eine Politik oder Initiative hat nur Aussichten auf Erfolg, wenn sie öffentlich geerdet wird. Das heißt in diesem Fall: Deutschland muss sich Gesetze geben, welche den Datenschutz zur Abwechslung einmal wieder ernst nehmen – für alle, nicht nur für Merkels Privathandy. (Ihr Diensthandy war dem Vernehmen nach im fraglichen Zeitraum ohnehin eine sehr viel härtere Nuss für Abhöraktionen.) Erst damit bekäme Berlin in Amerika vielleicht das, was ihm heute fehlt: Einfluss. Eine Regierung nämlich, die sich ihrem Wahlvolk gegenüber verantwortlich verhält, hätte auch in Teilen der amerikanischen Öffentlichkeit Appeal.

Grundgesetzkompatible Gesetze und Praxis vorausgesetzt wären hiesige Behörden verpflichtet, bestimmte Formen der Kooperation mit Geheimdiensten Amerikas und anderer Länder einzustellen oder einzuschränken. Erst das wäre konsequent, oder jedenfalls konsequenter als die Positionen der amerikanischen Verhandlungspartner.

Wer zu dieser Konsequenz nicht bereit ist, darf nicht erwarten, von anderen Abhörmächten sonderlich ernstgenommen zu werden.

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Geschrieben von

JR's China Blog

Ich bin ein Transatlantiker (NAFO)

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