Deutschlandradio rupft Kakadu

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Deutschland

Zunächst las es sich noch überschaubar: die Kindersendung "Kakadu" werde es nicht mehr täglich geben, informierte der "Tagesspiegel". Aber das war nur die Spitze eines Eisbergs.

Man müsse sparen, zitiert "Spiegel online" den Intendanten des Deutschlandradios, Stefan Raue - der Personalkosten wegen. Die KEF gehe fortdauernd von niedrigeren Tarifsteigerungen ausgehe als von den realen.

Und um den digitalen Wandel gehe es auch.

Aber die Botschaft kommt offenbar bei der Belegschaft nicht an. Dass der Personalrat laut "Süddeutsche Zeitung" bei einer Informationsveranstaltung für die Redaktion draußen bleiben musste, sieht auch nach keiner vertrauensbildenden Maßnahme aus.

Andere ARD-Sender - oder ihre Mitarbeiter - haben auf dem Gebiet der Vertrauensbildung schon früher Erfahrungen gesammelt. Das WDR-Dschungelbuch z. B. will seine Leser empowern.

Ein ARD-Sender mit Alleinstellungsmerkmal ist die "Deutsche Welle" (DW). Er sendet für Fernsehzuschauer, Radiohörer und vor allem Internetnutzer im Ausland und erhält sein Budget vom Deutschen Bundestag statt aus Rundfunkbeiträgen. Ein Redakteur, der für die DW-Chinaredaktion gearbeitet hatte und 2010 entlassen wurde, erklärte, ihm seien vom Management nie andere Gründe außer Budgetkürzungen genannt worden. Später vor dem Arbeitsgericht habe der Sender dann sukzessive andere Gründe für seine Entlassung angeführt.

Den arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen waren Streitigkeiten um Inhalte vorangegangen: die chinesischsprachige Redaktion war seit Jahren von Kritikern des chinesischen Regimes angefeindet worden - sie sei zu KP-freundlich. Der damalige DW-Intendant Erik Bettermann hatte seinerzeit ein Gutachten des langjährigen ARD-Korrespondenten und Nachrichten-Anchors Ulrich Wickert angefordert, es dann aber unter Verschluss gehalten, obwohl es die Chinaredaktion entlastete.

Auch die breitere Öffentlichkeit muss ja nicht alles wissen. Sie zahlt, und das reicht. Oder es reicht nicht.

Schweden

Beatrice Fihn, Direktorin der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN), zeigte sich in einem englischsprachigen Interview mit Radio Schweden skeptisch zum Singapurer Gipfel zwischen US-Präsident Donald Trump und dem nordkoreanischen Partei- und Staatschef Kim Jong-un. Das beste am Gipfel sei gewesen, dass Gespräche auf Arbeitsebene vereinbart worden seien.

Aber was wirklich nötig ist, ist eine Verankerung in internationalem Recht. Dies kann nicht einfach nur ein Deal zwischen den zwei Ländern sein. Wir haben gesehen, wie ununberechenbar und launenhaft sie sind; sie können ihre Meinung auf einem Flug nach Hause ändern. Es gibt Verträge, wie den Atomwaffenverbotsvertrag.

But what really needs to be done is that it needs to be anchored in international law. This cannot be a deal between just the two countries. We have seen how unpredictable and temperamental they are; they can change their mind on an airplane home. There are treaties, like the treaty on the prohibition of nuclear weapons.

Südkorea

Das südkoreanische Verfassungsgericht erklärte am Donnerstag eine Regelung des Wehrdienstgesetzes zur strafrechtlichen Belangung von Wehrdienstverweigerer aus Gewissensgründen für verfassungskonform, berichtete der Auslandssender KBS World Radio. Das Verfassungsgericht traf außerdem eine Entscheidung zum Status des Ersatzdienstes. Das Verteidigungsministerium erklärte laut einer KBS-Meldung vom Freitag, man wolle den Ersatzdienst "möglichst schnell" einrichten.

Fußballprofi Heung Min-Son, der wahrscheinlich sowieso nicht zum Militär muss, könnte also anstelle eines 21 bis 24 Monate langen Wehrdienstes auch einen etwa doppelt so langen Zivildienst leisten - jedenfalls ab Ende 2019. Bis dahin schreibt das Verfassungsgericht eine gesetzliche Regelung für einen Ersatzdienst vor.

Laut Website der Zeugen Jehovas wurden seit 1950 über 19.300 Gläubige ihrer Konfession in Südkorea zu insgesamt mehr als 36.700 Jahren Haft verurteilt, weil sie den Militärdienst ablehnten.

Ukraine

Westintegration?

51 Prozent der ukrainischen Öffentlichkeit unterstützten eine EU-Mitgliedschaft, 29 Prozent seien dagegen, meldete am Dienstag die Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine. Ein Beitritt zur NATO werde von 44 Prozent der Befragten unterstützt, während 36 Prozent sich dagegen erklärten. Etwa 2500 über achtzehn Jahre alte Bürger wurden demnach in direkten Interviews vom 14. bis zum 24. Juni befragt, mit einer Fehlermarge von maximal 2 Prozent, so Interfax-Ukraine. Als durchführende Agentur wurde die Rating Sociological Group genannt.

Gerichtshof gegen Korruption

Einen Gerichtshof gegen Korruption, dessen Einrichtung am 7. Juni vom ukrainischen Parlament beschlossen wurde, befand Bloomberg-Kolumnist Leonid Bershidsky für zu leicht: es sei anfällig für politische Einflussnahme. Die Hoffnungen, die man mit dem Gerichtshof gegen Korruption verbindet, liegt offenbar darin, dass dieser bei angezeigten Fällen entschiedener vorgeht als die regulären Gerichte.

Bis Ende 2017 hätten die regulären Gerichte aber nur ein Viertel der über hundert Fälle entschieden, welche das 2015 gegründete National Anti-Corruption Bureau (NABU) zur Anklage brachte. Nur eine Person - als Vermittler einer Richterbestechung - erhielt demnach eine Haftstrafe. In 18 weiteren Verurteilungen habe es plea bargains gegeben (was wohl eine Verständigung im Strafverfahren bedeutet).

Nun soll der Korruptionsgerichtshof die Reformfähigkeit der ukrainischen Justiz unter Beweis stellen.

Vietnam

Ein Gesetz über Sonderwirtschaftszonen ("special administrative-economic units") habe Besorgnisse in der Öffentlichkeit ausgelöst, so die "Stimme Vietnams" (VoV) am 18. Juni. Der vietnamesische Premierminister habe die Sorgen von Wählern, die er am 18. Juni in einem Distrikt der Stadt Hai Phong getroffen habe, jedoch zerstreuen können.

Auch zuvor schon habe er seine Sicht zu diesem Thema geäußert und die Nationalversammlung habe am 8. Juni beschlossen, die Abstimmung über das Gesetz zu verschieben, um mehr Rückmeldungen aus der Öffentlichkeit zu hören und das Dokument weiter zu entwickeln.

Dies zeigt, dass die Nationalversammlung und die Regierung ernsthaft auf die Meinungen von Wählern und des Volkes gehört habe, sagte er.
Dennoch fanden am 10. und 11. Juni Versammlungen, Demonstrationen und Aufruhr in mehreren Städten und Provinzen statt. Einige Übeltäter und Opportunisten und sogar eine Anzahl Reaktionäre missbrauchten die Demokratie, um die Masse auf verschiedene Arten zur Sabotage nationaler Solidarität und Einheit aufzuhetzen und die Öffentlichkeit hinsichtlich mehrerer gesetzlicher Regeln irrezuführen - insbesondere hinsichtlich des Gesetzentwurfs über Sonderwirtschaftszonen und des Gesetzentwurfs über Cybersicherheit.

This demonstrates that the NA and the Government seriously listened to the opinions of voters and the people, he said.
However, gatherings, demonstrations, riots still occurred in several cities and provinces on June 10-11. Some evil-doers and opportunists, and even a number of reactionaries took advantage of democracy to incite the mass in different ways to sabotage national solidarity and unity, misleading the public about several legal regulations, especially the draft Law on Special Administrative – Economic Units and the draft Law on Cyber Security.

Radio Taiwan International (RTI) berichtete am 14. Juni, taiwanische Geschäftsleute in Vietnam seien wegen der stärksten anti-chinesischen Ausschreitungen seit dem Jahr 2014 auf der Hut, und nannte eine Ursache der Unruhen, die von der VoV nicht so ausdrücklich erwähnt worden war: man gehe davon aus, dass die Grundstücke der Sonderwirtschaftszonen bevorzugt an China gehen würden. Zwischen chinesischen und taiwanischen Fabrikanlagen würde dabei nicht immer unterschieden.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

JR's China Blog

Ich bin ein Transatlantiker (NAFO)

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