Fidel Castro, 1926 - 2016

Tod eines Inspirators Fidel Castro starb am Freitagabend im Alter von neunzig Jahren.

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Eine der letzten internationalen Begegnungen Fidel Castros dürfte die mit dem vietnamesischen Präsidenten Tran Dai Quang gewesen sein, der ihm die Grüße von Vietnams Partei, Regierung und Volk" ausrichtete.

Am Freitagabend gab sein Bruder Raúl Castro den Tod des kubanischen Revolutionsführers bekannt:

Am heutigen 25. November um 10:29 Uhr abends verstarb der Chef der kubanischen Revolution, Fidal Castro Ruz. In Entsprechung mit dem ausdrücklichen Wunsch des Genossen Fidel werden seine sterblichen Überreste kremiert. In den frühen Morgenstunden des Samstags, den 26. November, wird das Organisationskomitee der Bestattung unserem Volk detaillierte Informationen darüber geben, wie dem Gründer der kubanischen Revolution die letzte Ehre erwiesen werden soll. Hasta la victoria siempre!

Hoy, 25 de noviembre, a las 10:29 horas de la noche falleció el Comandante en Jefe de la Revolución Cubana Fidel Castro Ruz. En cumplimiento a la voluntad expresa del Compañero Fidel, sus restos serán cremados. En las primeras horas de mañana sábado 26, la comisión organizadora de los funerales, brindará a nuestro pueblo una información detallada sobre la organización del Homenaje póstumo que se le tributará al fundador de la Revolución Cubana. ¡Hasta la victoria siempre!

Mit Vietnam hatte Kuba manches gemeinsam: beide waren Frontstaaten der Revolution, mit allen Risiken und Wirkungen. Offener Krieg mit Amerika blieb Kuba, im Gegensatz zu Vietnam, erspart, aber beide Länder lebten jahrzehntelang unter einem US-Embargo: Vietnam bis 1994; Kuba bis heute.

Beide Länder gehören der "Blockfreienbewegung" an. Von 1979 bis 1983 und von 2006 bis 2008 war Fidel Castro Vorsitzender der multinationalen Organisation. 2008 übernahm sein Bruder Raúl offiziell das Amt von ihm, ebenso wie die politische Führung in Kuba. Bereits 2006 war Fidel Castro schwer erkrankt und hatte die Staats- und Parteiführung faktisch an Raúl Castro abgegeben.

Die Blockfreiheit war, wenn Castros Erinnerungen ihn nicht trogen, kein leeres Wort (die Wayback Machine erinnert sich an einen im August von ihm veröffentlichten Granma-Artikel, dessen englischsprachige Version beim kubanischen Auslandsdienst Radio Havana allerdings nicht mehr online ist):

Als wir herausfanden, dass Kruschtschow John F. Kennedy gegenüber zugestimmt hatte, die Nulearraketen von [unserem] Land zurückzuziehen, veröffentlichte ich eine Fünf-Punkte-Notiz, die ich bei einer Übereinkunft für unerlässlich hielt. Der Sowjetführer wusste, dass wir den Chief Marshal für Raketen der Sowjetunion anfänglich gewarnt hatten, Kuba sei nicht daran interessiert, als Stellung für sowjetische Raketen betrachtet zu werden, da wir danach strebten, im Streben nach der Unabhängigkeit unserer Völker ein Beispiel für andere lateinamerikanische Länder zu sein. Dessen ungeachtet bestand der Chief Marshal, ein hervorragender Mensch, auf der Notwendigkeit, einige Waffen vorzuhalten, die die Aggressoren abschrecken würden. Da er darauf bestand, erklärte ich, dass, wenn dies für die Verteidigung des Sozialismus notwendig sei, sei es eine andere Sache, denn vor allem waren wir Revolutionäre. Ich bat ihn um zwei Stunden [Zeit], so dass die Führung unserer Revolution eine Entscheidung treffen könne.

When we found out that Khrushchev had agreed with John F. Kennedy to withdraw the nuclear missiles from the country, I published a note of five points which I considered indispensable for an agreement. The Soviet leader knew that initially we warned the Chief Marshal of the Soviet rockets that Cuba was not interested in being seen as an emplacement for USSR missiles, given its aspiration to be an example for other countries in Latin America in the struggle for the independence of our peoples. But despite this the Chief Marshal of those weapons, an excellent person, insisted on the need to have some weaponry which would deter the aggressors. Given his insistence on the issue, I stated that if it seemed to them an essential need for the defense of socialism, that was different, because, above all else, we were revolutionaries. I asked him for two hours so that the leadership of our Revolution could make a decision.

Kuba schuldete Moskau mindestens einen Gefallen:

Kruschtschow hatte sich im Verhältnis zu Kuba sehr würdig verhalten. Als die USA ihre Zuckerquote komplett aussetzten und unseren Handel blockierten, entschied er, das zu kaufen was jenes Land [USA] nicht mehr importierte, und zwar zum gleichen Preis, und als einige Monate später jenes Land [USA] die Erdölquoten aussetzte, versorgte uns die UdSSR mit den lebensnotwendigen Gütern, ohne die unsere Wirtschaft einen erheblichen Zusammenbruch erlitten hätte. Ein Kampf auf Leben und Tod war verhängt worden, denn Kuba würde sich nie ergeben. Die Schlachten waren sehr blutig gewesen, für die Aggressoren nicht weniger als für uns. Wir hatten mehr als dreihunderttausend Waffen angesammelt, darunter die hunderttausend, die wir der Batista-Diktatur abgenommen hatten.

In relation to Cuba, Khrushchev had conducted himself with much dignity. When the United States totally suspended the sugar quota and blocked our trade, he decided to buy what that country had ceased to import, and at the same price; when, a few months later, that country suspended oil quotas, the USSR supplied us with the necessities of that vital product without which our economy would have suffered a major collapse. A fight to the death had been imposed, given that Cuba would never surrender. The battles had been very bloody, as much for the aggressors as for us. We had accumulated more than 300,000 weapons, including the 100,000 we had taken from the Batista dictatorship.

Aber sollten die USA eine Invasion Kubas starten wollen, dürfe die Insel nicht auf ein sowjetisches militärisches Eingreifen rechnen, so Juri Andropow laut Castro:

Er sagte uns, dass wir, wenn wir von den USA angegriffen würden, alleine kämpfen müssten. Wir fragten ihn, ob sie uns kostenlos mit Waffen versorgen könnten, wie es bisher der Fall gewesen war. Er bejahte das. Wir teilten ihm dann mit: "Keine Sorge - sendet uns die Waffen, welche die Invasoren uns weggenommen haben." [Gemeint war offenbar ein Szenario nach einer U.S.-Invasion.]

He told us that if we were attacked by the United States we would have to fight alone. We asked him if they could supply weapons free of charge as had been the case. He replied in the affirmative. We then communicated to him, “Don’t worry, send us the weapons which the invaders took from us.”

Nur eine Mindestzahl an Genossen wurden hiervon informiert, da es hoch gefährlich gewesen wäre, hätte der Feind dieese Information erhalten.

Only a minimum of compañeros were informed of this matter, given that it would have been highly dangerous if the enemy had this information.

Es waren nicht nur die Verbindungen mit der UdSSR, die Kubas politisches und wirtschaftliches Überleben sicherten, sondern auch sehr viele kleinere Bündnisse. Es ist nicht zuletzt Vietnam, das immer wieder eine Aufhebung des US-Embargos gegen Kuba fordert.

Als Nelson Mandela im Dezember 2013 starb, hielt nicht nur der amerikanische Präsident Obama bei den Bestattungsfeierlichkeiten eine Rede, sondern auch Raúl Castro. Im angolanischen Bürgerkrieg war Kuba auf der Seite der MPLA gewesen und hatte sich dort einen Stellvertreterkrieg mit dem damals noch von der Apartheid beherrschten Südafrika geliefert, und auf der Seite des südafrikanischen ANC stand Kuba ohnehin.

Diesen Engagements, und an seinen eigenen Möglichkeiten gemessen großzügiger Entwicklungshilfe, verdankt Kuba eine "soft power" in Afrika,die Mandela nach seiner Freilassung so in Worte fasste (zit. bei Noam Chomsky):

during all my years in prison, Cuba was an inspiration and Fidel Castro a tower of strength ... [Cuban victories] destroyed the myth of the invincibility of the white oppressor [and] inspired the fighting masses of South Africa ... a turning point for the liberation of our continent - and of my people - from the scourge of apartheid ... What other country can point to a record of greater selflessness than Cuba has displayed in its relations to Africa?

Updates/Related

Radio Habana Special (Englisch), Ortszeit 26.11.16

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Ich bin ein Transatlantiker (NAFO)

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